Der Metallindustrie mit insgesamt 192.000 Beschäftigten (in sechs Branchen) steht das "Eisenund metallverarbeitende Gewerbe" mit 220.000 Arbeitnehmern gegenüber. Dort finden sich dann Hufschmiede, Dachdecker, Karosseriebauer und Mechatroniker unter einem Dach. All diese industriellen und gewerblichen Betriebe buhlen am Arbeitsmarkt um geeignete Fachkräfte -und machen sich diese gegenseitig abspenstig. Dementsprechend spiegeln auch die unterschiedlichen Kollektivverträge diesen Kampf um Mitarbeiter wider. Das betrifft sowohl Mindestlöhne und Lehrlingsentschädigung als auch Arbeitszeit, Überstundenentlohnung und Urlaubsdauer.
Fünf Prozent in der Hochkonjunktur
Die Metaller begründeten ihre ursprüngliche Fünfprozentforderung mit der Hochkonjunktur und einer kräftig gestiegenen Wertschöpfung in der Metallindustrie. Die Gewerbebetriebe -und damit auch die Kfz-Betriebe -werden bei diesen Lohnerhöhungen mitziehen müssen. Sonst könnten ihnen wertvolle Mitarbeiter verloren gehen, allerdings ohne diese Mehrkosten durch eine gestiegenen Wertschöpfung kompensieren zu können.
Denn Industriebetriebe sind beim Anheuern von Arbeitskräften -oft für 08/15-Arbeiten -wesentlich flexibler als kleine Gewerbebetriebe. Bei Konjunkturdellen kann sich die Industrie mit dem Abbau von 20.000 oder 30.000 Beschäftigten viel leichter einer Flaute anpassen. Daher kann sie auch höhere Lohnabschlüsse verkraften. Die kleineren Betriebe des Gewerbes müssen ihre um teures Geld geschulten Mitarbeiter auch bei schlechter Auftragslage weiter durchfüttern -dies oft ohne Rücksicht auf die Ertragslage.
Lohnniveau mit der Industrie "Unser Lohnniveau ist in den letzten Jahren recht angewachsen, da wir immer mit der Industrie mitgezogen sind", zieht Tirols Landesinnungsmeister als bisheriger KV-Chefverhandler der Fahrzeugtechniker Martin Gertl Bilanz. Wobei in Westösterreich der Kollektivlohn nur beim Berufseinstieg von Relevanz ist. Nach seiner Erfahrung zählt bei den Mitarbeitern in der Praxis nicht der KV-Lohn, sondern nur der ausbezahlte Nettolohn. "Wenn ich nur zum KV zahle, werde ich die nicht halten können", geht ein guter Facharbeiter in der erstenKV-Stufe mit 2.200 Euro nach Hause -und dabei auch sechs Wochen auf Urlaub.
"Bei den ursprünglich gebotenen 2,8 Prozent wären der Industrie die Streiks teurer als der Lohnanstieg gekommen", glaubt Komm.-Rat Josef Wiener, Innungsmeister im östlichen Österreich, nicht, dass die 3,46 Prozent des KV-Abschluss der "Metaller" auf das Lohnniveau in den Kfz-Betrieben relevante Auswirkungen haben. Freuen können sich allerdings die Kfz-Lehrlinge -deren "Entschädigung" wurde kräftig angehoben. Im ersten Lehrjahr um 30 Prozent, in den Folgejahren sukzessive weniger.
Finanzminister als lachender Dritter
Die lachenden Dritten bei diesem Kampf der Sozialpartner sind jedenfalls der Finanzminister und die Sozialversicherung. Der Thinktank Agenda Austria hat ausgerechnet, dass die Metaller von diesen 3,46 Prozent nur 2,8 Prozent mehr aufs Konto bekommen. Dafür steigen die Steuern und Sozialabgaben, die für diesen Lohnabschluss zu leisten sind, um satte 4,2 Prozent. Das heißt, dass ein Metaller einen Arbeitgeber im Jahr um 1.641 Euro mehr kostet, dessen Nettoeinkommen aber bloß um 716 Euro steigt. Mit jährlich 925 Euro fressen Finanz und Sozialversicherung den Löwenanteil dieser Metaller-Lohnrunde weg.
Viele Facharbeiter des Gewerbes -und auch in den Kfz-Betrieben -sind bereits zu Angestellten mutiert. Die haben aus den Folgen der "kalten Progression" bereits ihre Lehren gezogen. Deren erste Verhandlungsrunde war am 15. Oktober, die nächste folgt am 10. Dezember (beim Metall-Gewerbe am 6. Dezember). Bei den KV-Löhnen orientieren sie sich wie in den letzten zwei bis drei Jahren am Metaller-Abschluss. "Doch es gibt hohe Forderungen bei den Nebenabsprachen", würden nach den Berechnungen des Wiener Landesinnungsmeisters Ing. Georg Ringseis, dem neuen KV-Chefverhandler der Kfz-Techniker, damit die Lohnkosten bis zu 11 Prozent steigen.
Reparaturen wandern in den Osten
Das Angestellten-Paket umfasst mehr Freizeit, mehr Urlaub, längere Karenzzeiten, bezahlte Fortbildung und Ähnliches. "Es geht um das Rundum der Löhne, was nicht am Lohnzettel aufscheint, die Betriebe aber was kostet", sinkt mit steigender bezahlter Freizeit die dem Betrieb verbleibende produktive Arbeitszeit der Mitarbeiter. Bei diesen Forderungen fürchtet Ringseis um die Konkurrenzfähigkeit der Branche. "Da wandern dann die Reparaturen über die Grenze nach Osten ab", lassen sich derartige Lohnkostensteigerungen bei den Kunden in den verrechenbaren Stundensätzen nicht mehr unterbringen. Angesichts hoher KV-Abschlüsse in der Industrie und der betrieblich bedingten geringeren Flexibilität im Gewerbe sieht sein Kollege Gertl viele Mittelbetriebe vor einem gravierenden Anpassungsproblem: "Wir sind zu klein, um groß zu sein -und zu groß, um klein zu sein".