Das Fazit, das Ing. Manfred Bamminger zieht, spricht für sich: "Die Schrauber, die hier an der Arbeit waren, wären auch bei den meisten Betrieben Spitzenleute." Ein Urteil, das sehr viel aussagt. Denn die Täter, die den Mehrmarkenhändler (Nissan, Suzuki, Subaru) Mitte Februar in Wels heimsuchten, nahmen nur jene Dinge mit, die ihre Auftraggeber "bestellt" hatten. "Das waren Profis, die genau gewusst haben, was sie benötigten. Bis auf zwei ganz kleine Beschädigungen haben sie keinerlei Spuren hinterlassen. Mindestens 25.000 Euro beträgt der Schaden an den drei Fahrzeugen", sagt Bamminger. Motorhauben wurden ebenso mitgenommen wie Kotflügel, Stoßstangen, Scheinwerfer, Airbags oder Alufelgen. Bamminger glaubt nach Rücksprache mit der Exekutive, dass die Hintermänner der Bande entweder in Ungarn oder in Polen zu finden sind.

"Die Täter hatten sogar Ziegelsteine zum Aufbocken mit"

Ähnlich wie dem Welser Unternehmer war es wenige Tage zuvor Renate Leithner ergangen, die einen Betrieb in Eferding führt: Auch dort war ein Suzuki das "Opfer"."Das war mittlerweile das fünfte Auto, das sie bei mir geholt haben. Die Täter hatten sogar Ziegelsteine mit, auf denen sie das Auto aufgebockt und die teuren Alufelgen mitgenommen haben", sagt Leithner. Sie glaubt, dass sich die Diebe auf den Gebrauchtwagen-Plattformen über das "Angebot" vorinformieren und dann zuschlagen: "Ich bin mir sicher, dass sie sogar mit Nachtsichtgeräten ausgerüstet waren: Die haben keinen Stecker ausgerissen."

Ganz gezielt ausgesucht

Für die These mit der gezielten Bestellung spricht ein weiteres Indiz: Während ein silberner SX4 auf Leithners Hof unberührt blieb, ließen sie beim grauen Fahrzeug desselben Typs den rechten Frontscheinwerfer, die Motorhaube, die rechte Tür und sämtliche Airbags sowie das Armaturenbrett mitgehen. Bamminger und Leithner glauben, dass hinter beiden Fällen (und auch anderen ähnlich gelagerten Fällen) dieselbe Gruppe steckt. "Jene Leute, die Unfallautos in der Wrackbörse ersteigern, kommen auf diese Weise sehr leicht zu den Teilen, die sie zum Reparieren benötigen", lautet die Meinung.

Diese teilt auch Komm.-Rat Erik Papinski, Bundesinnungsmeister der Karosseriebauer. Er appelliert daher an die Betreiber dieser Wrackbörsen, auf freiwilliger Basis mit der Exekutive zusammenzuarbeiten: "So könnte man alle Vorwürfe entkräften. Und wenn kein Zusammenhang besteht, dann ist die Sache ein für alle Mal geklärt."

Zusammenarbeit nur mit Bedingungen

Die "Gegenseite" will davon allerdings nicht wirklich etwas wissen: "An uns ist noch niemand herangetreten, das Restwertcenter zu beleuchten", sagt Dipl.-Ing. Thorsten Beck, Vertriebs-und Marketingleiter von Audatex inÖsterreich. Unter der Bezeichnung "Restwertcenter" betreibt Audatex eine Wrackbörse, in der Versicherungen seit einigen Jahren Fahrzeuge zur Verwertung anbieten. Diese werden zwar oft von Firmen mit Sitz in Österreich ersteigert, gehen dann aber meist ins benachbarte Ausland, wo sie -mit welchenTeilen auch immer -aufbereitet werden. Falls die Exekutive jedoch Unterstützung bei der Verfolgung der Täter benötige, sei Audatex natürlich bereit zur Zusammenarbeit, sagt Beck: "Dazu braucht es aber eine richterliche Anordnung, dass wir dem nachkommen müssen. Sonst sind wir außen vor."

Fahrgestellnummer hilft beim "Kalkulieren"

Eine Verwicklung will man sich bei Audatex keinesfalls nachsagen lassen. "Wir wissen ja gar nicht, wer diese Autos letztlich kauft und wie er sich die Teile besorgt", sagt Beck: "Das ist alles außerhalb der Plattform." Bei Audatex sagt man sogar, dass man nicht einmal genau wisse, wie viele Wracks pro Monat über das "Restwertcenter" abgesetzt würden.

Doch zurück zu Papinski: "In Polen bietet die Audatex sogar eine Gebrauchtteile-Kalkulation an", sagt er: "Und wenn die Nachfrage nach Gebrauchtteilen zu hoch wird, dann muss man diese eben auf jene Weise besorgen, wie wir es jetzt in Oberösterreich gesehen haben."

"Genau die Ausstattung, die er braucht"

Außerdem trage die stets frei sichtbare Fahrgestellnummer bei den Autos dazu bei, dass den Dieben die Arbeit erleichtert werde, meint Papinski: "Der Täter geht direkt am Gebrauchtwagenplatz in das Kalkulationssystem rein und hat dann genau die Ausstattung, die er braucht."

Papinski fürchtet, dass durch die immer zahlreicher werdenden Auftragsdiebstähle auch die Versicherungsprämien für die Händler weiter steigen werden. Dieser Meinung ist die Eferdinger Suzuki-Händlerin nicht: "Ich zahle jetzt ohnehin schon 8.000 Euro an Prämien im Jahr", meint Renate Leithner: "Und trotz allem war der Schaden nicht durch die Versicherung gedeckt." Das Argument der Versicherung: "Wäre das ganze Auto gestohlen worden, hätte sie gezahlt. Aber wenn der Dieb nicht das ganze Auto mitnimmt, dann bekomme ich nichts", sagt die Händlerin. Die Versicherung habe schließlich vorgeschlagen,dass Leithner einen Stabzaun um das Gelände aufstellt: "Doch ich kann ja nicht meinen ganzen Betrieb einzäunen wie ein Gefängnis", meint die Eferdinger Händlerin. Manfred Bamminger hofft, dass auch die Importeure wach werden: "Sie dürfen uns nicht auf den Kosten allein sitzen lassen. Sonst istdie Existenz vieler kleiner Betriebe infrage gestellt." Er hält die Theorie von der "Wrackbörse" für äußerst nachvollziehbar: "Die kaufen die Autos für 2.000, vielleicht 3.000 Euro, samt allen Stempeln und Dokumenten. Dann besorgen sie sich die fehlenden Teile und reparieren. Billiger kann esgar nicht gehen."

Gestohlene Teile wieder mit Wrack vereint?

Manch einer in der Branche glaubt sogar, dass die gestohlenen Teile in Oberösterreich und das eine oder andere Wrack aus Wels bzw. Eferding wieder zueinander finden: Denn die Versicherungen haben zumindest eines der Fahrzeuge aus Wels bereits zum Totalschaden erklärt. Das heißt, dass dieses wohl früher oder später auf der Wrackbörse von Audatex landen wird.

Die Aufkäufer in Osteuropa müssen dann nur noch ein wenig Geduld aufbringen und auch das nötige Glück, über einen Strohmann in Österreich den Zuschlag für das Wrack zu erhalten.

Dann geht alles ganz schnell: Die Teile zur Vervollständigung haben sie ja schon.