Die politische Landschaft inÖsterreich steht vor Veränderungen. Bei
den jüngsten Landtagswahlen in Tirol und Salzburg konnten die Grünen
deutlich zulegen. In den Landeshauptstädten Innsbruck und Salzburg
wurden sie erstmals zur stärksten Fraktion gewählt. Müssen wir in
Zukunft deutlich stärkere Einschränkungen der individuellen Mobilität
befürchten?
Konstruktiver Dialog und Vermittlung
"In Sachen Umweltschutz ist in den letzten Jahren schon einiges
passiert", sagt Kurt Molterer, Hauptbevollmächtigter der Garanta
Versicherung/Salzburg. "Ich halte die Maßnahmen im Zusammenhang mit
Kraftfahrzeugen für ein wichtiges Thema, denn sie bewirken ja
grundsätzlich eine Verbesserung der individuellen Lebensqualität. Der
Autofahrer ist nicht der natürliche Feind der Umweltschützer, viele
Menschen benötigen das Auto aus beruflichen Gründen und vielen
Menschen bietet die Automobilwirtschaft ein berufliches Umfeld.
Österreich ist kein Nachhilfeschüler in Sachen Umweltschutz, großen
Veränderungsbedarf sehe ich nicht. Von den politischen Akteuren
erwarte ich einen konstruktiven Dialogund eine Vermittlung zwischen
den unterschiedlichen Interessenlagen."
Kaum Einschränkungen
"In Vorarlberg gibt es zwar Ballungsräume, diese sind aber nicht so
groß wie in anderen Bundesländern", sagt Oscar Stern, Geschäftsführer
Autohaus Stern/Hard. Auch öffentliche Verkehrsmittel würden nicht in
jenem Ausmaß zur Verfügung stehen. "Viele Menschen sind hierzulande
auf ihr Fahrzeug angewiesen", sagt Stern, "das wissenauch die Grünen
ganz genau, weshalb ich nicht glaube, dass bei einem Erstarken dieser
Partei auch Einschränkungen zu befürchten sind." Emissionsarme
Fahrzeuge oder Elektroautos könnten einen Beitrag für die Umwelt
leisten: "Allerdings nur dann, wenn ihr Kauf gefördert wird."
Autobahnen im Visier
"Ich glaube, dass die Grünen, die in Tirol auch der neuen
Landesregierung angehören, schon versuchen werden, Teile ihrer seit
Langem geäußerten Forderungen durchzusetzen", sagt Markus Meisinger,
Geschäftsführer Autohaus Meisinger/Völs. Dies betreffe aber weniger
Maßnahmen in der Landeshauptstadt Innsbruck, sondernmehr die Tiroler
Autobahnen, wo die Grünen schon seit Langem für restriktive
Tempolimits einträten. "Letztendlich könnten sie vielen Lenkern damit
auch das Autofahren vergällen und es unattraktiver machen. Dies hätte
dann sicher auch Einfluss auf das Kaufverhalten", so Meisinger.
Alle an einen Tisch
"In Oberösterreich besteht auf Landesebene schon seit Längerem eine
Koalition, bei der auch die Grünen Regierungsverantwortung tragen,
ohne dass dies zu extremen Einschränkungen für den Individualverkehr
geführt hat", sagt Dr. Gustav Oberwallner, Landesgremialobmann und
stellvertretender Bundesinnungsobmann Fahrzeughandel. "Wichtig ist
ein Miteinander, letztendlich sind viele Fußgänger, aber auch
Anrainer, die in Ballungsräumen vom starken Verkehr betroffen sind,
auch unsere Kunden", sagt Oberwallner. Es gehe darum , nicht zu
polarisieren, sondern sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen, um für
alle Betroffenen einen akzeptablen Kompromiss zu finden.
Voraussetzungen fehlen
"Mit Einschränkungen vor allem in urbanen Gebieten ist zu rechnen,
sollten die Grünen weiter stark zulegen können", sagt Günther Kerle,
Geschäftsführer Mazda Austria/Klagenfurt. "Allerdings fehlt dafür
eine wichtige Voraussetzung. Solange der öffentliche Verkehr nicht
entsprechend ausgebaut und attraktiv ist, werden die Menschen wohl
kaum umsteigen." Durch Zwänge würden sich die Menschen, wie sich oft
schon in der Vergangenheit gezeigt habe, nur schwer motivieren
lassen. "Zu glauben, man erlässt ein paar Fahrverbote oder ähnliche
andere Maßnahmen und alles läuft, wäre viel zu billig. Ich glaube
auch, dass die Grünen das bereits verstanden haben und auch politisch
realitätsnäher agieren werden."
Wahlfreiheit bei Mobilität
"Für die Arge 2Rad, dem Dachverband der österreichischen
Zweiradindustrie und Zweiradimporteure, ist ein harmonisches
Miteinander im Straßenverkehr die Grundvoraussetzung für ein
funktionierendes Mobilitätskonzept -jeder sollte unter Rücksichtnahme
auf den anderen seine individuelle Fortbewegungsart wählen dürfen",
sagt Generalsekretärin Mag. Karin Munk. Mobilität müsse sich heute an
ökologischen Kriterien orientieren und könne nicht durch Zwänge
bestimmt sein, sondern sich über Toleranz und gegenseitiges
Verständnis definieren. "Der Verlust der Eigenentscheidung führt
letztlichdazu, dass wir immer weniger Eigenverantwortung übernehmen.
Und diese ist im Leben wie auch im Straßenverkehr
überlebensnotwendig. Das ist unser Wunsch an die Politik -welche
Farbe auch immer diese haben wird."
Ein Spiegel des Wandels
"Die Urbanisierung wird weltweit weiter zunehmen und Trends unter
Jugendlichen und jungen Erwachsenen lassen sich bereits jetzt
erkennen", sagt Dipl.-Ing Franz Lückler, Geschäftsführer AC Styria
Autocluster. Gerade für viele, die der jüngeren Generation angehörten
, sei das Auto nicht mehr ein Statussymbol, sondern nur Mittel zum
Zweck und werde nur dann als eines von mehreren Verkehrsmitteln
eingesetzt, wenn es gerade benötigt werde, wobei der Besitz eines
eigenen Fahrzeugs nicht mehr im Vordergrund stehe. "Dieser Wandel ist
in allen Großstädten zu beobachten." Diese Veränderungsprozesse im
Mobilitätsverhalten würden auch in die Politik einfließen und
entsprechende Programme entwickelt.
Grüne fahren selbst Auto
"Grundsätzlich glaube ich nicht, dass Veränderungen auf Landesebene
viel bewirken können", sagt Markus Fuchs, Direktor der Siegfried
Marcus Berufsschule für Kraftfahrzeugtechnik. "Würden sich diese
Veränderungen auch auf Bundesebene ergeben, würde die Sache schon
anders aussehen." Als Kfz-Technikersei es wichtig, im Falle von
Veränderungen, etwa bei den Fahrzeugantrieben, gerüstet zu sein, so
Fuchs. Dass neue Mehrheiten in einzelnen Städten auch Einschränkungen
bei der individuellen Mobilität bringen könnten, glaubt er nicht: "Es
gibt kaum einen Grün-Politiker, der nicht selbst Auto fährt."
Zwang führt zu Widerstand
"Wie sich gezeigt hat, scheinen Koalitionen auf Landesebene wie etwa
in Oberösterreich mit den Grünen ganz gut zu funktionieren, ohne dass
die individuelle Mobilität dort extrem eingeschränkt worden wäre",
sagt Ing. Peter Nemeth, Geschäftsführer Autohaus Nemeth/Eisenstadt.
Grundsätzlich hänge der von den Grünen oft geforderte Umstieg auf
öffentliche Verkehrsmittel von deren Ausbau ab. "Solange die dafür
notwendigen Voraussetzungen nicht geschaffen sind, ist auch ein
zeitweiliger Umstieg für die Menschen nicht attraktiv." An eine
Einschränkung der Mobilität durch erstarkte Grüne glaubt Nemeth
nicht. "Mittlerweile sind sie erwachsen genug, um zu wissen,dass
Zwang meist zu Widerstand führt."