Die Familien Porsche-Piëch kämpfen um jedes Prozent Anteil an der
künftig mit Volkswagen verschmolzenen Porsche SE. Daher wollen die
Familiengesellschafter die erfolgreiche Vertriebstochter Porsche
Holding Salzburg für rund 3,55 Milliarden Euro an VW veräußern.
Deutsche Autohändler werden sich warm anziehen müssen, wird in
unserem Nachbarland vermutet.
Deutschlands Branchenkenner sind sich einig: Beim Verkauf von Europas
größtem Autohändler wird kostbares Tafelsilber geopfert, um weiter
mit 51 Prozent der Anteile an der Volkswagen AG die Mehrheit zu
halten. Umgekehrt rechne für Volkswagen sich ein Kauf der mit einem
Absatz von 473.512 Neu- und 133.472 GW-Fahrzeugen sowie einem Umsatz
von 13,7 Milliarden Euro größten europäischen
Automobilvertriebsgesellschaft Europas. Davon ist Prof. Dr. Christian
F. Genzow von der Anwaltskanzlei Graf von Westphalen überzeugt Für
Fritz Haberl, Ehrenpräsident des Zentralverbands des Deutschen
Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK) und ehemaliger Mahag-Chef, macht die
Verschmelzungvon VW Retail mit der Porsche Holding Salzburg deshalb
Sinn, "weil in Salzburg erfolgreiche Vertriebsmanager sitzen, die man
normalerweise nicht findet".
Hinter dem Erwerb des Megahändlers steckt nach Ansicht Genzows eine
weitere Überlegung: "Volkswagen wollte unter keinen Umständen
zulassen, dass eine andere Handelsgruppe diesen mächtigen
Handelsplayer kauft." Diese Handelsmacht in fremden Händen sei für
Volkswagen von Anfang an ein klares "No-Go" gewesen. Die Tatsache,dass die Wolfsburger mit den Einzelhandelsaktivitäten der Porsche
Holding Salzburg ihr eigenes Handelsgeschäft in der VW Retail
aufwerten können, ist laut Genzow ein weiterer lukrativer
Nebeneffekt. Der Branchenanwalt ist überzeugt, dass sich das
Erfolgsrezept jedoch nicht 1:1 übertragen lässt.
Zusätzlicher Druck auf die Renditen
Für Prof. Stefan Reindl, stellvertretender Direktor des Instituts für
Automobilwirtschaft (IFA) ist die Strategie der Porsche Holding
ebenfalls nicht auf Deutschland übertragbar: "Im deutschen Markt
agieren sehr absatzstarke und expansive Händlergruppen wie die AVAG,
Emil Frey, MAHAG oder Gottfried Schultz. Hier würde eine
Expansionsstrategie der Porsche Holding auf hohen Widerstand stoßen."
ZDK-Präsident Robert Rademacher befürchtet, dass die Übernahme der
Einzelhandelsaktivitäten von Porsche Salzburg klar zulasten der
Rendite der Salzburger und der deutschen Händler des VW-Konzerns
geht. Rademacher: "Wenn die Betriebe der Porsche Holding Salzburg
Werkniederlassungen werden, ist trotz anderslautender
Lippenbekenntnisse zu befürchten, dass dort bald das für
Werkniederlassungen typische Mengendenken Einzug hält. Das wird stark
zulasten der Rendite auch der Markenkollegen gehen." Haberl sieht
durch den Handelsriesen in Salzburg ebenso eine klare Gefahr für
deutsche Händler. So sei Porsche Austria als Einzelhändler bis dato
in Deutschland nur schwach vertreten. Konkret zeigt die Holding mit
Porsche Inter Auto (PIA) erst an 16 Standorten im Raum
Augsburg/München mit den Marken VW, Audi, Seat, Skoda, VW
Nutzfahrzeuge und der GW-Marke Weltauto Flagge - ausgenommen Porsche.
Haberl: "Wenn Porsche mit einem neuen Roadster unter 50.000 Euro und
einem kleineren SUV das Volumen deutlich nach oben bringen will,
reichen 86 Porsche-Stützpunkte in Deutschland nicht mehr." Porsche
Austria werde sich an weiteren deutschen Standorten einnisten. Offen
ist für die Experten, ob es bei der Multimarkenstrategie des
Retail-Konzerns in Westeuropa bleibt.