An die 7.000 Dacia-Mitarbeiter und ihre Familienangehörige haben sich vor einigen Wochen in den Straßen der Dacia-Mutterstadt Mioveni nahe Pitesti versammelt, um für den schnellen Bau einer Autobahn zwischen Pitesti und Sibiu zu demonstrieren. Die heute nur zum Teil fertiggestellte Autostrada 1 soll von der ungarischen Grenze über Arad, Temeswar,Sibiu und Pitesti nach Bukarest führen.

"Soviel ich weiß, machen sie (Dacia, Anm.) Profit", ließ Premierminister Victor Ponta den Dacia-Mitarbeitern, die um die Wettbewerbsfähigkeit ihres Arbeitgebers fürchten, ausrichten. "Ich weiß auch, dass das Unternehmen die Produktion nach Marokko transferieren wird, wenn die Mitarbeiter die Proteste fortsetzen", sagte der Regierungschef und betonte dabei die bisherige Staatsunterstützung für Dacia.

Zunehmender Wettbewerbsdruck

Dacia-Generaldirektor Nicolas Maure warnte in einem Interview mit der Agentur "Mediafax", dass das Unternehmen 2020 "radikale Entscheidungen" treffen könnte, falls der Autobahnabschnitt Sibiu-Pitesti nicht rechtzeitig gebaut werde. Dacia müsse im Vergleich mit anderen Renault-Werken, wie etwa jenem im marokkanischen Tanger, wettbewerbsfähig bleiben.

"Es ist für uns sehr wichtig, einen einfachen Zugang zur Grenze in Arad zu haben. Das ist eine Priorität, die wir der Regierung kommuniziert haben", erklärte Maure. "Laut unseren Berechnungen würden wir im Falle einer vorhandenen Autobahn 30 Euro pro Auto sparen." Im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit gibt es noch weitere Faktoren, etwa "die Arbeitskosten, die auf einem bestimmten Niveau bleiben müssen, sonst wird der Standort in Tanger, der ein neues Werk ist, im Vergleich zu Dacia immer wettbewerbsfähiger", so der Dacia-Chef. Nach den Worten von Maure wird Renault Rumänien nicht verlassen,doch im Hinblick auf die Fabrik in Marokko ist es wichtig, dass Rumänien seine Wettbewerbsfähigkeit behält und auch in Zukunft auf westeuropäische Märkte exportieren kann.

Wichtiger Standort

Mit der 2012 eröffneten Produktionsstätte in Tanger hat Renault das größte Autowerk Nordafrikas etabliert. Während Dacia im Vorjahr in Rumänien knapp 339.000 Autos produzieren konnte, verließen in Tanger mehr als 174.000 Fahrzeuge der Modelle Dacia Sandero, Dokker und Lodgy das Band. Für 2015 wird laut Jacques Prost, Renault-Generaldirektor in Marokko, mit 250.000 Einheiten gerechnet. Dazu kommt noch das Montagewerk SOMACA in Casablanca, das 2014 rund 53.000 Logan und Sandero bauen konnte. Nach den Worten von Prost beträgt der Anteil lokaler Teile bei den Autos aus Tanger mehr als 40 Prozent, 60 Prozent werden angepeilt. Aktuell hat Renault in Marokko 29 Tier-1-Zulieferer und 30 Tier-2. Die Lieferantenstruktur soll weiter ausgebaut und die Teileexporte gesteigert werden.

Neues Kleinauto aus Marokko?

Da die Kapazität noch nicht ausgelastet ist, prüft Renault den Bau eines weiteren Modells im Maghreb-Staat. Ein möglicher Kandidat ist das im April präsentierte, 3,68 Meter lange indische Mini-SUV Renault Kwid. Der Kwid, der zunächst nur für Indien bestimmt ist, soll später auch in anderen Regionen angeboten werden. Bei der Premiere hat Renault-CEO Carlos Ghosn Südamerika, den Nahen Osten, Afrika und einige Länder Osteuropas als mögliche Kwid-Märkte genannt, doch endgültige Entscheidungen sind noch nicht gefallen.

In einem Interview mit "L"Usine Nouvelle" bestätigte Prost, dass für den Fall der Einführung des Kwid in Europa das Werk in Tanger als Produktionsstandort geprüft wird.

Noch ist Renault der einzige Pkw-Hersteller, der in Marokko produziert. Doch die Konkurrenz von PSA soll ebenfalls nach Marokko schielen.