A&W: Vor dem Jahreswechsel hat sich ein mindestens stabiler Neuwagenmarkt abgezeichnet. Wie wird es heuer weitergehen?

Burkhard Ernst: Wie wir alle wissen, war das Zulassungsplus im letzten Quartal vor allem eine Folge von taktischen Anmeldungen. Dennoch lagÖsterreich im europaweiten Vergleich der Marktentwicklung 2015 auf dem drittletzten Platz. Warum sollte sich daran heuer etwas ändern? Wirtschaftswachstum gibt es de facto keines, die Arbeitslosigkeit steigt - all das macht unser Geschäft noch schwieriger.

Gleichzeitig steht die Autobranche unter besonderem politischem Druck.

Ernst: In Wien ist es das erklärte Ziel der Stadtregierung, den Anteil des Individualverkehrs von 28 Prozent auf 15 Prozent zu senken. Dieses Thema betrifft aber auch Graz, Salzburg, in vielleicht etwas eingeschränkter Form Linz und so weiter. Kein Händlerkollege sollte sich der Illusion hingeben, dass diese politischen Zielenichts mit seinem Geschäftsalltag zu tun haben. De facto werden Automobilbetriebe über kurz oder lang im innerstädtischen Bereich keine Existenzgrundlage mehr haben.

Kann der von Ihnen gegründete Verein "Mein Auto" daran etwas ändern?

Ernst: Wir haben diesen Verein ins Leben gerufen, weil er ohne politische Rücksichtnahmen eindeutig Stellung beziehen kann und haben beispielsweise im Wiener Landtagswahlkampf einige Verkehrsthemen positioniert. Ich sage jedoch offen, dass ich mir von meinen Kollegen mehr Unterstützung erwarten würde- ein Verein, der sich für die unmittelbaren Bedürfnisse der Brancheeinsetzt, muss einem doch den Gegenwert von 2 oder 3 kleinen Kaffees im Monat wert sein!

Wie sehen Sie die wirtschaftliche Lage der Branche?

Ernst: InÖsterreich müssen täglich 12 bis 14 Firmen Insolvenz anmelden. Darunter sind überproportional viele Autohändler. Das überrascht nicht, denn das Branchenergebnis ist mit einer Umsatzrendite von rund 1 Prozent zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. Die Erträge sind überschaubar -und zwarbei jenen 57 Prozent der Betriebe, die Erträge machen. Die anderen 43 Prozent sind gut beraten, schnellstmöglich irgendwelche Lösungen anzustreben.

Die meisten Autohäuser können aber nicht einfach zusperren.

Ernst: Wieso nicht? Man darf einen Automobilbetrieb doch nicht krampfhaft so lange offenhalten, bis nicht nur das Eigenkapital der Firma, sondern auch das Privatvermögen, das Haus, der Grund und Boden weg sind. Ich kann nur jedem raten, im Vorfeld die Notbremse zu ziehen und etwas zu ändern.

Was muss sich an den Rahmenbedingungenändern, um dem Fahrzeughandel zumindest kurz- und mittelfristig eine Zukunftsperspektive zu geben?

Ernst: Einerseits muss es auf europäischer Ebene gelingen, das Ruder herumzureißen. Spätestens seit dem Auslaufen der Kfz-GVO sind wir keine freien Unternehmer mehr. Wir haben die gleichen Pflichten wie Franchisenehmer, aber nicht deren Chancen auf Ertrag. Andererseits wollen wir uns in Österreich ganz konkret anschauen, wie weitImporteure dafür Sorge tragen müssen, dass ihre Händler überleben können. Eines muss uns aber klar sein: Wenn einmal der bisher nur ansatzweise erprobte Internet-Direktvertrieb der Hersteller zum Alltag wird, ist der Handel nicht nur in Gefahr. Dann gibt es den Handel nicht mehr - er wird ausradiert.