Jetzt zum Jahreswechsel war es wieder einmal so weit: Das ganze Jahr wurden bei jedem verkauften AutoVerluste in Kauf genommen, um den Jahresbonus einheimsen zu können. Ein bis eineinhalb Prozent des Jahresumsatzes werden dafür in Aussicht gestellt. Wer die Stückzahlen im Dezember nicht geschafft hat, ist diesem Ziel das ganze Jahr umsonst nachgelaufen. Nur wer den Bonus erreicht, darf darauf hoffen, zum Jahresende die im ganzen Jahr durch hohe Rabatte eingefahrenen Verluste wieder auszugleichen. Die Importeure nennen das Händlermotivation. Für mich ist das einfach eine fahrlässige Anstiftung zum Betrug.

Mir fällt als Beispiel MBÖ ein, bei anderen Marken sieht es ähnlich aus: 2015 gab es Eintauschprämien in unterschiedlicher Höhe. "Die Eintauschprämie gilt bei Rückgabe Ihres maximal 84 Monate alten gebrauchten Pkw an ihren Mercedes-Benz-Partner. Sie wird vom Neuwagenpreis abgezogen, zusätzlich zudem Preis, den Sie für Ihren Gebrauchtwagen erhalten. Das Eintauschfahrzeug muss mindestens 6 Monate auf den Neuwagenkäufer zugelassen gewesen sein. Pro Fahrzeug nur ein Eintausch möglich."

Das klingt am Papier recht simpel: Ein ML 350 BT wird - bereits rabattiert - um 93.990 Euro angeboten. Davon wird noch die Eintauschprämie von 3.990 Euro abgezogen. Der Neuwagen kostet somit 90.00 Euro. Der Gebrauchte des Kunden wird um 40.000 Euro eingetauscht. Der Kunde hat also beim Neuwagenkauf bar 50.000 Euro aufzuzahlen. Auf dieser Basis wird auch der Kaufvertrag errichtet.

Bei Anlieferung des Neuwagens verkündet der Kunde stolz, dass er dem Verkäufer diesen mühsamen Eintausch ersparen kann. Er habe für seinen Gebrauchten bereits einen Käufer um 43.000 Euro gefunden und gibt ihm auch gleich eine Abmeldungskopie. Er freut sich, dass er damit sein Geschäft um 3.000 Euro verbessern konnte. Und ist zufrieden, dass am Kaufvertrag sein Auto weiterhin als Eintauschwagen aufscheint. Dem Händler bleibt nichts anderes übrig, als dem Kunden sein neues Auto um 50.000 Euro auszuliefern. Nur fällt damit die Berechtigung weg, den Neuwagenpreis um die Eintauschprämie von 3.990 Euro zu kürzen. Bei korrekter Einhaltung der Importeurs-Vorgaben bleibt der ursprünglich von ihm rabattierte Preis von 93.990 Euro aufrecht. Davon werden 43.000 Euro für den Gebrauchtwagen an den Privaten abgezogen. Der Kunde hätte nun dank seiner Verkaufsbemühungen nicht 50.000, sondern 50.990 Euro zu bezahlen.

Der Verkäufer müsste dem Kunden nun erklären, dass er das Gesamtgeschäft nicht um 3.000 Euro verbessert, sondern um 990 Euro verschlechtert hat. Und zwar im Interesse des Importeurs, der sich durch die "Eigenmächtigkeit" des Kunden bei diesem Geschäft nun die Eintauschprämie von 3.990 Euro ersparen kann. Er sei daher verpflichtet, den bisherigen Kaufvertrag zu stornieren. Er müsste ihm erklären, dass aufgrund der Vorschriften des Importeurs "regelkonform" ein neuer Kaufvertrag auszustellen sei. Gleichzeitig hat der Händler dem Kunden klarzumachen, dass er statt 50.000 nun 50.990 Euro zu zahlen habe.

Ich bezweifle, dass es so gutmütige Kunden gibt, die sich so etwas von einem Autohändler bieten lassen. Egal, um welche Marke es sich dabei handelt. Ich würde mich weigern, einen "neuen" Kaufvertrag zu unterschreiben. Ich würde mit meinen 43.000 Euro grollend das Geschäft verlassen und mir bei einem andern Händler ein Autokaufen. Vielleicht bei einer anderen Marke, bei der ich nicht das Gefühl habe, beim Kauf über den Tisch gezogen zu werden. Jeder vernünftige Händler jeglicher Marke wird in so einem Fall daher seinem Kunden den Erfolg seines Privatverkaufes gönnen. Der Verkäufer wird daher den Gebrauchtwagenauf dem Kaufvertrag stehen lassen - um so ebenfalls sein Jahresziel zu erreichen.

Mit dem Privatverkauf hat der Kunde allerdings den Importeur um die Stützung von 3.990 Euro "geschädigt". Und der Verkäufer hat mit dem "alten" Kaufvertrag den Importeur in die Irre geführt - beide zusammen wurden damit zu Betrügern. Ein Händler, dem im Jahr mehrere solche Fälle unterkommen, erfüllt bereits den Tatbestand des "schweren gewerbsmäßigen Betruges". Schließlich ist er selbst schuld, dass er derartige Eintauschregeln des Importeurs akzeptiert hat. All das in der Hoffnung, damit zum Jahresende doch noch die - vielfach irrealen - Jahresziele erreichen zu können.