Ihn hatte niemand auf der Rechnung: Dr. Felix Clary und Aldringen,
jahrzehntelang im BMW-Konzern tätig und seit 2012 Vorsitzender des
Arbeitskreises der Automobilimporteure, wurde Mitte Jänner zum neuen
Vorstand der Autohandelsgruppe Wiesenthal ernannt.
Die Entscheidung des Aufsichtsrates kam aus mehreren Gründen
überraschend: So war Clary sein Berufsleben lang für BMW tätig,
während es sich bei Wiesenthal um eine Mehrmarkengruppe mit klarem
Schwerpunkt auf Mercedes handelt. Außerdem war Clary stets
Konzernmanager, seine Einzelhandelserfahrung beschränkt sich auf
herstellereigene Betriebe und liegt Jahrzehnte zurück. Zu guter Letzt
ist ein Dreijahresvertrag für einen Siebenundsechzigjährigen, der
sich bereits 2008 aus dem aktiven Berufsleben zurückzog, höchst
ungewöhnlich.
Offene Fragen
Dem gegenüber stehen große Herausforderungen bei Wiesenthal. Das
Traditionsunternehmen sorgte in den vergangenen eineinhalb Jahren vor
allem mit dem Verkauf profitabler Tochtergesellschaften für
Schlagzeilen: Erst stieß man die US-Aktivitäten ab, dann gab man die
österreichische Finanzdienstleistungsgesellschaft ab. Die Trennung
von weiteren Unternehmensteilen scheiterte dem Vernehmen nach nur an
den Preisvorstellungen. Schlussendlich nahmen binnen weniger Wochen
sowohl Langzeitvorstand Dr. Alexander Martinowsky als auch Finanzchef
Mag. Thomas Obendrauf den Hut. Was erhofft man sich in dieser
Situation von Clary?
"Jetzt kann uns der Importeurssprecher beweisen, dass sich die
Vorgaben der Hersteller im Autohausalltag umsetzen lassen", lautet
der süffisante Kommentar mancher Beobachter. Doch viel
aufschlussreicher ist es, sich die Qualitäten des Neo-Vorstands vor
Augen zu führen: Er gilt als sachlicher Analytiker, gewandter
Diplomat und erfahrener Verhandler. Die operative Führung eines
Autohandelsunternehmens mag nicht zu seinen Stärkengehören -das
Begleiten eines Verkaufsprozesses aber sehr wohl. Man darf auf die
nächsten Schlagzeilen aus dem Hause Wiesenthal gespannt sein.