Das "Marketinginstrument", den Absatz mit Tages-und Kurzzulassungen
anzukurbeln, ist umstritten. Manche schwören darauf, andere fühlen
sich wegen unerfüllbarer Zielvorgaben seitens der Importeure schwer
unter Druck gesetzt.
Verkaufsaktionen wird es immer geben
"Es existiert ein Markt für Tages-und Kurzzulassungen, es hängt aber
stark von der Marke ab", erklärt Mag. Christoph Gerster,
Geschäftsführer Autohaus Gerster/Dornbirn. Natürlich habe das auch
Auswirkungen aufs Geschäft. Gerade nach der Vienna Autoshow seien
Jungwagen massiv beworben worden, womit es auch schwierigersei,
Neuwagen zu verkaufen. "Dennoch gibt es dieses Instrument als zweite
Verkaufsschiene, bei der auch wir mitmachen." Solange dies in
überschaubarem Rahmen abgewickelt wird, sehe ich keine Probleme." Die
Nachfrage seitens der Kunden bestehe jedenfalls. Verkaufsaktionen
werde es immer geben. Ob diese Leasing, Ausstattung oder sonst etwas
betreffen, mache keinen Unterschied.
Porsche: Kein weiterer Kommentar
Auf schriftliche Anfrage beim Importeurüber die Auswirkungen von
Kurz-und Tageszulassungen auf den österreichischen Markt erhielten
wir von Richard Mieling, Leiter Öffentlichkeitsarbeit Porsche Holding
GmbH/Salzburg folgende Antwort: "Nach Rücksprache mit Herrn Favey
wollen wir uns zum Thema Kurzzulassungen nicht über bisher getätigte
Aussagen und Kommentare hinaus äußern."
Die Dosis macht das Gift
"Die Ursache für Tageszulassungen ist sicherlich der Druck am Markt",
sagt Mag. Dieter Unterberger, Tiroler Landesgremialobmann des
Fahrzeughandels und Geschäftsführer Unterberger Automobile/Kufstein.
"Dieser Druck führt dazu, dass die Verantwortlichen bei den
Herstellern und Importeuren in allen Ebenen gezwungen sind, alles zu
unternehmen, um die Absatzziele zu erreichen. Eine dieser Maßnahmen
können auch Tages-und Kurzzulassungen sein." Dies müsse nicht gleich
vorweg unbedingt negativ sein, weil es tatsächlich eine zusätzliche
Vertriebsschiene zum Erreichen höherer Stückzahlen sein könne. "DieDosis macht das Gift", so Unterberger. "In geringer Dosis sehe ich
damit kein Problem, in hoher Dosis könnte es schwierig werden."
Markt wird verfälscht
"Tageszulassungen als Marketinginstrument gibt es, da es nur zu einer
Verschiebung der Neuwagenzulassungen kommt. Allerdings scheinen
dieses Fahrzeuge, wenn sie als Gebrauchtwagen verkauft werden, in der
Statistik als Neuwagen-Verkauf und Gebrauchtwagen-Verkauf auf", so
Günther Kerle, Geschäftsführer Mazda Austria/Klagenfurt. Dies gaukle
einen Automarkt vor, den es nicht gibt. "Darüber hinaus nehmen
namhafte Importeure auch ,strategische Zulassungen" vor, wovon der
größte Teil ins Ausland geht." Damit werde der Markt verfälscht. Dies
sei auch für die Brancheschädlich, denn gleichzeitig werde dem
Finanzminister suggeriert, dass es den Händlern schlecht gehe, die
Marktzahlen aber dagegen sprechen: "Kein Wunder, dass man so kein
Gehör findet!"
Geld und Werte werden vernichtet
"Ich halte Tages-und Kurzzulassungen für ein sehr kritisches
Vertriebsinstrument", ist Gerhard Priewasser, Geschäftsführer
Autohaus Priewasser/Ried im Innkreis, überzeugt. Vorteile könne er
bei diesem Marketinginstrument keine erkennen, obwohl dieses weit
verbreitet sei. "Hauptsächlich werden dabei viel Geld und Werte
vernichtet."Priewasser hofft, dass diesbezüglich längerfristig ein
Umdenkprozess einsetzt, denn Tages-und Kurzzulassungen bergen auch
ernste Gefahren: "Wenn sich die Kunden daran gewöhnen, wird es in
Zukunft auch immer schwieriger, Neuwagen an den Mann zu bringen."
Dies würde sich dramatisch auf das Vertriebsnetz auswirken. "Am Ende
wäre vor allem der Handel als Leidtragender betroffen."
Tageszulassungen drücken GW-Wert
"Grundsätzlich sind Tages-und Kurzzulassungen eines von mehreren
legitimen Marketinginstrumenten, solange das Fahrzeug in Österreich
und damit im Kreislauf verbleibt und von Kunden erworben wird, die
sich sonst keinen Pkw gekauft hätten", sagt Ing. Roland Berger (Honda
Austria)."Das Gros dieser Autos wird aber exportiert. Die haben auch
kaum wertschöpfenden Einfluss." Eine Tageszulassung habe in aller
Regel einen hohen Preisnachlass, was leider auch den Wert von
Gebrauchtwagen nach unten drücke: "Und damit meine ich alle
Gebrauchtwagen. So verlieren auch Kunden, die keine Tageszulassungen,
sondern regulär gekauft haben, einen Teil ihres Fahrzeugwertes. Ob
das wirklich der richtige Weg ist, sei dahingestellt."
Vertriebsnetze massiv unter Druck
"Die jährlich kolportierte Pkw-Neuzulassungsstatistik ist eine der
größten Unwahrheiten, die wir im Automobilhandel in Österreich
aufrechterhalten", so Ing. Bernhard Kalcher, Autohaus
Kalcher/Fehring. "Tages-und Kurzzulassungen sollen den Markt
ankurbeln, damit werden aber auch die Vertriebsnetze aller Marken mit
weit überhöhten, oft nicht erfüllbaren Zielvorgaben massiv unter
Druck gehalten", so Kalcher. Auch das Argument der Umwegrentabilität
ziehe nicht. "Die große Unbekannte ist, wie viele dieser Fahrzeuge
wirklich in Österreich verblieben sind. Viele werden exportiert,
manche ohne jeauf österreichischem Boden gestanden zu haben. Und
diese Fahrzeuge kommen sicher nicht in unsere Werkstätten."
Zuerst skeptisch, nunüberzeugt
"Wir arbeiten seit Langem mit Toyota, wo Tagesund Kurzzulassungen
lange kein Thema waren, und seit 2011 auch mit Hyundai, wo dieses
Marketinginstrument stärker eingesetzt wird", sagt Roman Fürst,
Geschäftsführer Autohaus Fürst/Unterwart. "Zu Beginn war ich eher
skeptisch, habe aber meine Meinung revidiert und bin mittlerweile
davon überzeugt, dass diese Vertriebsstrategie, die zwischen Neu-und
Gebrauchtwagen liegt, sehr gut funktioniert." VieleKunden würden
überhaupt nur wegen einer Tageszulassung ins Autohaus kommen, kauften
dann aber trotzdem einen Neuwagen. "Ich bin mir auch sicher, dass die
Zahl verkaufter Fahrzeuge ohne diese Maßnahme deutlich sinken würde,
wobei ich die Stückzahlen auch für die Werkstatt dringend benötige."
Typische Lagerwagenkäufer
"Aus meiner Sicht sind Tages-und Kurzzulassungen ein lange
implementiertes Instrument, das wir bereits jahrelang bearbeiten. Im
Endeffekt ist dieses Instrument wie ein Lagerwagenbonus zu
betrachten. Es handelt sich um ein gelerntes System, mit dem wir
Lagerware inÖsterreich bewegen", sagt Mag. Alexander Struckl,
Geschäftsführer General Motors Austria und stellvertretender Sprecher
des Arbeitskreises der Automobilimporteure. Darüber hinaus seien
Kunden, die auf den Preis reflektierten, weniger sensibel punkto
Konfiguration eines Wunschfahrzeugs. "Es gibttypische
Lagerwagenkäufer, und das seit Langem. Der Kunde reflektiert das in
seiner Kaufentscheidung: Je kleiner das Auto, desto höher ist der
Anteil, der als Kurzzulassung verkauft werden kann."