Es ist nicht gerade jene Gegend, die sich Touristen als erste aussuchen, wenn sie England besuchen: Gillingham, eine kleine Stadt in der Grafschaft Kent, also im Südosten des Landes. Bekannt ist der Ort vor allem durch den Autozulieferer Delphi, der hier fast 500 Techniker und Forscher beschäftigt. Sie entwickeln Diesel-Einspritzsysteme, die vor allem in allen Arten von Nutzfahrzeugen zum Einsatz kommen -vom leichten Lkw bis zum Großbagger. Direkt danebenwerden die Teile dann auch gleich gefertigt. Es sind besonders die unterschiedlichen Emissionsregelungen in allen Teilen der Welt, die die Arbeit der Techniker erschweren: Während bei uns Euro 6 seit dem Vorjahr der neue Standard im Lkw-Bereich ist, gelten in den USA ganz andere Vorschriften, von China, Indien, Australien oder Russland gar nicht zu reden. Technische Dinge, die in einem Land erlaubt sind, werden anderswo nicht geduldet.

Unglaubliche Vielfalt

Und so ist es nicht verwunderlich, wenn immer neue Vertreter der einzelnen Fahrzeughersteller bei Delphi die Klinke drücken: Sie kommen mit einem fertig entwickelten Motor, der an die Abgasbestimmungen eines Marktes adaptiert werden muss.

Die Vielfalt ist unglaublich und nur ein Teil der hier entwickelten Produkte wurde bei einer zweitägigen Veranstaltung auch gezeigt. Stolz präsentierten die Techniker jedoch jene Räumlichkeiten, in denen die Einspritzpumpen, Common-Rail-Injektoren und allerlei andere Dinge getestet werden, bevor sie in die Serienfertigung gehen. Bis zu 24 Monate dauert es von der Idee bis zur Freigabe. Freilich ist es nicht unbedingt Europa, wo der Lkw-Sektor boomt: In erster Linie hat Asien einen Nachholbedarf: So wurden 2014 in China 3,79 Millionen Nutzfahrzeuge verkauft.

Großes Problem im Milliardenmarkt ist jedoch die Umweltverschmutzung: Vor allem die alten Lkws stoßen hohe Schadstoffmengen aus und 14 Prozent der Lkws schlucken 49,3 Prozent des gesamten Treibstoffs. Kein Wunder, wenn sich Delphi hier ein großes Geschäft erwartet und eigene Techniker und eine Fertigungsstätte in China hat. "Wir müssen die Dinge dort herstellen, wo sie gebraucht werden", sagt John Fuerst, Vice President Powertrain bei Delphi: "Es ist nicht sinnvoll, Einspritzpumpen oder andere Dinge quer durch die Welt zu schicken."

Müssen mit allen Treibstoffqualitäten zurecht kommen Völlig unterschiedlich sind auch die Treibstoffe: Daher müssen die Teile, die in Gillingham getestet werden, auch auf schlechteste Qualitäten in aller Welt ausgelegt werden. Das funktioniert nicht zuletzt mit Geräten von AVL: Kaum ein Prüfstand, der nicht mit mehreren Geräten des Grazer Unternehmens ausgerüstet ist. Und auch unter den Referenten befand sich eine Spezialistin von AVL -obwohl Maria Isabel Segura Carrasco, wie der Name schon sagt, nicht steirischen, sondern spanischen Ursprungs ist. (MUE)