Was blieb von dem vor mehr als 2 Jahren per EU-Verordnung
vorgeschriebenen Reifenlabel? Groß angekündigt, sollte es für
Konsumenten als Orientierungshilfe fungieren. Doch interessiert es
die Kunden überhaupt noch? von Dieter Scheuch
Thema ist aus den Köpfen
"Das Kundeninteresse an dem im Zuge einer EU-Verordnung vor mehr als
zwei Jahren eingeführten und medial auch entsprechend aufbereiteten
Reifenlabel ist weitgehend abgeflaut und ist auch nicht mehr in deren
Köpfen", sagt Karl Praunegger, Prokurist und Chief Manager bei Edler
Reifen/Ybbs. Im Gegensatz zum Reifenlabel sei RDKS ein wesentlich
stärker besetztes Thema, "weil RDKS die Kunden Geld kostet". Für die
Meinungsbildung der Konsumenten beim Kauf entscheidend seien neben
kompetenter Beratung durch den Fachhandel auch Testberichte, wobei
viele Kunden dabei vor allem gerne auf Reifentests der
österreichischen Autofahrerklubs zurückgreifen würden.
Kunden schätzen Beratung
"Wie haben sehr viele Stammkunden und für diese hat das Reifenlabel,
obwohl bei seiner Einführung medial präsent, nie eine wirklich große
Bedeutung gehabt", sagt Jörg Pattermann, Chef der Karl Czaika
Pattermann KG/Salzburg. "Unsere Kunden kommen mit konkreten
Vorstellungen, sie schätzen unsere Beratung und vertrauen in der
Regel unserem Urteil." Vereinzelt würde es Nachfragen im Zusammenhang
mit Abrollgeräusch oder auch Rollwiderstand geben. "Ich glaube, dass
das Label -im Gegensatz zum Fachhandel, wo auf Kundenwünsche und
-vorstellungen eingangen wird -vor allem im Internet eine etwas
größere Rolle spielt, da es vermutlich dort eine Orientierungshilfe
für Kunden bietet."
Label spielt nur geringe Rolle
"In unserem Betrieb interessieren sich etwa 10 Prozent der Kunden für
das Reifenlabel", sagt Daniel Walter, Geschäftsführer Reifenservice
Zams. Wobei es dabei hauptsächlich um Abrollgeräusche und ums
Nassverhalten gehe. "Nicht selten wird das Label dabei auch
missverständlich interpretiert, denn den Kunden geht es vor allem
darum, ob der Innenraum des Fahrzeug möglichst vom Abrollgeräusch
verschont bleibt." Wobei das Label bei der Kaufentscheidung nur eine
geringe Rolle spiele. "Die Kunden vertrauen deutlich mehr darauf, was
wir ihnen raten, nicht zuletzt deshalb, weil es schwierig ist,
sämtliche Eigenschaften eines Reifens auf drei Punkte einzuschränken.
"Dies ermöglicht uns auch, gemeinsam mit dem Kunden ein auf
individuelle Wünsche angepasstes Produkt zu finden."
Spritsparen ist ein Thema
"Für etwa 50 Prozent meiner Kunden, zu denen auch die Mitarbeiter
eines Betriebs zählen, der als Zulieferer für die Automobilindustrie
fungiert, ist das Reifenlabel ein Thema", sagt Michael Lamprecht,
Geschäftsführer Reifen Lamprecht/Villach. Die Mitarbeiter dieses
Betriebs seien -was Neuerungenbetrifft -sehr interessiert. "Vor
allem der Kraftstoffverbrauch ist in Verbindung mit der Wahl der
Reifen ein Thema, eine wichtige Rolle spielt auch das
Abrollgeräusch.Unsere Kunden legen großen Wert darauf, dass die
Reifen im Betrieb sehr leise sind." Darüber hinaus würden sich die
Kunden auchan Reifentests orientieren, "wobei ich das Gefühl habe,
dass dabei eher die Reihung des Produkts denn die konkreten
Eigenschaften die Kaufentscheidung beeinflusst."
Keine Argumentationshilfe
"Die Konsumenten werden mit dem Label eher verwirrt als aufgeklärt,
denn es kann zu Fehleinschätzungen der Qualität der Reifen führen",
sagt Christoph Leszkovich, Geschäftsführer Reifen Ritz/Eisenstadt.
"Die Information, die Kunden durch das Labeling erhalten, helfen
diesen nicht wirklich bei der Wahl für das richtige Produkt, weshalb
wir auf umfassendeInformation durch Beratungsgespräche setzen", so
Leszkovich. Das Label sei auch bei Kunden nicht wirklich angekommen.
"Es handelt sich dabei um eine weitere EU-Verordnung, die dem
Konsumenten am Ende des Tages -wie sich gezeigt hat - nicht wirklich
weiterhilft. Auch den Handel unterstütze das Label nicht. "In
Beratungsgesprächen greifen wir als Argumentationshilfe lieber auf
unabhängige Tests zurück."
Preis-Leistung muss stimmen
"Das Labeling wird bis dato nur von einem sehr kleinen, aber
interessierten Kundenkreis wahrgenommen, wobei die Zahl derer, die
sich dafür interessieren, nur langsam wächst", sagt Reinhold Fischer,
Geschäftsführer Reifen Fischer/Dornbirn. Weitaus stärker werde RDKS
registriert, wobei der Frust der Kunden, die davon betroffen seien,
vor allem wegen zusätzlicher Kosten hoch sei. Bei der
Kaufentscheidung spiele weniger das Reifenlabel, sondern vielmehr das
Beratungsgespräch eine entscheidende Rolle: "Wobei für unsere Kunden
das Preis-Leistungs-Verhältnis wesentlich für die Kaufentscheidung
ist." An zweiter Stelle würden Sicherheitsaspekte stehen, "auch diese
tragen für viele zur Produktfindung bei".
Konsumverhalten kaum verändert
"Die Einführung des Reifenlabels hat zu keinen großen Veränderungen
im Konsumverhalten geführt", sagt Mag. Klaus Kreisel, Geschäftsführer
Gummi Kreisel/Hartberg. Dies liege vor allem auch daran, dass es
nicht möglich sei, die Eigenschaften des Reifens auf nur drei
Kriterien zu reduzieren. Weshalb dieKunden auch entsprechend
aufgeklärt worden seien und nachvollziehen hätten können, dass es
mehr als drei Eigenschaften brauche, um das richtige Produkt zu
bekommen. "Im Handel argumentieren wir daher lieber mit
Testergebnissen von unabhängigen Institutionen, etwa von
Autofahrerklubs. In diesen werden bis zu 15 Kriterien für die
Bewertung herangezogen", so Kreisel.
Interesse ist abgeflaut
"Nach anfänglich größerem Kundeninteresse und entsprechender medialer
Präsenz ist das Thema Reifenlabel durch die Diskussionen über RDKS
abgelöst worden", sagt Ing. Mag. Stefan Deschka, Geschäftsführer
Wanggo Reifen/Linz. Wobei das Label - wenn es gerade passe -beim
Verkauf durchaus geschickt eingesetzt werden könne, um interessierte
Kunden zu überzeugen. Dennoch würde viele Konsumenten das Labeling
nicht wirklich interessieren "und es fällt den Menschen oft auch
nicht auf". Eine aktive Nachfrage des Kunden komme sehr selten vor.
Letztendlich sei es auch schwierig, die vielfältigen Eigenschaften
eines Reifens an drei Kriterien festzumachen was oft auch eine
umfassende Beratung erfordere.
Label ist sinnlos
Das vor zwei Jahren eingeführte Reifenlabel halte ich persönlich für
sinnlos", sagt Walter Erich Wittmann, Geschäftsführer Reifen
Wittmann/Wien. "Ich vergleiche es mit der Plakette am Eiskasten, die
nur etwas über die Energieeffizienz des Geräts verrät, was viel zu
wenig ist." Was nütze es einem Kunden, der sich einen Reifen kaufe,
der vom Rollwiderstand her fantastisch, aber beinhart sei und keinen
Grip habe. "Das widerspricht sich total, das Label ist vermutlich
auch deshalb nicht beim Kunden angekommen, weil viele Händler es als
unnötig betrachten." Viele Kunden kommen auch mit konkreten
Vorstellungen: "Entweder sind Premiumreifen von bekannten
Herstellern, oder gute, günstige Produkte, die sich einen Namen
gemacht haben, besonders gefragt."