Reinhard G. wollte bei Auto Centro in St. Pölten um 26.000 Euro einen jungen Alfa Romeo 147 kaufen. Als ÖAMTC-Mitglied wollte er das Objekt seiner Begierde einem Ankaufstest unterziehen. Für Johann Sponseiler, Geschäftsführer des zur Schirak-Gruppe zählenden Fiat-,Alfa-und Lancia-Betriebs eine Routineangelegenheit.

Das Ergebnis war jedoch verblüffend: Die "ÖAMTC-Kaufüberprüfung" ergab, dass das Auto einen Vorschaden hatte. Woraufhin beim Importeur nachfragt wurde, ob vielleicht dem Lagermax beim Transport irgendetwas passiert sei. "Die haben mir bestätigt, dass das Auto völlig schadensfrei ist", veranlasste Sponseiler, den Alfa beimÖAMTC in Neulengbach einem neuerlichen Ankauftest unterziehen zu lassen. Dort war von einem Vorschaden keine Rede. Bevor dies schriftlich festgehalten war, wurde von den ÖAMTC-Technikern der Test abgebrochen. Sie hatten Lunte gerochen und wollten vermeiden, dass zwei konträre Kaufüberprüfungenaus dem Hause gehen. Also musste der von Sponseiler entsandte Kfz-Techniker mit leeren Händen von dannen ziehen.

Reinhard G. schenkte den Schirak-Mannen und ihren Beteuerungen der Schadensfreiheit keinen Glauben. Weshalb sollte derÖAMTC einen Vorschaden feststellen, wenn es diesen nicht tatsächlich gab? Die Konsequenz war, dass der genervte Kunde zulasten des Autohauses den mündlich fixierten Kauf platzen ließ.

Geschäft vermasselt

Wer einen Schaden verursacht, soll für ihn aufkommen. Nach diesem Rechtsgrundsatz wurde Hausanwalt Mag. Markus Mayer zur Klagseinbringung gegen den ÖAMTC beauftragt. "Dazu gehört schon einiger Mut", verweist dieser auf das Risiko, von der mächtigen Autofahrerorganisation gemobbt zu werden. Sponseiler sah jedoch keine Veranlassung,dem verantwortlichen ÖAMTC-Techniker Narrenfreiheit zuzubilligen: "Schließlich hat er mir durch sein falsches Gutachten das Geschäft vermasselt." Der eingeforderte Schaden wurde damit begründet, dass der Autofahrerklub "grob fahrlässig ein falsches Gutachten erstellt" habe. Für den ÖAMTC seies klar erkennbar gewesen, dass sich das Gutachten auf den potenziellen Kaufabschluss auswirken werde. Damit erstrecke sich die Haftung bei der Gutachtenserstellung auf den potenziellen Verkäufer.

Der Oberste Gerichtshof sah dies anders: Die Ersatzpflicht eines Sachverständigen sei gemäß der Paragraphen 1299 und 1300 ABGB "grundsätzlich auf den aus dem Schuldverhältnis Berechtigten beschränkt". Das ist der Auftraggeber, der den Sachverständigen für sein Gutachten bezahlt. Eine Haftung gegenüber Dritten komme "nur dann in Betracht, wenn der Besteller des Gutachtens für den Sachverständigen erkennbar gerade auch die Interessen des Dritten mitverfolgt". Eine Haftung des ÖAMTC aus dem falschen Gutachten hätte demnach nur der Kaufinteressent selbst als Auftraggeber geltend machen können. Und das nur, wenn ihm dadurch ein Schnäppchen durch die Lappengegangen wäre. Das kommt verständlicherweise praktisch nie vor.

Echte Unabhängigkeit gefordert

Für Sponseiler wurde durch dieses Urteil klar: Der ÖAMTC ist keine objektive Begutachtungsstelle, sondern ein Verein mit beschränkter Haftung. Er haftet ausschließlich gegenüber seinen Kunden, wenn er dabei einen Defekt übersieht, geht jedoch kein Risiko ein, wenn er nach dem Motto "sicher istsicher" Mängel auflistet, die gar nicht existieren.

Dies gilt auch für die Schadensbegutachtungen, die der ÖAMTC im Auftrag der Uniqa oder der Hannover Versicherung durchführt. Diese Expertisen dienen erkennbar dazu, der zahlungspflichtigen Haftpflichtversicherung eine Entscheidungsgrundlage für ihr Abfertigungsanbot zu verschaffen. Übersieht der ÖAMTC-Techniker dabei einen Vorschaden und zahlt die Versicherung zu viel aus, kann ihn die HDI als Auftraggeberin zur Verantwortung ziehen. Sieht er -wie oben -einen Vorschaden, wo gar keiner war, geht er damit keinerlei Risiko ein. "Damit ist jeder Händler dumm, wenn er ein Auto zum ÖAMTC bringen lässt." Sponseiler rät seinen Kollegen, sich bei Schadensbeurteilungen verstärkt auf unabhängige und für ihre Arbeit verantwortliche Sachverständige zu stützen.