Ernst Prost, Chef der Schmierstofffirma Liqui Moly, ist nie um starke
Worte verlegen. Wie sieht es hinter den Kulissen aus?
Er sagt Dinge wie: "Der Spitzensteuersatz muss rauf, sonst werden die
Reichen nie genug für die Gesellschaft tun." Oder: "Der Staat muss
endlich haushalten anstatt der Finanzwelt und der Großindustrie
Milliarden in den Hintern zu blasen." Oder: "Ich habe keine
Mitarbeiter, sondern Mitunternehmer." Oder: "Nicht die Zahlen stehen
im Mittelpunkt, sondern die Menschen."
Ernst Prost, gelernter Kfz-Techniker und vielfacher Millionär, macht
Werbung mit seinen Ansichten. So mancher, der unsere Gesellschaft
ohnehin im Generalverdacht des überbordenden Kapitalismus hält, sieht
in ihm beinahe einen Propheten.
Erfolgreiche Entwicklung
Wenn etwas so verheißungsvoll klingt, lohnt es sich, näher
hinzublicken. Im Fall von Prost entdeckt man einen Mann aus einfachen
Verhältnissen, der sein Berufsleben im Wesentlichen bei zwei
Unternehmen zugebracht hat: Zuerst "12 Jahre, 3 Tage und eine halbe
Stunde" bei Sonax, wie er erzählt. Dann wechselte Prost zur Ulmer
Schmierstoff-und Chemiefirma Liqui Moly. Dort begann er 1990 als
Vertriebschef, 8 Jahre später übernahm er von der Gründerfamilie auch
die letzten Firmenanteile.
Im Vorjahr gelang Liqui Moly eine Umsatzsteigerung um 24 Prozent auf
knapp 290 Millionen Euro. Davon entfielen 40 Prozent auf Exporte in
mehr als 90 Länder, knapp 5,8 Millionen wurden in Österreich
erwirtschaftet. "Österreich ist einer unserer strategischen
Zielmärkte", sagt Prost: "Hier wollen wir als nächstes die Nummer 1
werden." In Deutschland sei es im Vorjahr erstmals gelungen, den
internationalen Konkurrenten die Marktführerschaft imSchmierstoff-Ersatzbereich abzunehmen.
Kritische Töne
"Ich habe im Grunde nur geschaut, was die Konzerne falsch machen, und
mache es richtig", sagt Trost. Die globalen Multis scheinen generell
seinen Zorn auf sich gezogen zu haben: Als "Zeichen gegen
Verantwortungslosigkeit und Umweltzerstörung" rief er zum Boykott von
BP auf und verbot seinen Firmenfahrern, bei Aral zu tanken.
Auf einem anderen Blatt steht, dass Liqui Moly seine Grundstoffe von
ebensolchen Rohstoffförderern zukaufen muss. Dem Vernehmen nach sind
es zum Beispiel russische Firmen, die sich mit der Mineralölförderung
die Hände schmutzig machen. "Die Ölbranche ist kein Naturschutzbund",
antwortet Prost, wenn man ihn damit konfrontiert.
Auch in Sachen "Mitunternehmer" gibt es kritische Stimmen -vor
einiger Zeit etwa rund um den langjährigen Betriebratschef und einen
von Arbeitnehmerseite gewünschten "Wirtschaftsausschuss". Der wurde
abgelehnt, überhaupt fühlt sich Prost von der Gewerkschaft
missverstanden.
Bemerkenswerte Stiftung
Wer beobachtet, wie zwanglos Prost beim Rundgang mit seinen
"Mitunternehmern" plaudert, hat dennoch nicht den Eindruck, dass der
vollmundig formulierende Menschenfreund in Wahrheit ein Tyrann ist.
Betriebsbedingte Kündigungen gab es bislang überhaupt noch nie,
stattdessen ist der Personalstand 2010 um 38 auf rund 500
Beschäftigte gestiegen. Und dann ist da noch die bemerkenswerte
"Ernst-Prost-Stiftung", die Prost soeben mit einem Stammkapital von
500.000 Euro ausgestattet hat, um Familien mit behinderten Kindern
und anderen Bedürftigen zu helfen.
Prost glaubt offensichtlich an die Dinge, die seine Presseabteilung
in die Welt hinausträgt. Vielleicht vergisst er nur ab und zu, dass
die Sachzwänge des Wirtschaftslebens vor seinem Unternehmen nicht
haltmachen. Und dass er als Schlossbesitzer und Luxusautofahrer
selbst zu jener Schicht gehört, der er rhetorisch so gerne rote Ohren
verpasst.