Als Berater für Automobilhändler war ich in den letzten Wochen wieder sehr viel unterwegs. Viele der besuchten Händler haben mich auf Themen angesprochen, die sie derzeit besonders beschäftigen.
Ein Thema hat sich dabei wie ein roter Faden durch die Gespräche gezogen:
Über die letzten 2 Jahre gab es bei Neuwagen teils massive Preissteigerungen bei gleichzeitigen Margenkürzungen über neue Händlerverträge oder Modellneueinführungen.
Eine Margenreduktion ist grundsätzlich kein Problem, solange der Händler die Nachlässe entsprechend reduzieren und trotzdem noch gewinnbringend verkaufen kann. So weit, so gut!
Natürlich gibt es bei fast jedem Hersteller Modelle, die sich auch nach den Preiserhöhungen mit geringeren Nachlässen verkaufen lassen, aber bei kaum einem Hersteller funktioniert das über alle Modelle.
Da wurden bei Kaufinteressenten offenbar Grenzen überschritten. Sie müssen nun für einen – zu ihrem letzten Neukauf vergleichbaren – Neuwagen 5.000 – 10.000,- Euro mehr ausgeben. Die Folgen: Schwächelnder Absatz und eine enger werdende Kosten-Ertrag-Schere beim Händler.
Diese enger werdende Schere wird bei einigen Händlern schon in absehbarer Zeit dazu führen, dass sie freiwillig oder unfreiwillig aus dem Business aussteigen.
Wie eng es werden kann, sieht man an einem bisher sehr erfolgreichen Händler: Er hat mir vertraulich erzählt, dass er mit einem EBIT von 1,8 Prozent zu den besseren Händlern seiner Marke zählt. 2024 hat er seine NW- Ziele knapp erreicht und im GW-Bereich Geld verdient.
Aber selbst, wenn er die guten Ergebnisse des NW-und GW-Bereiches auf diesem hohen Niveau halten kann, führt die Kürzung seiner Marge dazu, dass sein EBIT 2025 gegen null gehen wird.
Es bleiben leider nicht mehr viele Schrauben, an denen wir drehen können. Da reden wir mittlerweile über Energieverträge, Einschaltzeiten der Beleuchtung, Raumtemperaturen, Deaktivierung der Klimatisierung im Sommer, Risikopooling über Versicherungskündigungen, Aftermarket-Teile auch für jüngere GW, etc. Und wenn das alles nicht reicht, leider auch über Personalkosten.
Das Gebrauchtwagengeschäft im markengebundenen Handel läuft „nach Corona“ gefühlt – es gibt leider keine belastbaren Zahlen für Österreich – wieder bei mehr als 50 Prozent mit einem negativen EBIT. Viele merken es leider erst, wenn wir in der Beratung die Verkaufskostenstelle in NW und GW aufteilen.
Klingt zynisch, ist es aber wirklich nicht: Bei diesen Händlern gibt es wenigstens ein noch einigermaßen einfach zu hebendes Potenzial für Ergebnisverbesserungen über die GW-Prozesse.
Ich arbeite mit meinen Kunden intensiv an allen Stellschrauben bis hin zu Argumentationsketten für verringerte NW-Nachlässe. Noch habe ich nicht das Gefühl, dass alle Margenreduktionen an die Kunden weitergegeben werden können. Das gibt der Markt noch nicht her.
Einige Hersteller haben das erkannt und unterstützen mich bzw. die Händler mit Ausbildungsmaßnahmen, GW-Prozess-Coachings und auch NW-Verkaufsaktionen. Die ersten Erfolge zeichnen sich ab. Andere warten noch und hoffen, dass sich der Markt dreht, bevor sie ihre Händler (an neue Marktteilnehmer!) verlieren. Bitte warten Sie nicht zu lange, denn die Schere geht zu!
Horst Pohl ist mit HP Autohausconsulting Unternehmensberater mit Schwerpunkt Automobilbranche.
Der A&W-Verlag bildet ein breites Meinungsspektrum ab. Kommentare müssen nicht der Meinung des Verlages entsprechen.