Wenn man sich – so wie wir Fachjournalisten – sehr intensiv mit den wichtigsten Themen der Branche beschäftigt, ist man manchmal überrascht, wie viel „Unschärfen“ in den öffentlichen Diskurs getragen werden. Das soll nicht überheblich wirken, es liegt in der Natur der Sache, dass wir sehr tief in der Materie sind. Umgekehrt haben wir ja in anderen Branchen eher wenig Ahnung.

Dabei muss man anerkennen, dass sich zuletzt auch Tageszeitungen, Magazine und Fernsehen sehr intensiv und aus unserer Sicht meist korrekt mit dem vieldiskutierten „Verbrenner-Aus“ auseinandergesetzt haben. Dennoch an dieser Stelle der Versuch, die wesentlichen Punkte zusammenzutragen, hinsichtlich der Situation beim Pkw (bei anderen Fahr-, Flug- und Schwimmzeugen sieht es natürlich anders aus).

Es gibt kein Verbrenner-Aus

Es gibt kein Verbrenner-Aus (und damit kein Aus vom Verbrenner-Aus). Die EU hat – mit Österreichs Zustimmung – einen Fahrplan zur CO2-Reduktion bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen beschlossen, der zuerst eine etappenweise Reduktion der Treibhausgas-Emissionen (2025 und 2030) bis zum Null-Emissions-Ziel im Jahr 2035 vorsieht. Demnach dürfen neu zugelassene Fahrzeuge ab 2035 lokal kein CO2 mehr ausstoßen, was die Verwendung/Verbrennung von Benzin bzw. Diesel verbietet. Neben batterieelektrischen Fahrzeugen ist auch die Verwendung von Wasserstoff (im Verbrennungsmotor oder in der Brennstoffzelle) oder E-Fuels möglich. Die Details zur Verwendung von E-Fuels sowie zu deren CO2-Neutralität sind allerdings noch nicht final verabschiedet (und Teil intensiver Diskussionen).

Der Weg ist das Ziel

Die Herausforderungen für die Automobilindustrie sind also zuerst einmal die Ziele 2025 (minus 15% bei den Flottenemissionen) und 2030 (minus 55%). Auf dem Weg dorthin ist ein entsprechender Anteil rein batterieelektrischer und hybrider Fahrzeuge unerlässlich. Denn grüner Wasserstoff ist ebenso wenig verfügbar wie E-Fuels. Bio-Kraftstoffe sind sinnvoll und hilfreich, in ihrer Verfügbarkeit aber begrenzt bzw. in ihrem Einsatz gedeckelt. 

Grüner Verbrenner oder...

Verbrenner werden also nicht verboten, sondern nur die Verwendung von Benzin und Diesel. Dennoch gibt es zwei Ansätze, wenn derzeit politisch vom „Aus vom Verbrenner-Aus“ gesprochen wird: Entweder man möchte den Betrieb von Verbrenner-Motoren mit alternativen und CO2-neutralen Kraftstoffen, also den „grünen Verbrenner“, forcieren,....

....weiter Benzin und Diesel verbrennen

Oder man lässt Benzin und Diesel weiterhin zu, setzt damit aber die Klimaziele aufs Spiel. Das klingt für manche verlockend, ist aber nicht einfach in der Umsetzung. 

Völkerrechtliche Vereinbarung

Denn: Die Flottenziele und das Null-THG-Ziel für 2035 sind Teil des Green Deal der EU und der wiederum basiert auf den Zielen des Pariser Klimaabkommens. Hierzu hat sich die Weltgemeinschaft völkerrechtlich verpflichtet. Die EU-Gesetze dafür sind zu einem großen Teil bereits beschlossen bzw. auf dem Weg.

Nicht-Erreichung der Kimaziele

Verfehlen wir die Klimaziele, drohen Strafzahlungen oder drastische Maßnahmen und Einschränkungen. So hat der deutsche Verkehrsminister jüngst mit Fahrverboten gedroht (wenn nicht die Einsparungen in anderen Sektoren gegen gerechnet werden). Irgendwann wird es halt nur mehr schwer möglich sein, gegen zu rechnen.

Der Bestand darf weiterfahren

Wichtig: Es gibt – nach aktueller Planung – kein Verbot von Bestandsfahrzeugen NACH 2035, egal wie sie angetrieben werden. Alle vor 2035 zugelassenen Modelle, die Benzin oder Diesel brauchen, können – nach derzeitiger Gesetzgebung – bis ans Lebensende des Fahrzeuges verwendet werden.

E-Fuels: kaum verfügbar und teuer

Derzeit gibt es so gut wie keine E-Fuels für die Verwendung im "grünen Verbrenner". Dabei würde es gigantische Mengen brauchen. Der Ersatz des Inputs der Raffinerie Schwechat mit eMethanol (zur Erzeugung von E-Fuels) würde 20.000 moderne Windkraftanlagen brauchen (in Chile immerhin noch 10.000).
Die geplanten Anlagen warten auf Investoren, die aufgrund der Unsicherheiten bei Regulatorien und Amortisation offenbar nur schwer zu finden sind. Dazu kommt, dass die notwendige Verwendung von CO2 aus der Umgebungsluft, das sogenannte Direct Air Capture, großindustriell noch schwer darstellbar und vor allem sehr teuer ist. E-Fuels werden in der Herstellung immer deutlich teurer sein als fossile Treibstoffe. Das hat Karl Dums, der das E-Fuels-Projekt bei Porsche AG leitet, beim Wiener Motorensymposium erklärt. Es sei denn, man rechnet die Klimafolgekosten bei den fossilen Treibstoffen dazu (und macht diese mit CO2-Bepreisung deutlich teurer). 

E-Fuels verbrennen nicht sauber

Synthetische Kraftstoffe sind zwar bei entsprechender Produktion CO2-neutral, sie emittieren bei der Verbrennung aber natürlich weiterhin NOx, CO, Ammoniak und Feinstaub.

Wasserstoff: knapp und teuer

Mit erneuerbarer Energie hergestellter, grüner Wasserstoff wird über viele Jahre sehr knapp und damit teuer sein. Sehr viele Branchen werden Wasserstoff brauchen, das reicht von der Industrie über die Landwirtschaft bis zur Mobilität. Wasserstoff-Pkw sind fertig entwickelt und werden seit vielen Jahren angeboten, aber nicht relevant verkauft. Der Aufbau eines Wasserstoff-Tankstellen-Netzes wird für Lkw nun vorgeschrieben, für den Pkw wird es derzeit eher reduziert.

E-Fahren wird günstiger, Verbrenner-Fahren teurer

Elektromobilität wird günstiger. Einerseits in der Anschaffung der Fahrzeuge, aber auch bei den laufenden Kosten. Mit der stark wachsenden Photovoltaik (sowohl im privaten wie auch im Firmen-Bereich), mit dynamischen Strom-Tarifen und in weiterer Folge mit bidirektionalem Laden werden die Stromkosten insgesamt günstiger (wenn auch punktuell teurer).

Die von ÖAMTC und Economica umgesetzte Studie (2023) zum Einsatz von E-Fuels zeigt einen deutlichen Anstieg der Treibstoff-Preise. Ab 2027 wird der Zertifikathandel auf den Verkehr ausgeweitet. Es gelten dann keine  nationalen CO2-Bepreisungen, sondern eine EU-weite Lösung. Langfristig wird also die Nutzung des Verbrennungsmotors – für die Besitzer von älteren Fahrzeugen – zum sozialen Problem.

Die Zukunft ist batterieelektrisch

„Batterieelektrische Mobilität wird sich langfristig in allen großen Weltregionen durchsetzen, wenn auch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten“, stellte Michael Steiner, Leiter Konzern Forschung und Entwicklung bei Volkswagen, zum Abschluss des Wiener Motorensymposium klar. Helmut List von AVL List ebenda: „In vielen Bereichen der Mobilität, das gilt insbesondere für Pkw, ist der batterieelektrische Antrieb sehr eindeutig und deutlich gesetzt.“ Selbst für Karl Rose, ehemaliger Chefstratege von ADNOC (Abu Dhabi National Oil Company) steht fest, dass es 2050 praktisch nur mehr BEV geben wird, zumindest bei den Pkw.

Autoindustrie unter Druck

Die Transformation zur Elektromobilität wird in der europäischen Automobil- und Zulieferindustrie Arbeitsplätze kosten. Aber sie wird auch neue Jobs bringen, sofern es auch Unterstützung durch die Politk gibt: Forschung & Entwicklung, Energiekosten- und Lohnnebenkosten-Senkung, Subventionen in grüne Technologie,.....

Ein Festhalten an der auslaufenden Technologie „Verbrennungsmotor“ wird nur Arbeitsplätze kosten und keine neuen bringen. Leider gibt es schon erste Auswirkungen in der aktuellen Unsicherheit, zahlreiche Projekte (Batteriefabriken, neue Plattformen, usw.) sollen nun verschoben oder nicht gebaut werden. Das freut China und die USA!

Fazit

Das Auto der (nahen) Zukunft ist batterie-elektrisch, extrem vernetzt, immer stärker autonom, software defined und lässt sich – mittels Gigacasting – auf vergleichsweise einfachen E-Auto-Plattformen kostengünstig produzieren (und rasch verändern). Unabhängig von den wichtigen Klimazielen: Europa muss sich entscheiden, ob man noch ein paar Jahre alte Technik bauen und dann diese Industrie verlassen will oder ob man alles daran setzt, auch bei den Zukunftstechnologien dabei zu sein.

Der A&W-Verlag bildet ein breites Meinungsspektrum ab. Kommentare müssen nicht der Meinung des Verlages entsprechen.