Die Sprache der Lieferanten ist weiterhin monoton: Im Verkauf ist
alles okay! Dabei werfen die Strukturveränderungen im
Reifen(groß)handel einen brutalen Konzentrationsprozess auf. Derweil
tauscht die Industrie dem Reifenhandel unverkaufte Sommer-gegen
Winterware.
Betrachtet man das Fighten der Messemacher, sind die Reifen und das
ganze Drumherum reinster Quell der Freude. Moneymaker wo man
hinschaut. Fragt sich nur für wen?
Die Kölner markieren dank nahezu vollzähliger Anbieterprominenz ihre
erste Reifenmesse als "Messe mit Visionen" und die Frankfurter
Messemacher versuchen im September ihr Glück mithilfe der Reste aus
der "Reifen" in Essen auf der Automechanika.
Wer seine Affinitäten wie auch immer zum Ausdruck bringt, zwei
Fachmessen (im Mai und im September) zu bedienen, den erinnern wir an
die Entwicklung des Ganzjahresreifens. Unaufhaltsam bahnt er sich den
Weg durch das bislang alpin orientierte Sommer-und
Winterreifenbusiness. Über kurz oder lang wird es nur einen Gewinner
geben können.
So betrachtet, geben kühle Rechner der Werkstattausrüstermesse
Automechanika die größeren Überlebenschancen, eine Leitmesse für
Reifen und Räder abzuwickeln.
Digitalisierung ist nicht alles
Sieht man von der Digitalisierung einmal ab, fehlen wirkliche den
Markt stimulierende Innovationen. Außerdem ist die politische Zukunft
der Automobilität (Abgasthematik) ungeklärt, was dem Markt weiter
deutliche Absatzgrenzen aufzeigt. Der Reifenersatzbedarf ist
dimensional ausgereizt und die Erstausrüstungsindustrie wird über
kurz oder lang über den gechipten Reifen nicht hinwegkommen und
öffnet damit der Industrie Tür und Tor, auch dieses Geschäftsfeld in
ihren Einflussbereich zu bringen.
Dieser Gedanke in den vielen Diskussionen mit den
Reifen(geschäfte)machern ist gar nicht so abwegig, bedenkt man das
erwachte Interesse von Private Equities, ihr Risikokapital in den
Aufkauf von Reifengroßhändlern samt ihren Einzelhandelsfilialen zu
stecken. Da wird schnelles Geld gemacht und mit
Fortschritt der Verfinsterung der Konjunktur (wer an reales Wachstum
in unserer momentanen europäischen Wirtschaftsverfassung glaubt, darf
getrost als Phantast bezeichnet werden) wird sich die Industrie die
Butter nicht vom Brot nehmen lassen. Dazu, zum wiederholten Mal, wird
der Ganzjahresreifen das Geschäftsmodell des klassischen
Reifenhandels in den Erträgen stark ramponieren. Gemeinsammit den
Online-Vertrieben trübt sich der Gestaltungsraum zum wirtschaftlichen
Erfolg weiter ein. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Da nutzt kein Sudern (umgangssprachlich für jammern), jeder im
Reifengeschäft ist auf sich gestellt: Anbieter, Groß- und
Einzelhandel müssen ihren Erfolgsweg im richtigen lokalen Produktmix
(nachgefragte Zollgrößen) finden. Die Betriebskosten lassen sich
nicht mehr viel weiter nach unten drücken als die Produktpreise. Die
werden vomWettbewerb bestimmt, und der kennt keine Grenzen.
Der klassische Reifenhandel balanciert auf maximal 4 bis 5 Prozent
Marge, also existenziell auf des Messers Schneide. Und die
Winterreifenpreise zeigen tendenziell stur weiter nach unten. Selbst
Marktführer mit ihren Spitzenprodukten bedienen sich weiter der
Preisschlacht, angefeuert vom unaufhörlich wachsenden Angebot aus
Asien und vom Ganzjahresreifen, der auch im Alpenland Österreich in
den Ballungsräumen - dynamisiert von den Erstausrüstern und
Flottenanbietern - sich bereits auszubreiten beginnt. Das geht laut
Marktmachern heuer auf geschätzte 3 Prozent Minus bei Winterreifen,
was vom Ganzjahresreifen nicht aufgefangen werden kann.
Winterreifen für Sommerräder eingetauscht
Auch wenn es die Industrie nicht offen zugibt, langjährige
Absatzpartner dürfen ihre nicht vermarkteten Sommerreifen den
Lieferanten zurückgeben, um mit neu geschaffener Liquidität deren
Winterware einzulagern. Das wiederum stimuliert das Geschäft von
Tradern, die derartigen Warenüberfluss in Kanäle leiten, die den
unmittelbar davon betroffenen Heimmarkt nicht stören. Dass dieses
Metier auch ausländische Handelskräfte bestens zu nutzen verstehen,
macht den Reifenhändlern den Job nicht leichter.
Folglich reagieren die meisten Reifenhändler (wie auch immer
konstelliert) mit geringerem Einlagerungsbedarf, zumal das Angebot in
allen Dimensionen und Preislagen mehr als ausreichend ist.
Umverteilung kein Wachstum
Die aus heimischer Sicht jüngsten Großpleiten von Bruckmüller und
Forstinger werden zwar zu Umverteilungen führen, jedoch den
Volumenverlust nicht ausgleichen können.
Dennoch streben immer neue Kräfte in den stagnierenden Reifenmarkt,
die aber für ihre Absatzinteressen keine zwei Messen brauchen. Wer
den heimischen Markt kennenlernen will, dem steht im Jänner 2019 die
Salzburger AutoZum zur Verfügung. (LUS)