In der Diskussion um das E-Auto herrscht eine heillose Sprachverwirrung, weil unter den Begriff alle möglichen Zwischenschritte zu dem Ziel ebenso wie das Endergebnis selbst fallen. Letzteres wird erst mit einem Fahrzeug erreicht, das mithilfe einer leistungsstarken Batterie und einer entsprechenden Elektrifizierung des gesamten Antriebsstrangs ausschließlich mit regenerativer Energie angetriebenwird.

Technische versus finanzielle Machbarkeit

Alle in Graz als Referenten vertretenen Experten aus den Bereichen Autoindustrie, Entwicklung, Zulieferer und Energieversorger waren sich darüber einig, dass vor dem Hintergrund der Rohstoff-und der Klimakrise emissionsfreie Antrieben weiterhin angestrebt werden müssen, aber vor allem aus Kostengründen erst frühestens nach dem Jahr 2020 in relevanter Zahl in den Zulassungsergebnissen aufscheinen werden. Das beruht in erste Linie darauf, dass die Speicherungstechnik nach wie vor hinter den Anforderungen der Autoindustrie herhinkt. Allerdings sind in letzter Zeit deutliche Fortschritte in puncto Speichervolumen und Preisstellung erkennbar. Referenten wie Wolfgang Steiger, Leiter Zukunftstechnologien im VW-Konzern, oder Günter Fraidl, Leiter Ottomotoren von AVL List, hoben hervor, dass das technisch und finanziell Machbare im Autobau derzeit immer weiter auseinander klaffen. Daher müsse des Einsatz verfüg-und nutzbarer Technologien der Intention entsprechen, dass der finanzielle den technischen Nutzen nach Möglichkeit übertrifft.

Einzigartige Vorteile vorstellen

Die Auftritte von Technikern aus nahezu allen relevanten Autokonzernen machten deutlich, dass alle Marken sich intensiv mit der Elektrifizierung der Fahrzeuge als Vorleistung für den Eintritt ins Zeitalter des Elektroautos befassen. Durch die Bank wurde allerdings darauf hingewiesen, dass zumindest mittelfristig die Pluralität der Antriebstechniken weiter zunimmt. Neben stop-and-go als Einstiegsdroge in die Elektrifizierung, die mit Micro, Milde und Full Hybrid weitergeführt wird, rechnen die Experten mit relevanten Marktanteilen für dem Erdgasantrieb, die zweite Generation von Bio-Kraftstoffen und vor allem für optimierte Otto-und Dieselmotoren.

Helene Karmasin machte der Grazer Herrenrunde deutlich, dass es der Autoindustrie bisher nicht gelungen sei, das Elektroauto, das schon vom Namen her wenig attraktiv klingt, emotional aufzuladen. Die Markt-und Motivforscherin unterstrich, dass sachliche Argumente allein bis auf Weiteres kein ausschlaggebendes Kaufargument für Fahrzeuge darstellen würden. Ein atemberaubendes Design der E-Autos und die Artikulation einzigartiger Vorteile (wie die überlegene Beschleunigung) seien erforderlich, um den bisher erweckten Eindruck, es handle sich um leise, langsame und mühsame Fahrzeuge, wettzumachen.

Mehr Rationalität beim Autokauf?

Viele Redner waren sich allerdings einig, dass rationale Argumente beim Autokauf immer stärker ins Gewicht fallen und die Emotionalität alt aussehen lassen. Vor allem angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise wird verstärkt auf verbrauchsarme Motoren, aber auch auf Umweltaspekte geachtet.

Bei der Gelegenheit wurde vorgerechnet, dass die Hälfte aller derzeit in Europa zurückgelegten Fahrstrecken, die 30-Kilometer-Grenze nicht überschreiten. Für eine Reichweite von 50 Kilometern seien schon jetzt erschwingliche Elektroautos verfügbar. Ihr Einsatz wird vor allem vor folgendem Hintergrund für unverzichtbar gehalten: Bis zum Jahr 2050 werden bereits rund 80 Prozent der Weltbevölkerung in Megacitys leben. In den Zentren derartiger Ballungsräume wird es individuelle Personen-und Warentransporte nur auf der Basis erneuerbarer Energie oder gar nicht geben, wie das explosionsartige Wachstumsschübe für E-Roller in Chinas Großstädten schon heute avisieren.

In anderen Sphären

Für österreichische Ohren hörten sich manche in Graz vorgebrachte Argumente insofern fremd an, als von Rahmenbedingungen die Rede war, die zwar die Weltgesellschaft betreffen, für die Alpenrepublik aber nicht einmal eine Zukunftsmusik darstellen wie etwa die absolute Trennung sämtlicher Verkehrsströme.

Eine klare Absage wurde in Graz jenen Autokäufern erteilt, die nach Umfragen in Deutschland vorläufig auf den Kauf eines Neuwagens verzichten, weil sie damit rechnen, dass die Markteinführung von E-Autos unmittelbar bevorsteht. Allerdings bemüht die Industrie sich, mit Zwischenlösungen auf diesen Zug aufzuspringen. Selbst die deutschenHersteller haben schon begonnen, mit dem E-Pfund zu wuchern - und bieten Lösungen an, die einen Touch von Elektroauto haben.