Die Reifenbranche kann davon aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre ein Lied singen.

Nachdem aus Angst vor der Krise in der Erstausrüstung wegen des Einbruchs der Neuwagenzulassungen in den USA 2009 das Gros der Reifenhersteller die Kapazitäten massiv zurückgefahren hatte, herrschte vorübergehend aufgrund der Winterreifenpflicht in Deutschland plötzlich Ebbe in der Belieferung des Ersatzmarktes.

Mittlerweile hat sich das Rad weiter gedreht, und die Branche klagt plötzlich über überfüllte Lager. Gehofft wird auf ein formidables Wintergeschäft. Einzelne Optimisten verweisen darauf, dass die (zahllosen) den Sommer über gefahrenen Winterreifen im Herbst so abgenützt sein werden, dass sie den Sicherheitsanforderungen nicht mehr entsprechen. Was diese Erwartung betrifft, passt die Phrase, die Hoffnung stirbt zuletzt.

In Essen hat die Reifenbranche sich alsäußerst solide und in vielen Bereichen global tätiger Wirtschaftszweig präsentiert. An Glanz und Gloria ließ es kein Hersteller fehlen. Dennoch fiel neuerlich auf, dass die Alleinstellung der Konzerne aus den ehemaligen Wirtschaftszentren der Welt (Europa, USA und Japan) langsam, aber sicher der Vergangenheit angehört. Zu klar ist erkennbar, dass die Konkurrenz vor allem aus dem Fernen Osten (China und Südkorea) teilweise unter der Nutzung von Forschungs-und Entwicklungszentren ebenso wie von Produktionsstätten in Europa ständig zunimmt und sich in den entscheidenden Benchmarks nichtmehr verstecken muss.

Weitgehend offen ist vorläufig die Antwort auf die Frage, was das Reifenlabeling im Endkundengeschäft bedeuten und bringen wird. Interessant erscheint eine Applikation, mit der der Spareffekt von verbrauchsoptimierten Reifen sich in vorläufig trotz allem immer noch harten Euros berechnen lässt. Damit bekommt der Fachhandel gute Argumente in die Hand, um den Kunden höherwertige Produkte nicht nur unter dem Sicherheits- oder Imageaspekt, sondern auch aus ökonomischen und ökologischen Gründen nahezubringen.

Allerdings ist die Intensivbetreuung von Kunden im Stoßgeschäft des Reifenwechsels eine extrem schwierige Angelegenheit. Wenn die Hütte voller Leute ist, haben weder die Beschäftigten noch die Endverbraucher große Lust, sich auf ein intensiveres Fachgespräch einzulassen. Dennoch gilt es, diese zugegebenermaßen schwierige Klippe zu umschiffen. Denn auf die Dauer werden nur diejenigen Betriebe reüssieren, denen es gelingt, echtes Kundenvertrauen aufzubauen. Und das ist halt nur möglich, wenn die Kunden nicht sich selbst überlassen, sondern offensiv angesprochen werden.

Freilich gibt es bestimmte Reserven: Der Reifenwechsel ist häufig mit Wartezeiten für die Kunden verbunden.

Wenn es gelingt, die Wartebereiche mit "Tools" auszustatten, die vorwiegend mit der Informationüber die Feinheiten von Reifen und Rädern samt ihrer Kombination ausgestattet sind (etwa Reifen-Räder-Konfigurator, Energiespar-Apps usw.), müsste es mit dem Teufel zugehen, wenn es den Leitbetrieben der Branche nicht gelingt, neue Standards in der Vermittlung von Reifenund Räder-Knowhow an dieEndverbraucher zu setzen.

Seit Langem heißt es, dass der Ernst der Lage immer mehr zunimmt. Dieser blöden Phrase gilt es, die Stirn zu bieten - mit Mut und Einfallsreichtum!