Als einstiger Banker war ich jahrzehntelangüberzeugt, dass
besicherte Wertpapiere ein sicherer Hafen für Erspartes sind. Diese
Zeit ist vorbei, wie der Zusammenbruch des Marktes für verbriefte
Hypothekenkredite (MBS) gezeigt hat.
Jahrelang haben US-Bankiers um
hunderte Milliarden hypothekenbesicherte Wertpapiere produziert, ohne
sich um deren wahren Gegenwert zu kümmern. Als "Collateralized Debt
Obligations" (CDO) wurden sie an ahnungs-oder skrupellose europäische
Banken verkauft, um so die mangelnden Ersparnisse der Amerikaner
auszugleichen.
Kein Wunder, dass unter diesen Umständen zahlreiche europäische
Banken unter massiven Abschreibungen für diese "giftigen" Wertpapiere
leiden. Bis zum Jahresende 2010 wurden nach den Schätzungen des
Internationalen Währungsfonds damit über 50 Prozent des Eigenkapitals
des westeuropäischen Bankensystems - rund 1.600 Milliarden Dollar
-vernichtet. Europas Aderlass hat damit indirekt die Ausgaben für die
Militäreinsätze im Irak (750 Milliarden) und in Afghanistan (300
Milliarden) finanziert.
Die Amerikaner waschen ihre Hände in Unschuld: Wir hätten wissen
müssen, wie riskant diese "Wertpapiere" waren, als wir sie bei den
amerikanischen Geldhändlern gekauft haben. Dass diese mit den besten
Bewertungen amerikanischer Ratingagenturen versehen waren, zeigt
eindrucksvoll, wie die nach Profiten und Bonifikationen gierenden
Bankster aufs Kreuz gelegt wurden. So erhielten 70 Prozent dieser CDO
AAA-Bewertungen, obwohl sie auf MBS-Papieren fußten, die bei
richtiger Risikoabschätzung gerade mal ein B+ verdient hatten. Damit
wären sie allerdings unverkäuflich gewesen. Eine Studie des
US-Wirtschaftsforschungsinstitutes NBER nannte die von den Bankstern
vorgenommene Strukturierung der Wertpapiere die Kunst, aus Blei Gold
zu machen. Die oft geschmähten Autohändler können von diesen
"Vorbildern" noch einiges lernen.
Noch 2008 tönte Ben Bernanke, der Chef der US-Notenbank, dass die
ganze Welt diese Wertpapiere kauft, weil sie sich auf die
US-Wertpapieraufsicht als Finanz-TÜV verlassen kann. Allein in diesem
Jahr gelang es den USA, ein Nettokapital von 808 Milliarden Dollar
ins Land zu locken. Als diese Blase dann platzte, standen zahlreiche
europäischen Banken am Rand der Pleite und verkündeten als reuige
Sünder, kein Geld mehr zu haben, um ihre europäischen Kunden mit den
erforderlichen Krediten versorgen zu können. Der Staat müsse diese
Liquiditätslücken füllen: mit billigen Krediten der nationalen
Notenbanken, mit Staatsanleihen und Garantien, die teilweise weit
über die eigene Finanzkraft hinausgingen.
Mit diesen von den Steuerzahlern aufzubringenden Milliarden zur
Rettung nationaler Banken kamen brustschwache Staatshaushalte ins
Trudeln. Die Staatsanleihen ließen sich -siehe Griechenland und
Irland - nur noch mit gewaltigen Aufschlägen an den Mann bringen,
worauf Europas Oberbanker beschlossen, sie mit EU-Garantien zu
versehen. Zur Freude der Bankster: Sie verwendeten das von den
Staaten billig zur Verfügung gestellte Geld nicht für
Unternehmenskredite, sondern (wie ehedem beim Kauf der CDO) neuerlich
für Wertpapiergeschäfte - zum Kauf hoch verzinster Staatsanleihen mit
hohem Ausfallsrisiko. Sie lukrieren hohe Zinsen, um gleichzeitig nach
einer EU-Ausfallsgarantie zu rufen und ihr Risiko - wie schon zuvor
in den USA - den nationalen Steuerzahlern umzuhängen.
Wie schon in Griechenland wurden beim Irland-Rettungsschirm von der
EU nicht produktive Betriebe, sondern erneut die Geldhändler
gerettet. Doch es wird Zeit, dass die Bankster gezwungen werden,
wieder ihrem ursprünglichen Geschäft - dem Einsammeln von Geld und
der soliden Kreditvergabe - nachzukommen. Die EU sollte die
Milliarden ihrer Mitglieder nicht zur Rettung der Geldhändler
verwenden, sondern diese Mittel alsFörderungskredite direkt den
produktiven Unternehmen zur Verfügung stellen. Den in den USA
produzierten Finanzschrott kann Europa künftig getrost den
Amerikanern überlassen.