Deutschlands Autoindustrie hat wieder aufgezeigt, dass sich
-abgesehen von der Antriebsquelle und dem Energiespeicher -nichtsändern soll. Viele Sympathien galten daher dem Konzept von Shai
Agassi.
Die Herren Dr. Thomas Weber, Daimler-Entwicklungsvorstand, und Dr.
Bernd Bohr, zuständig bei Bosch für Kfz-Technik, haben bei der
Automobilwoche-Konferenz in München wieder nur aufgezeigt, dass sich
für Deutschlands Autoindustrie nichts ändern soll, von der
Antriebsquelle und dem Energiespeicher einmal abgesehen. Das
hinterließ bei manchem der rund 110 Teilnehmer Zweifel anden
Konzepten der deutschen Autoindustrie. Sie sind Vertreter großer,
statischer Konstrukte, die Pfründesicherung betreiben, am liebsten
mit umfangreicher staatlicher Unterstützung. setzt harte Kritik ein.
Danach wird das Auto der Zukunft ein Kleinwagen sein, der zum Preis
eines gut ausgestatteten Mittelklassewagens verkauft wird, aber nur
eingeschränkt (bis 160 km Reichweite) nutzbar ist. Wer soll davon
überzeugt werden, außer staatlichen Flottenbetreibern?
Aufwendig teure Technik
Die Brückentechnologien heißen dann Hybrid, Plug-in-Hybrid, ergänzt
um die Brennstoffzelle? Das ist aufwendige und teure Technik, deren
Potenziale sich Fachleuten allerdings nur begrenzt erschließen. Der
Mann von Greenpeace, Wolfgang Lohbeck, hatte sein Krawallpotenzial an
der Garderobe abgegeben. Seine Vergleiche von E-Mobilen mit
gleichartigen Verbrennern hinken allerdings etwas, da nicht alles
fair hineingerechnet wurde, monierten anwesende Fachleute. Und die
Dame von RWE, Carolin Reichert, na ja! Gegenüber diesen
kartellerprobten Konzernen machte sich im Auditorium Skepsis (das ist
wie beiden Mineralölkonzernen) breit.
Simple Großzügigkeit
"Wir kaufen die Batterien und den Strom. Wir verkaufen die
Kilometerleistung." Mit dieser simplen Geschäftsidee schuf sich
Better-Place-Schöpfer und CEO Shai Agassi einige Sympathien. Zudem
lockte er die deutsche Fahrzeugindustrie mit dem Angebot, sie bei
einer Kooperation mit "1 Cent pro Meile" an den Erlösen seines
Konzepts zu beteiligen. In Umsetzung tragfähiger Konzepte für die
Elektromobilität sieht sich Better Place nicht als Feind der
etablierten Fahrzeugindustrie.
Der schrittweise Ersatz von Verbrennungsmotoren durch z. B.
Elektroantriebe kommt für Agassi rascher als von den etablierten
Machern vermutet. Der eloquente Israeli geht davon aus, dass der
Boom-Markt China den Ölpreis bald verdoppeln und damit der vermehrte
Einsatz stromgetriebener Fahrzeuge jeder, vor allem seiner,
Amortisationsrechnung standhält.
Verfolgt man die Historie seit Gründung, wurden viele von Agassis
kolportierten Zielen noch nicht erreicht. Es geht ihm immer nur ums
Große und Ganze, um die Rettung der Welt, um die Unabhängigkeit vom
Öl usw. Aber woher die Autos kommen (Händler oder Eigenvertrieb?),
wer diese Autos finanziert (Herstellerbank, freie Bank, Sponsoring
über Better Place), wer sie versichert (besondere Polizzen?), wer sie
repariert (eigenes Servicenetz, Vertragswerkstätten, Automobilclubs,
wer darf an die Akkus?), wie das mit der Mobilität im Falle eines
Liegenbleibens läuft (Automobilclub, Assistancen, Better Place?), wo
diese Art derMobilität letztlich vertrieben wird (im Autohaus, im
Internet, in eigenen Vertriebsshops?), wie die Zweitverwertung der
Fahrzeuge aussieht (Gebrauchtwagenkonzept?), wie die Geschäfte in den
Ländern gestaltet werden sollen (wer betreibt die jeweilige
Landeszentrale, wer die Wechselstationen?), wiedas bei
Grenzübertritt mit dem Roaming funktionieren soll usw.: kein
Sterbenswort davon!
Die in München aufgezeigten gegensätzlichen Konzepte alternativer
Antriebstechniken bedürfen jetzt der Einbeziehung der
Konsumenteninteressen. Ohne die geht nämlich nichts!