Solange ausschließlich die Erstzulassung den Gebrauchtwagenwert bestimmte, galten derartige Manipulationen als Kavaliersdelikt. Bis Ende der 90er-Jahre einige Ukrainer auf die Idee kamen, damit groß ins Geschäft einzusteigen: Sie beauftragten österreichische Partner mit der Gebrauchtwagensuche. Die gefragten Fahrzeuge sollten jedenfalls aktuelle Modelle und aufgrund hoher Kilometer möglichst billig sein. Anschließend wurden die Typenscheine und Servicebücher mit einem jüngeren Baujahr versehen und der Tachostand kräftig nach unten geschraubt. Danach wurden diese "Superangebote" in der Ukraine stark beworben. Die Österreicher besorgten die erforderlichen Einreisepapiere, ihre Partner regelten beim Zoll den unbehinderten Export. Insgesamt wurden so 1.400 Gebrauchte vermarktet.

Höchstgericht spricht

Machtwort Das bescherte einigen der Beteiligten eine Anklage wegen Betruges und der Bildung einer kriminellen Organisation. Das Landesgericht Linz machte kurzen Prozess und sprach -mit einer Ausnahme - die Angeklagten frei. Verurteilt wurde nur jenerÖsterreicher, dem die Verfälschung der Fahrzeugpapiere nachgewiesen werden konnte. Die ebenfalls angeklagte Manipulation der Tachometer schien den Schöffen strafrechtlich ohne Bedeutung.

Die Staatsanwaltschaft erhob -erfolgreich - Nichtigkeitsbeschwerde beim Obersten Gerichtshof (OGH). Die Beschuldigten wurden wegen des Tacho-Betruges verurteilt. Diese rechtliche Beurteilung gilt seither für alle Manipulationen an Zählwerken, sofern sie "mit dem Vorsatz erfolgen, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern".

Ohne Schaden strafbar

Dies mussten zwei trickreiche Techniker erfahren, die sich an Spielautomaten bedient hatten. Im Gegensatz zum Tacho wurde der Zählerstand durch geschickte Manipulation nicht herunter, sondern hinauf gedreht, um vom Wirten entweder mehr Freispiele oder höhere Spielgewinne zu bekommen. Diese "Täuschungshandlungen" sind laut dem OGH "bereits als ausführungsnahe, strafbaren Versuch begründende Handlungen zu beurteilen". Dies unabhängig davon, ob bereits eine "vermögensrechtliche Verpflichtung des Getäuschten" eingetreten ist. Im Klartext: Die Zählwerkmanipulation ist auch ohne Schaden strafbar.

Der einzige Unterschied: Vor Auszahlung eines Spielgewinnes lautet die Anklage nicht auf Betrug, sondern auf Betrugsversuch. "Es wurde damit vorliegend sehr wohl am Messgerät selbst -ähnlich etwa der Veränderung des Tachometerstandes an einem Kraftfahrzeug -manipuliert", begründeten die Höchstrichter die Verurteilung der Automatenbetrüger.

"Unrechtmäßige Bereicherungen"

Es ist daher gleichgültig, ob der Tachometer eine Urkunde ist oder nicht. Beim Zurückdrehen des Tachos ist davon auszugehen, dass jemand getäuscht werden soll: Einem Kaufinteressenten wird ein fetterer Preis herausgelockt. Der Versicherung wird nach einem Unfall ein höherer Zeitwert vorgegaukelt, um zu einer größeren Ablöse zu gelangen. Das sind "unrechtmäßige Bereicherungen", aber ganz sicher kein Kavaliersdelikt.