Als Bundesinnungsmeister Friedrich Nagl klar wurde, dass seine Söhne mit dem Autohandel nichts am Hut haben, musste er sich über die Verwertung seines Unternehmens den Kopf zerbrechen. "Ich hatte das Glück, dass mein Standort in Klosterneuburg dem Johannes Hall in sein Konzept gepasst hat", findet er auch heute noch den Deal mit Beyschlag als Glückstreffer.Die Opel-Vorgaben für seinen in die Jahre gekommenen Betrieb hätten sich zu seinen Lebzeiten nie amortisiert. Hinzu kam, dass die Betriebsliegenschaft kein Eigengrund war, sondern ein Superädifikat des Stiftes Klosterneuburg. Damit konnte sein Unternehmen auch nicht von den in dieser Gegend starksteigenden Grundstückspreisen profitieren. Unter diesen Umständen war ein langfristiger Pachtvertrag die passendste Lösung. Der alte Betrieb wurde von Hall umgehend geschliffen -der neue erfüllte problemlos alle Opel-Standards. Abgelöst wurden lediglich der solide Kundenstock und der Goodwilldes Unternehmens, weshalb der Betrieb in der ersten Zeit auch unter dem Logo "Opel-Nagl" weitergeführt wurde. Vor der Übernahme wurden alle 25 Mitarbeiter komplett abgefertigt. Nagl ist rückblickend froh, dass er den Betrieb "mit einer schönen schwarzen Null" losgeworden ist. Und seither Zeit hat, sich neben seiner Kammerfunktion dem Betrieb seines Neffen und seiner SV-Tätigkeit zu widmen.
Je größer, desto schwieriger
Aus realistischer Sicht kann ein Autohändler derzeit beim Betriebsverkauf kaum mehr als den Immobilienwert realisieren. Je größer das Autohaus, desto weniger Käufer kommen dafür infrage. Das zeigte sich vor einigen Jahren, als das große VW-Autohaus Stipschitz am Südrand von Wien zum Verkauf angeboten wurde. Im Laufe der Jahrzehnte hatten sich im Betriebsvermögen zahlreiche wertvolle Betriebsgrundstücke im Herzen von Maria Enzersdorf angesammelt. Die Porsche-Gruppe hatte als Lieferant in das Unternehmen den besten Einblick. Sie legte ein Anbot über fünf Millionen Euro. Allerdings musste der Deal wegen der marktbeherrschenden Stellung des Käufers zuvor noch das Kartellgericht passieren.
Der Kauf wurde letztlich mit der Begründung abgesegnet, dass für diesen alteingesessenen VW-Platzhirsch kein anderes Offert abgegeben wurde. Aufgrund des Händlervertrages wären dafür natürlich nur VW-Händler -wie etwa Schwandl oder Liewers -infrage gekommen. Die sich hüteten, der Porsche-Gruppe bei diesem Geschäft in die Querezu kommen. Nach der Einschätzung der Stipschitz-Stiftung entsprach dieser Kaufpreis etwa dem "nackten" Quadratmeterpreis der Betriebsgrundstücke.
Eine gute Hand fürs Liegenschaftsgeschäft zeigte die Porsche-Gruppe schon vor Jahrzehnten beim Konkurs des renommierten Autohauses Hinteregger. In seinen besten Zeiten war Senator Anton Hinteregger Ford-Importeur für den Osten Österreichs. Später, als Ford den Import selbst in die Hand genommen hatte, verbliebseinen Nachfolgern am Hietzinger Kai ein für damalige Verhältnisse überdimensionierter Autobetrieb. Als dieser in Konkurs schlitterte, kaufte Ford dem Masseverwalter bloß den Betrieb ab.
Für die Liegenschaft wollten die Amerikaner nicht so viel Geld in die Hand nehmen -sie überließen diese der Porsche Immobilien GmbH. So wurde aus Ford Hinteregger das neue Autohaus Ford Wien West -aber als Porsche-Pächter. Als dieser Pachtvertrag zu Ende ging, machte Porsche kurzen Prozess und setzte den Ford-Vertrieb vor die Tür. Auf dem Schutt der Hintereggers blüht seither neues Porsche-Leben. Und als Ford die Importzentrale nach Wien verlagerte, musste sich diese mit einem wesentlich bescheideneren Standort begnügen.
Aus Autohaus werden Wohnungen
Mit dem Risiko eines Unternehmenskaufs ohne gleichzeitigen Kauf der Liegenschaft ist derzeit MVC konfrontiert. Diese Investorengruppe hatte im Einvernehmen mit den Ford-Granden vor einigen Jahren beschlossen, alle Wiener Ford-Händler unter einem Dach zu vereinen. Dafür kauften sie Diplomkaufmann Herbert Vohryzka sein Autohaus in der Triester Straße ab. Das dafür erforderliche Grundstück hatte er persönlich -rechtzeitig und zu einem moderaten Preis -mit einem langfristigen Leasingvertrag finanziert. Der wurde beim Verkauf von Ford Triester-Straße nicht angetastet: Die MVC übernahm somit durch den Kauf des Autohauses den Ford-Autohandel, Vohryzka bezahlte seine Leasingraten.
Als der Leasingvertrag kürzlich endete, war nicht mehr die Leasingbank, sondern Vohryzka der neue Grundeigentümer. Der war -nachdem er sein Autohaus günstig verkauft hatte -nicht mehr am Autohandel, sondern an der lukrativen Verwertung dieser 12.000 m 2 großen Liegenschaft nahe dem neuen Hauptbahnhof interessiert. Dendafür erforderlichen Kaufpreis hätte die MVC mit dem Ford-Handel nie verdienen können. So werden am derzeitigen Betriebsgelände schon bald neue Wohnsiedlungen entstehen. Und Ford muss sich darauf einstellen, nie mehr wieder an einem so prominenten Standort vertreten zu sein.
Liegenschaften werden von Banken niedriger bewertet
Eines zeigt sich damit klar: Der Wert einer Liegenschaft ist im Verhältnis zu den Ertragsmöglichkeiten im Kfz-Geschäft viel zu hoch. Oder umgekehrt: Die Kfz-Unternehmer verdienen mit dem Autohandel viel zu wenig, um sich solche Autohäuser in guten Lagen leisten zu können. Daher lässt sich ein Autohaus nicht gleichzeitig mit der Betriebsliegenschaft verkaufen.Zumindest nicht zu dem Wert, den das Betriebsgelände bei einer vernünftigen Nutzung - nicht als Autohaus -tatsächlich hat.
Das ist auch der Grund, warum Mercedes für seinen gekündigten Kärnten-Statthalter Dr. Helmut Teissl lange Zeit keinen Nachfolger fand. "Wir sind Gott sei Dank so stark, dass wir nicht verkaufen müssen. Die von Mercedes vorgeschlagenen Interessenten wollten einen Rabatt von 30 Prozent." Zur Erhaltung der Arbeitsplätze war Teissl anfangs sogar zu einem derartigen Abverkauf bereit. Allerdings hätten die Käufer für einen solchen Deal zusätzlich noch Garantien von MBÖ benötigt. "Die Sicherheiten, welche die Banken verlangen, sind gigantisch." Nach Teissls Erfahrungen werden Kfz-Betriebsliegenschaften für das damit verbundeneGeschäftsrisiko von Haus aus mit einem Abschlag von 30 Prozent eingestuft. Überdies werden bei einem derartigen Unternehmenskauf beachtliche Eigenmittel verlangt. Angesichts dieses Kapitalerfordernisses wäre für die "Kaufinteressenten" finanziell nur eine Pacht infrage gekommen.
Teissl wollte jedoch nicht verpachten. "Rückblickend muss ich sagen: Ich hätte das Unternehmen auch mit Händlervertrag nicht verkaufen können", sagt Teissl, der durch die vielen Beschränkungen des Händlervertrages in diesem keine nennenswerte Steigerung des Unternehmenswertes sieht. Die Konsequenzen: Das Unternehmen wurde mit 30. Juni geschlossen; die Immobilien werden scheibchenweise verwertet.
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