Dem Autohandel geht es schlecht: 25 Prozent der Betriebe sind bereitsüberschuldet. Die KMU-Forschung Austria attestiert der Branche trotz gestiegener Umsätze eine weiterhin sinkende Umsatzrendite. Profitiert hat von diesem Trauerspiel bisher nur eine: die Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Denn steigende Umsätze bringen höhere Kammerumlagen. Unabhängig davon,ob oder wie viel einer mit diesen Umsätzen Geld verdient - oder eben nicht. Wenn es nach dem steirischen Autohändler Alexander Laimer geht, darf sich die Kfz-Branche diese exorbitanten Kammerumlagen nicht länger widerspruchslos gefallen lassen.

Schon vor 20 Jahren sind einige Mitglieder gegen die von der WKO kassierte Kammerumlage beim Verfassungsgerichtshof Sturm gelaufen. Vergeblich. Der kam zu dem Urteil, dass es sich dabei um eine "steuerähnliche Abgabe" handelt. Und bei der Gestaltung von Steuern räumt er dem Gesetzgeber eine sehr große Freiheit ein. So hatte er auch gegen die Koppelung der sogenannten "Kammerumlage 1"(KU 1) an die Umsatzsteuer nichts einzuwenden. Wobei sich die Kammer das Inkasso recht einfach gemacht hat: Es wurde per Gesetz einfach dem Finanzamt übertragen. Wer mit seinen Kammerbeiträgen säumig wird, den haben prompt die Finanzer am Kragen.

Da kommt schnell eine hohe Summe zusammen

Bei Laimer waren es 2013 stolze 43.490 Euro, die er für die KU 1 dem Finanzamt abzuliefern hatte. Zusätzlich zur KU 2, deren Höhe von der Lohnsumme- somit von der Zahl der Mitarbeiter -abhängig ist. Und zusätzlich zur Grundumlage: Das ist jener kleine Umlagenbestandteil, der von den Landesgremien ihren Mitgliedern selbst vorgeschrieben wird. Dassind auch die einzigen Finanzen, über welche die gremialen Autohändler selbst verfügen können. Die KU 1 und KU 2 wandern in Töpfe, die sich dem Zugriff und der Kontrolle der zahlenden Händler entziehen.

Laimer hat auch kein Verständnis dafür, dass der Autohandel von der Kammer gleich zweimal zur Kasse gebeten wird. Einmal auf der Großhandelsstufe, noch einmal beim Detailverkauf. Nur die Autohäuser der Importeure sind von dieser zusätzlichen Belastung ausgenommen. Sie brauchen von ihren Umsätzen nichts der Kammer abzuliefern. Eine Regelung, die zwangsläufig zu EU-widrigen Wettbewerbsverzerrungen führt. Die Laimer auch als gleichheitswidrig und damit verfassungswidrig einstuft.

Der steirische Autohändler wandte sich an "seine" Kammer in Graz. Sein Vorschlag: Der Steuersatz der KU 1 soll von derzeit 0,3 Prozent der Vorsteuersumme auf 0,05 Prozent gesenkt werden. Denn durch die geringe Umsatzrentabilität wird sein Gewinn von der Kammer mittels KU 1 mit knapp 4 Prozent besteuert - zusätzlichzu 25 Prozent Kapitalertragssteuer (KESt), die er dem Fiskus abzuliefern hat.

Laimer schlägt daher vor, die Kammer soll sein Unternehmen nicht höher als die importeurseigenen Retailbetriebe belasten. Das würde auch der von der EU-Kommission geforderten Wettbewerbsfreiheit entsprechen. Damit reduziert sich bei ihm die KU 1 um 36.430 Euro auf 7.060 Euro -was aus der Sicht eines unabhängigen Autohändlers "einem akzeptablen Wert entspricht".

Kammerumlagen müssen "verhältnismäßig" sein

Dies entspricht auch durchaus dem Sinn des Wirtschaftskammergesetzes. Dort wurde in§122 festgelegt, dass die Kammerumlagen den Kammermitgliedern "nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme" vorzuschreiben seien. Diese Verhältnismäßigkeit der Höhe der Kammerumlagen ist auch "an der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreisen zu messen". Und diese Differenz ist nach den Erhebungen der KMU Forschung Austria eben so gering, dass bereits 25 Prozent aller Kfz-Betriebe überschuldet sind. Je mehr die Autohändler von ihren Importeuren zu ertraglosen Umsätzen gedrängt werden, desto höher fällt die von diesen Händlern zu zahlende Kammerumlage aus.

Die steirische Kammer hatte für diese den gesamten Autohandel betreffende Problematik - vor allem hinsichtlich der Abgabenhöhe - durchaus Verständnis. Allerdings ist dies auf "die grundlegende Systematik in der Umlagengestaltung" zurückzuführen. Für diese Thematik sei jedoch nicht die Wirtschaftskammer Steiermark zuständig. Weshalb "dieses Anliegen zuständigkeitshalber an die WKÖ übermittelt" wurde.

Präsident Dr. Christoph Leitl hatte für dieses "Anliegen" weniger Verständnis. Zum Antrag auf Herabsetzung der KU-1-Bemessungsgrundlage wurde Laimer mitgeteilt, dass weder der WKSt noch der WKÖ eine Entscheidungsbefugnis zusteht. "Da sich Ihr Fall offensichtlich als nicht branchenspezifische Angelegenheit darstellt", sei der Antrag nach §236 BAO (Bundesabgabenordnung) von jenem Finanzamt zu beurteilen, das bei der Firma Laimer für die Kammer die Umlagen kassiert.

Eine Antwort, die Laimer veranlasste, sich an den Wirtschaftstreuhänder Mag. Gottfried Schellmann zu wenden. Dieser warb einst bei der Nationalratswahl auf der Bundesliste der ÖVP an unwählbarer Stelle um Vorzugsstimmen und setzte sich als Steuerexperte intensiv mit den Kammerfinanzen auseinander. Daher beurteilt er die Kammerumlagen höchst kritisch.

Wie viel Geld geht an die Vorfeldorganisationen?

Aus Schellmanns Sicht ist bei der vom Gesetz geforderten "Verhältnismäßigkeit" von Kammerumlagen sehr wohl auch die Mittelverwendung zu berücksichtigen. Ihn stört, dass die "unabhängigen" Kammern - egal ob rot oder schwarz - wie Vorfeldorganisationen "ihrer" Parteien operieren. Womit die - durchaus nicht freiwillig bezahlten - Kammerumlagen auch der Parteienfinanzierung dienen. Nach seinen Recherchen fließen auf diesem Weg jährlich zwischen 12 und 14 Millionen Euro an den Wirtschaftsbund. Dazu kommt noch die "Parteisteuer", die die Kammerfunktionäre "ihrer" Organisation abzuliefern haben. Beträge, die ebenfalls aus den Kammerumlagen stammen.

Laimer hat jedenfalls nicht vor, sich einfach abwimmeln zu lassen. Schließlich sind es immense Summen, welche die Autohändler ihren Wirtschaftskammern abzuliefern haben. Wenn es aber darum geht, gemeinsame Maßnahmen für die Kfz-Branche zu finanzieren, steht dafür kein Geld zur Verfügung. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Sollte es daher zu keiner Beitragsentlastung kommen, ist sein Weg zum Verfassungsgerichtshof bereits vorprogrammiert. Dem er dann all jene Fakten und Argumente unterbreiten möchte, die vor 20 Jahren überhaupt nicht zur Sprache gelangt sind.

Siehe auch Bundesländer-Umfrage auf den Seiten 44/45!