Autohändler haben es nicht leicht. Sie müssen die Fehler der
Hersteller beim Kunden ausbaden. Ein ausgesprochenes Pech ist es
beispielsweise, einen alles andere als ausgereiften Citroën C5 HDI
100 einem peniblen deutschen Kfz-Sachverständigen zu verkaufen.
France Car wurde Opfer eines derartigen fünfjährigen gerichtlichen
Trauerspiels.
Im März 2002 entschloss sich der Deutsche, bei dem Linzer Händler das
Modell BK8X mit diversen Zusatzausstattungen um wohlfeile 22.353 Euro
(netto und exklusive NoVA) zu kaufen. In diesem Preis war ein
kostenloses Service einschließlich kostenloser Verschleißteile für
die ersten zwei Jahre bereitsinkludiert. 14 Monate später flatterte
France Car eine Klage über 27.353 Euro ins Haus -als Gegenwert für
die "Wandelung und Aufhebung" dieses Kaufvertrages. Neben dem
Kaufpreis wurde eine Pauschale von 1.000 Euro für Unkosten aus
diversen erfolglosen Verbesserungsversuchen und höheren Benzinkosten
durch geringere Motorleistung geltend gemacht. Mit weiteren 4.000
Euro wollte der frustrierte Kunde das ihm zugesagte Gratisservice
abgegolten bekommen. Wegen der immer wieder auftretenden Mängel
meldete der Kläger im September 2003 das Auto "aus
Sicherheitsgründen" ab. Binnen 18 Monaten hatte er beachtliche
112.000 Kilometer hinter sich gebracht und fünf kostenlose Services
genutzt. "Wir selbst haben nur einmal eine kleinere Reparatur
durchgeführt", blieb France-Car-Chef Rudolf Lindorfer davon kaum mehr
als der Ärger einer über vierjährigen Prozessführung -und der
schwache Trost, dass ihm die dafür aufgelaufenen Verfahrenskosten von
rund 15.000 Euro von Citroën ersetzt wurden.
Bloß ein Montagsauto?
Dass es zum Rechtsstreit kam, ist wenig verwunderlich, wenn man sich
die wenig vertrauenerweckende Historie des C5 vor Augen führt.
"Bereits kurz nach der Übergabe trat eine Unwucht an den Rädern auf
und funktionierte die Fernbedienung des Radios nicht", listet das
Gericht auf. "In der Zeit bis etwa Mitte Juni 2002 trat beim Getriebe
im Schiebebetrieb ein lautes, singendes Geräusch auf, setzte der
Tempomat zeitweilig aus, ließen sich die Türen ab und zu nicht
öffnen, schaltete das Radio nicht ab, traten Scheppergeräusche im
Innenraum des Fahrzeuges auf, vibrierte das Fahrzeug bei höheren
Geschwindigkeiten und fiel auch die Elektronik der Tachoeinheit
zeitweilig aus." Nachdem der Sachverständige dank seinerintensiven
Reisetätigkeit mit seinen Reklamationen zahlreiche Vertragsbetriebe
beglückt hatte, verordnete Citroën am 18. September 2002 dem Auto
eine "grundlegende Überprüfung zur dauerhaften Mängelbehebung". Am
28. Oktober war man dann so weit, das reparierte Gustostückerl konnte
einem neutralen Sachverständigen vorgeführt werden. Dessen Liste ließ
wiederum nichts Gutes ahnen: "Linke vordere Tür ist an der
Hinterseite tiefer als hintere Tür, Türen zu B-Säule links und rechts
verschieden, dieser Umstand ist nicht änderbar, da die Türen in
dieser Hinsicht nicht einstellbar sind.Die Abstände der Scheinwerfer
zu den Kotflügeln sind ungleich, dies ist nicht änderbar. Die
Abstände der Kotflügeln zu den A-Säulen sind ungleich, dieser Umstand
ist nicht änderbar. Motorhaube -nicht änderbar, jedoch tolerierbar;
Kofferraumdeckel schief, nicht änderbar, jedoch tolerierbar;Schiebedachdeckel ungleich, tolerierbar; Kotflügel vorn rechts zur
Tür ungleich, nicht änderbar."
"Fahrzeug nicht zu bremsen"
Der Katalog an Mängeln, hier nur auszugsweise wiedergegeben, wartet
mit noch Dramatischerem auf: "Kein Bremsdruck am Morgen -ohne
Handbremse und laufenden Motor Fahrzeug nicht zu bremsen, rollt nach
Treten der Kupplung weg. Verliert auch bei abgestelltem Motor am Berg
bei getretener Bremse nach ein paar Minuten den Druck
-konstruktionsbedingt, nicht änderbar. Gurt rollt schlecht auf
-konstruktionsbedingt, nicht änderbar. Bildschirmnavigationscomputer
flackert gelegentlich. Telefon schaltet selbstständig ab,
Freisprechanlage hallt stark, Memoradio gelegentlich gelöscht,
Ausfall der Fernbedienung des Radios und der Lautstärke." Allerdings
hielt der Sachverständige auch lobend fest, dass etliche Mängel im
Auftrag von Citroën behoben worden waren. Dies mündete in einem von
allen Beteiligten unterschriebenen Übergabeprotokoll, das unter
anderem arbeitsbedingte Schleifspuren an Fahrertür und Motorhaube
oder Wassertropfen im Innenbereich der Seitenscheibe enthielt. Im
Prozess wurden noch einige weitere Beschwerdepunkte richterlich
festgestellt. Dazu zählten außerordentlich wankelmütige Scheinwerfer:
"Schon relativ bald nach Auslieferung des Fahrzeuges an den Kläger im
Mai 2002 trat ein Flackern beim Licht der Scheinwerfer auf. Das
eingeschaltete Licht wurde für kurze Zeit, etwa für eine Sekunde,
schwächer, und zwar offenbar dann, wenn sich ein weiterer
Stromverbraucher zuschaltete", so das Gericht. "Dies führte bei
längerem Fahren dazu, dass das Licht öfter, und zwar durchausauch
39-bis 40-mal pro Minute für etwa eine Sekunde schwächer wurde, ehe
es wieder seine volle Leuchtkraft erreichte. Dieses Problem wurde
bislang nicht behoben."
Dubiose Federung, blockierte Türen
Weitere Probleme: Immer wieder wurde während der Fahrt die
hydropneumatische Federung plötzlich hart. Diesen Defekt sollte das
Autohaus Frey in Salzburg beheben, was freilich misslang. Außerdem
gab der C5 bei Temperaturen ab 25 bis 30 Grad die beiden vorderen
Türen weder von innen noch von außen frei gab. "Der Kläger musste
dann über die Hintertüren aussteigen", wird dies im Urteil 2Ob 95/06v
trocken kommentiert. Dem wollte Citroën mit dem Einbau eines
Gestänges zu Leibe rücken, wobei das Gericht nicht feststellen
konnte, "ob der Mangel tatsächlich behoben wurde oder nicht". Auch
die Elektronik, so das Gerichtsurteil, stimmte in das Konzert der
haarsträubenden Fehler mit ein: "Während der Benützung des Fahrzeuges
durch den Kläger ist es vier-bis fünfmal dazu gekommen, dass die
Elektronik des Fahrzeuges total ausgefallen ist, sodass keine
elektronischen Anzeigen mehr ablesbar waren. Zugleich fällt mit der
Elektronik auch die Beleuchtung des Fahrzeuges aus. Zu derartigen
Ausfällen kommt es insbesondere bei feuchter Witterung. Wenn die
Elektronik während der Fahrt plötzlich ausfällt und dadurch die
Innendie Armaturenbeleuchtung und zusätzlich auch das
Scheinwerferlicht versagt, stellt dies ein erhebliches
Sicherheitsrisiko dar." Die im Urteil festgestellten
"Schönheitsfehler" würden noch einiges mehr an Platz erfordern. Wobei
gleichsam zur Entschuldigung von France Car als Verkäufer angeführt
wurde, dass diese "auch bei den übrigen Fahrzeugen der ersten Reihe"
gegeben seien.
Höchstrichter am Zug
Am 3. Jänner 2003 platzte dem Käufer dann endgültig der Kragen.
Anwalt Dr. Leopold Hirsch forderte von Citroën harsch die Wandelung
des Kaufvertrages, wobei sein Klient schon bei den ersten
Reklamationen den Vorschlag eines Austausches mit einem typengleichen
Fahrzeug gemacht hatte. Bei Citroën stießer damit jedoch auf taube
Ohren. Auch im Verfahren selbst zeigte sich Citroën siegessicher:
Alle Reklamationen seien erledigt worden. Die Befundaufnahme habe
nicht mit ausreichender Sicherheit ergeben, dass die gerügten Mängel
auch tatsächlich noch immer vorhanden seien. Letztlich führte das
mangelhafte Navigationssystem des C5 zum endgültigen Sieg des
Klägers. Aufgrund dessen intensiver Reisetätigkeit, so der Oberste
Gerichtshof, sei "ein derartiger Mangel nicht als geringfügig im
Sinne des §932 ABGB anzusehen". Die vergeblichen Reparaturversuche
seien ausreichend dokumentiert. DerWandelungsanspruch bestehe daher
zu Recht. Keinen Ersatz gab es allerdings für eine separate Abgeltung
der Gratisservice-Zusage. Darüber hinaus muss der Nutzen aus der
konsumierten Fahrleistung in Abzug gebracht werden. Dieser stand mit
11.000 Euro für 110.000 Kilometer außer Streit, sodass France Car
letztlich zur Zahlung von 11.353 Euro (Zug um Zug gegen Rückstellung
des Autos) verpflichtet wurde.