Am 17. Juni ist es so weit: Dann kommt mit dem neuen Ypsilon das erste Modell von "New Lancia" auf denösterreichischen Markt. Dabei handelt es sich freilich um eine selbstständige Entwicklung des italienischen Konzerns. Die ersten ehemaligen Chrysler-Modelle, der nach wie vor "Voyager" genannte Minivan und der mit dem Traditionsnamen "Thema" bedachte 300C, sollen im Spätherbst folgen. Dass der Chrysler 200C als Flavia auf den europäischen Markt kommt, und zwar sowohl als Limousine als auch als Cabrio, gilt ebenfalls als ausgemachte Sache.

"Europaweit können wir mit den neuen Produkten das derzeitige Niveau in den kommenden drei Jahren verdoppeln", sagt Markenchef Olivier Francois: Ein überaus ambitionierter Plan, kam Lancia laut der Herstellervereinigung ACEA doch 2010 auf 99.040 und Chrysler gerade einmal auf 11.768 Verkäufe. Vor drei Jahren,also vor der großen Krise der US-Autobauer, waren es auch nicht mehr als113.736 Lancia und 32.127 Chrysler.

Allzu dichtes Netz?

InÖsterreich will der Importeur keine konkreten Absatzziele nennen. Für Händlerverbandsobmann Mag. Franz Schönthaler wäre es "ein Erfolg, wenn wir mittelfristig die kumulierten Stückzahlen von 2008 erreichen." Damals kam Chrysler gemeinsam mit Jeep und der Nischenmarke Dodge auf 2.854, Lancia auf 1.029 Neuzulassungen. Das Vertriebsnetz, das für dieses theoretische Volumen zur Verfügung steht, ist alles andere als unterbesetzt: Bei Lancia gibt es 37 Händler, darunter 10 bisherige Partner des Fiat-Konzerns und 27 ehemalige Chrysler-Händler. Jeep kommt auf ein weitgehend identes Netz mit35 Händlern. Vier davon waren davor für Fiat, 31 für Chrysler tätig. Zum Vergleich: Die um ein Vielfaches größere Marke BMW bringt es auf 50,Volvo auf 46 Haupthändler.

Paukenschlag in Wien

Besonders stark zeigt sich die Engmaschigkeit des Netzes in Wien, wo künftig drei Partner mit fünf Standorten um die Kundengunst buhlen: Am Importeurssitz in Schönbrunn nimmt Dvorak&Partner, schon bisher Betreiber des dort eingemieteten Autohauses, New Lancia hinzu.

"In Brunn am Gebirge, wo wir uns künftig stärker auf Ford konzentrieren werden, ist das für uns dagegen kein Thema", sagt Geschäftsführer Stephan Eckhart. Gleiches gelte für die Niederlassung in Salzburg.

In Wien-Erdberg und Floridsdorf wird Denzel die Marke führen. Der bisherige Chrysler-Importeurssitz in diesem Bezirk solle dagegen "in den kommenden Monaten" geschlossen werden, erklärt Martin Rada, Geschäftsführer von Fiat Group Automobiles Austria. Einen Paukenschlag gibt es bei den weiteren, bislang zur Chrysler-Tochter AC Austrocar gehörenden Filialen im 23. und 5. Bezirk: Sie sollen im Laufe des zweiten Halbjahrs an die Einzelhandelstochter des Fiat-Konzerns übergeben werden, die damit erstmals in Österreich aktiv werden würde.

Stabilität im Westen

WenigerÜberraschungen gibt es im Westen: Hier fungiert die Pappas-Gruppe als Rückgrat der neuen Organisation. Mit Salzburg, St. Johann, Graz, Fohnsdorf, Ried, Regau sowie Hall in Tirol ist sie an 6 von 7 bisherigen Chrysler-Standorten für Lancia tätig. Lediglich in Kirchbichl konzentriert man sich aufMercedes-Benz. "In den besten Jahren haben wir bei Chrysler über 400 Neufahrzeuge verkauft", berichtet Pkw-Vertriebsleiter Christian Ausweger, dessen Bruder Gerhard übrigens als Markenverantwortlicher fungiert. Dieser Rekord soll vorerst eingestellt, längerfristig ein Niveau von rund 500 Einheiten erreicht werden.

"Standards mit Augenmaß"

Lohnen sich angesichts des beschränkten Absatzpotenzials und des wohl massiven Wettbewerbs innerhalb der Organisation die Investitionen, die für New Lancia getätigt werden müssen? "Wir wollen, dass Lancia für die Händler mittelfristig zu einer wirklich profitablen Marke

wird", betont Rada. Deshalb sei man bei den Standards "mit Augenmaß" vorgegangen: Für den Händlerstatus sind bei Lancia beispielsweise 140 bis 210 Quadratmeter, bei Jeep 75 bis 105 Quadratmeter Schauraumfläche nötig. "Die Kosten sind nunmehr weit weg von den 50.000 Euro, die anfangs einmal genannt wurden", bestätigt Schönthaler, der die Bestimmungen in langwierigen Verhandlungen mit dem Importeur ausgehandelt und selbst einen Servicevertrag beantragt hat.

Bestand als Erfolgsfaktor

Einig sind sich Schönthaler und Rada darin, dass der Fahrzeugbestand einen wichtigen Ertragsfaktor ausmachen wird: Lancia kam Ende 2010 auf 12.900, Jeep auf 16.480 und Chrysler auf 29.540 Fahrzeuge.

Bei Dodge lag der Bestandübrigens bei gerade einmal 2.366 Stück: Für dieses Fabrikat übernimmt Fiat nur mehr die Teileversorgung, Neufahrzeuge sind ausschließlich bei diversen Privatimporteuren erhältlich.

"Pragmatische Lösungen"

Wenn der neue Ypsilon Mitte Juni in die Schauräume rollt, dürften etwa 10 Betriebe schon zur Gänze im neuen Markendesign ausgestattet worden sein. "Innerhalb von zehn Monaten werden wir die Umstellung zum Großteil abschließen", erklärt Rada. "Sollten in Einzelfällen wirklich bauliche Veränderungen nötig sein, werden wir pragmatische Lösungen finden."

Rechtzeitig zum Marktstart wurde das gesamte Vertriebspersonal bei einer viertägigen Schulung in Italien auf die neue Konzernstrategie eingeschworen. Auch die wichtigsten Signalisationselemente wurden zeitgerecht montiert. "Die Kunden finden ihre Händler schon", schmunzelt Rada. Ob sie sich auch in ausreichender Zahl in die Schauräume begeben und dort Abschlüsse tätigen,werden die kommenden Monate zeigen.