Hat die Autowelt die Kundin vergessen oder verdrängt -oder ist es
glasklar, wie der emotionale Motor einer Frau tickt? Diese Frage
wurde bei einem Kongress des Marktforschungsinstituts puls erörtert.
Es ist immer wieder verwunderlich, dass Veranstaltungen, die sich den
"Frauentouch-Pulli"überziehen, ab und an die falsche Abzweigung
erwischen. Dieses Mal war es die Anreiselogistik. Die beiden Orte der
Abend-und Tagesveranstaltung waren ca. 40 Kilometer ohne Einrichtung
eines Shuttledienstes entfernt. Leider gab es auch keine kompetente
Anfahrtsinfo, wenn man vom Flughafen mit Bus, Bahn oder am lahmen
Gaul einreiten wollte. Für Frau nicht gerade ökonomisch.
Nächster Tag, neue Chance, neues Glück für eine kritische Zielgruppe:
Geladen wurde in das traumhafte "Maybach-Museum" von Anna Hofmann im
süddeutschen Neumarkt. Für die Frauenquote bei den Vortragenden aus
der Branche war gesorgt: Auf zwölf Männer kamen fünf Frauen. Aus dem
Herzen gesprochenhat uns Sevilay Goekkaya mit ihrer grazilen Fahrt
durch die weibliche Automobilgeschichte. Große Defizite sieht die
Marketingleiterin von Citroen Deutschland weniger in den nicht
angepassten Produkten, sondern vielmehr in der Kommunikation und den
Werbemaßnahmen für die weibliche Käuferschicht("shrink it and pink
it"). Frauen schätzen die gleichen Autos wie Männer -nur aus anderen
Gründen.
Unterschiedliche Nutzungsdauer
Ein wichtiges Thema war die verschieden lange Nutzungsdauer der
Fahrzeuge. Hier gibt es nennenswerte Unterschiede zwischen Weiblein
und Männlein. Frauen lieben ihre motorisierte Langzeitbeziehung und
fahren damit so lange wie möglich. Die meisten Männer wechseln ihre
Autos nach vier bis fünf Jahren. Weiters war interessant, dass sich
66 Prozent der Frauen von der Autowerbung kaum angesprochen fühlen.
Informationen beziehen sie in erster Linie über TV, Plakatwerbung und
Radio. Fachzeitschriften werden von Frauen hingegen weniger
konsumiert.
Wachsende Kundengruppe
Wie ist das mit dem typischen weiblichen Kaufverhalten? Worauf legt
die Frau beim Autokauf ihr Hauptaugenmerk? Aspekte wie Sicherheit,
Umwelt und das Preis-Leistungs-Verhältnis sind die wichtigsten
Kauffaktoren, wenn sie sich für ihr neues Familienmitglied
entscheidet. Prestige und Image liegen an letzter Stelle.
Die Bedürfnisgruppe Frau wird in den nächsten Jahren rasant
anwachsen. Die Führerscheinquote bei den 30-bis 39-Jährigen liegt
mittlerweile schon bei 93 Prozent. Bis 2030 wird es 50 Prozent
Autohalterinnen geben. Also meine Herren, lösen Sie die Handbremse
und schnallen Sie sich an, um nicht auf den Beifahrersitz verbannt zu
werden.
Umdenken in den Autohäusern
Mega-Dealer Burkhardt Weller hat das prähistorische Rollendenken
längst abgelegt und klar verkündet: "Wer die Frau als Kundin nicht
erkennt und bedient, ist selber schuld!" Für ihn ist nichts tödlicher
als die Botschaft "Das ist ein Frauenauto", auch der Seniorenteller
sei schließlich nie ein "Burner" geworden.
Aber nicht nur die Kundin sollte im Autohaus, in der Werkstätte noch
besser erkannt und in ihren Bedürfnissen abgeholt werden, sondern
auch das Berufsbild Autoverkäuferin gehört attraktiver gestaltet. Die
Sahneseiten einer Verkäuferin sieht die Branche an ihren emphatischen
Fähigkeiten. Frauen gehen mehr auf ihr Gegenüber ein, sind
akribischer und reagieren intuitiver im Verkaufsprozess.
Nagellack ist passé
Unser Fazit der gelungenen, noch immer sehr Männer dominierten
Veranstaltung: Um Frauen als Kundinnen zu gewinnen und zu halten,
sollte ein Umdenken in der Branche beginnen. Der passende Nagellack
zum niedlichen Frauenauto ist passé und gehört in Omas Mottenkiste
verbannt. Verabschieden wir uns auch von dem Gedanken, dass Frau als
Beiwerk des Mannes die Farbe des Autos aussuchen, das Fahrzeug des
Familienhäuptlings in die Werkstätte bringen darf und die technischen
Facetten nie und nimmer begreifen wird. Vielmehr sind Frauen eine
ernst zu nehmende informierte Käuferschicht geworden, die genauso oft
wie Männer in den Sparstrumpf greifen, um einen Fahrzeugkauf zu
tätigen und ein Auto reparieren oder servicieren zu lassen.