Zu einem Eckpfeiler der Verkehrskontrolle hat sich das Telefonieren
am Steuer entwickelt. Jährlich werden weit über 100.
000 Lenker
angezeigt oder mit Organmandaten bedacht. Man sollte meinen, dass ein
so kleines Problem mit der heutigen Technik in Kürze gelöst ist. Bei
näherer Betrachtung zeigen sich Defizite überall: unsaubere
gesetzliche Lösungen, wenig Beachtung durch Fahrzeughersteller und
Konsumenten, Begriffsverwirrungen beim Handel usw.
Seit 1999 sollten wir eigentlich wissen, was eine
Freisprecheinrichtung ist. Seit damals existiert die sogenannte
Freisprecheinrichtungs-Verordnung. Das Verbot des Telefonierens ohne
eine derartige Einrichtung ist gemäß §102 KFG (Pflichten des Lenkers)
gesetzlich festgelegt. Hauptteil der Verordnung sind Bestimmungen für
Inverkehrbringer, wobei man sich schon über diese juristische
Wortschöpfung lange unterhalten könnte (ist das der Händler,
Verkäufer oder gar der Lenker?). Verboten ist die Verwendung
ungeeigneter Geräte aber nur während der Fahrt, in den ruhenden
Verkehr (auch Stau) darf man alles bringen. Tatsache ist, dass solche
Formulierungen nicht dazu beitragen, jeden noch so großen Schmarrn
aus unseren Autos fernzuhalten. Im Internet finden sich hunderte
Angebote, die als Freisprecheinrichtungen bezeichnet werden, aber
wesentliche Grundfunktionen vermissen lassen. Die juristische
Handhabe ist gleich null. Jeder kann verkaufen, was er will, und
keiner wird ihn daran hindern.
Besagte Verordnung, die zu den wesentlichen
Verkehrssicherheitsmaßnahmen unter Minister Caspar Einem gehörte,
bestimmt den Begriff einer Freisprecheinrichtung so, dass mittels
dieser Zusatzeinrichtung ein Telefongespräch mit zwei freien Händen
geführt werden kann. Bei den näheren Bestimmungen zu den Ausführungen
von Freisprecheinrichtungen wird festgelegt,dass man die
maßgeblichen Funktionen des Mobiltelefons mit einer Hand bedienen
können muss. Also was jetzt bitte, gehört die Bedienung des Telefons
zum Führen des Telefongesprächs oder nicht?
Die Verordnung teilt in fixe und mobile Freisprecheinrichtungen.
Wesentlicher Teil der fixen ist eine Vorrichtung zur Befestigung der
Mobiltelefone im Kfz, womit der Großteil der Angebote eigentlich nur
als mobile Freisprecheinrichtungen im Sinne der Verordnung bezeichnet
werden dürfte. Ganz wesentlich erscheint den Schöpfern der Verordnung
die zum Lenken erforderliche Haltung und Bewegungsfreiheit des
Lenkers während des Telefonierens. Es sollen auch keine Kabel im
Blickfeld des Lenkers sein, diese müssen lang genug sein und dürfen
die Bewegungsfreiheit nicht behindern. Einwandfreies Sprechen ohne
Ablenkung vom Verkehr muss möglich sein. Mit diesen Bestimmungen kann
man ein Strangulieren mit dem eigenen Kopfhörerkabel oder ein bis zur
Sprachunfähigkeit führendes Würgen wirkungsvoll verhindern, sonst
allerdings nicht viel mehr.
Die Konsumenten lässt das offensichtlich kalt, selbst die Strafen
werden unbeirrt hingenommen. Es verwundert auch, wie wenig bekannt
der Text der Verordnung ist. Es wäre ganz einfach, sich vor
Sanktionen zu schützen. Genau gesehen erfüllt jedes noch so einfache
Headset von Billighandys die Bestimmungen der
Freisprecheinrichtungs-Verordnung, sofern der Lenker in der Lage ist,
sein Handy mit einer Hand zu bedienen.
Die sachlich technische Lösung des Problems könnte doch nur so
aussehen, dass man beim Einsteigen ins Auto bereits eine drahtlose
Kommunikation zur Freisprecheinrichtung aufbaut, und zwar ganz
automatisch. Die Wählfunktionen sollten ausschließlich
sprachgesteuert oder mit Kurzwahl ablaufen, nur so kann längere
Ablenkung vermieden werden. Hier muss man Händlern und
Fahrzeugherstellern einen kleinen Vorwurf machen: Beim Autokauf ist
stressfreies Telefonieren selten ein Thema. Die Kategorie der
Konsumhandys lässt stark zu wünschen übrig. In den preislich höheren
Kategorien werden andererseits wieder Kommunikationen über Internet
aufgebaut, die weit übers Ziel schießen und echt ablenken. E-Mails
von der Liebsten sollte man wirklich besser zu Hause lesen!