Will man die vom Importeur ausgegebene Jubelmeldungüber das "Rekordjahr 2011" in den Kontext rücken, ist ein Blick auf die Vorjahresbilanz der BMW Österreich Holding GmbH sinnvoll. Schon diese konnte sich sehen lassen: So wurde am 19. April 2011 beschlossen, aus dem Bilanzgewinn für das Geschäftsjahr 2010 (exakt 533.256.854,68 Euro) 533 Millionen Euro an die holländische Muttergesellschaft BMW Holding B.V. auszuschütten. Man darf also gespannt sein, wie hoch der Gewinn 2011 ausfallen wird.

Österreichische Statthalter

Dabei ist dieseösterreichische BMW Holding mit lediglich vier Mitarbeitern ein echter Kleinbetrieb. Allerdings mit der Aufgabe, einige Beteiligungen sowie Vermögen und Immobilien für die bayerische Konzernzentrale zu verwalten. Die kam 2010 mit 95.500 Mitarbeitern auf einen Umsatz von 60,5 Milliarden Euro und erwirtschaftete damit einen Gewinn von 3,2 Milliarden Euro. Mit 533 Millionen Euro haben dazu die Steyrer ihr Scherflein beigetragen.

Das im Verhältnis mickrige Stammkapital der österreichischen Holding von 30 Millionen Euro wird bis auf 100 Euro (im Besitz der deutschen BMW Finanz Verwaltungs GmbH) ausschließlich von der holländischen BMW Holding B.V. gehalten. Vielleicht in Erinnerung daran, dass die Gründerfamilie Quandt in urerdenklichen Zeiten dort ihre Wurzeln hatte. Heute hält die Familie noch stattliche 46,6 Prozent der BMW Group, der Rest ist Streubesitz.

Motorenwerk undÜbersee

Eine von derÖsterreich-Holding verwaltete Perle ist die BMW Motoren GmbH. Die produzierte 2011 in Steyr 1,2 Millionen Motoren. Damit erzielte dieses Werk mit knapp 3,6 Milliarden Euro laut Geschäftsführung "das beste Umsatzergebnis aller Zeiten". Schon in der Vergangenheit war es eine sprudelnde Geldquelle,so steuerte es 2008 zum Gewinn der Holding 136 Millionen Euro bei.

Daneben verwaltet die Holding neben diversen BMW-Finanzaktivitäten die BMW-Geschäfte in Ungarn, Russland, China, Singapur und auf den Philippinen. Jede dieser Gesellschaften liefert ihre Erträge nach Österreich, hier werden sie als Holding-Gewinn kumuliert und an die holländische Mutter weitergereicht.

Zentrale für Osteuropa

2006 wurde die ehemalige BMW-Pensionskasse von der Holding in die BMW Vertriebs GmbH umfunktioniert. Dort werden unter der Leitung von Andrea Castronovo und Günter Schuster mit nunmehr 74 Mitarbeitern die Osteuropa-Aktivitäten (Tschechien, Slowakei, Rumänien, Slowenien, Bulgarien, Polen) gebündelt. Nach der Übernahme von BMW Polska (Umsatz 2010: 304 Mio. Euro) wurde 2010 das Eigenkapital von 22,5 Millionen auf 70,7 Millionen Euro aufgestockt. Im Krisenjahr 2009 kam man bei einem Umsatz von 348,8 Millionen auf einen Verlust von 2,9 Millionen Euro. 2010 konnte die verkaufte Stückzahl auf 18.204 verdoppelt werden, der Umsatz schnellte damit auf 728,4 Millionen Euro. Das bescherte dieser österreichischen Holding-Tochter einen Bilanzgewinn von 31,9 Millionen Euro.

Wachstum in China

Neben den Erfolgen in Osteuropa entwickelte sich für die Holding das China-Geschäft besonders erfreulich. Der drittgrößte BMW-Markt verzeichnete 2010 ein Plus von 85,3 Prozent. 183.328 neue BMW fanden dort betuchte Käufer, Tendenz weiterhin steigend. Das schlug sich im anteiligen Jahresergebnis der österreichischen BMW Holding nieder. Von 121Millionen Euro im Jahr 2008 kletterte dieser Ertrag auf 928 Millionen im Jahr 2010. Dafür lieferte das heimische Motorenwerk in diesem Jahr "nur" noch 75 Millionen an die Holding ab.

Kreativer Kassensturz

Ein Grund liegt möglicherweise darin, dass bei dieser 2008 ein gröberer Kassensturz war: Am 27. März 2009 beschloss die holländische BMW-Mutter, von dem in Österreich gebunkerten Gewinnvortrag von 1.349.652.094,39 Euro 997 Millionen als Gewinn an die Gesellschafter auszuschütten. 352 Millionen -das entsprichtetwa dem Jahresgewinn 2008 (369 Millionen) - verblieben als Polster in der Kriegskasse. Das Eigenkapital der Holding rutschte damit von 1,86 Milliarden (2008) auf 1,08 Milliarden Euro (2010). Dank der Beteiligungen spielte das jedoch keine Rolle: 2009 wurde dort als bisheriger Rekord ein Bilanzgewinn von 589 Millionen Euro ausgewiesen, wofür allerdings dank der Kreativität des Geschäftsführungs-Duos Dipl.-Ing. (FH) Gerhard Wölfel und Dr. Ralf Fröchtenicht nur 13 Millionen Euro an Steuern an den heimischen Fiskus abzuliefern waren.

Stete Wertsteigerung

Bis zum Jahr 2000 hatten die BMW Konzernerträge unter den Rover-Verlusten gelitten. 2001 erzielte die BMW Group nach dem Ende dieses Abenteuers mit 38,4 Milliarden Euro Umsatz und einem Jahresüberschuss von 1,866 Milliarden Euro ihr bis dahin bestes Ergebnis der Unternehmensgeschichte.

Zum Jahresende 2000 war die Stammaktie 34,75 Euro wert. Heute kostet sie rund das Doppelte. Mithilfe vieler tüchtiger BMW-Verkäufer konnte allein Quandt-Spross Stefan 2010 130 Millionen Euro auf seinem Konto verbuchen, seine Schwester Susanne Klatten immerhin 98 Millionen. Für die Hauptversammlung im Mai 2012 erwarten die Analysten der FAZ für das Rekordjahr 2011 eine Anhebung der Dividende von 1,30 auf 2,40 Euro.

Ohne Berücksichtigung ausgeschütteter Dividenden ergab das Investment in BMW-Aktien in den letzten zehn Jahren eine jährliche Wertsteigerung von 10 Prozent. Investmentrenditen, von denen BMW-Händler nur träumen können. Für sie wäre es vernünftiger gewesen, ihr Geld nicht für den mageren BMW-Handel, sondern in den Kauf von fetten BMW-Aktien auszugeben.

Import: starker Umsatz, zähe Erträge

Im weltweiten BMW-Orchester spielt die BMW Austria GmbH als Importeur eine kleine Geige, auch wenn ihr Chef Dr. Gerhard Pils 2011 mit einem Plus von 14 Prozent einen neuen Zulassungsrekord von 15.636 Pkws verzeichnen konnte. Bei den Motorrädern konnte sich BMW als Marktführer behaupten. Schon 2010 schnellten die Umsätze von 499 Millionen auf 592 Millionen Euro, der Wareneinsatz lag bei 526 Millionen Euro -was dem Importeur samt seinem Wiener Detailhandel einen Rohertrag von 66 Millionen Euro bescherte. Die Personalkosten für 317Mitarbeiter betrugen 21 Millionen Euro. "Sonstige betriebliche Aufwendungen" in der Höhe von 52 Millionen Euro führten zu einem negativen Betriebserfolg von 6,6 Millionen Euro und übertrafen das Minus des Jahres 2009 noch um 2,5 Millionen Euro. Abgefedert wurde das durch die BMW Austria Leasing GmbH, die ihrer Österreich-Mutter 3,8 Millionen Euro Gewinn ablieferte. Bei einer Handelsspanne von 11,1 Prozent verblieb ein Jahresverlust von 1,6 Millionen Euro. Angesichts der Gewinnvorträge aus früheren Jahren weist die Bilanz 2010 dennoch einen Bilanzgewinn von 11,5 Millionen Euro aus. Da denBilanzen nicht zu entnehmen ist, was sich hinter den 52 Millionen an "sonstige betrieblichen Aufwendungen" verbirgt (2009 waren es "nur" 44,7 Millionen Euro), lässt sich die tatsächliche Ertragslage des BMW Import-und Detailgeschäftes kaum beurteilen.