Obwohl - warum nicht? Aus dem Blickwinkel des Interessenausgleiches erscheint letztlich auch das Unmögliche noch möglich.

Die Gretchenfrage dabei ist immer, wer welche Interessen zu vertreten hat und ob diese auch auf einen Nenner zu bringen sind. Das gilt ganz besonders für das Bundesgremium des Fahrzeughandels. Dort sind auch all jene Importeure zwangsbeheimatet, die im Auftrag der Hersteller den vielen kleinen Händlern die Vertragsbedingungen und damit ihre Einkommenschancen diktieren. Da möchte ich nicht in der Haut des Gremialgeschäftsführers Dr. Manfred Kandelhart stecken. In dessen Brust müssen stets zwei Herzen schlagen: Als beamteter Importeursvertreter hat er deren Interessen zu wahren - unabhängig davon, dass diese Importeure mit einem eigenen privaten Club bei der Industriellenvereinigung am Schwarzenbergplatz residieren. Bei den dortigen Treffen haben die Autohändler - verständlicherweise -keinen Zutritt, geschweige denn Sitz und Stimme. Gleichzeitig vertritt Kandelhart gemeinsam mit seinem Gremialobmann die Interessen der Gegenseite, wobei in diesem speziellen Fall beiden Akteuren der beste Wille zum "Interessenausgleich" nicht abzusprechen ist.

Um aus dieser Not eine Tugend zu machen, wurde der VerbandÖsterreichischer Kraftfahrzeughändler (VÖK) gegründet. Er kann die andere Seite vom Informationsfluss und den entscheidenden internen Informationen ausschließen. Mit einem demokratischen Kammersystem, bei dem gewählte Funktionäre das Sagen haben, hat das alles allerdings recht wenig zu tun.

Ich hätte wenig Verständnis dafür, dass die internationalen Reifenproduzenten im Reifenhandel Sitz und Stimme haben. Die Interessen der beiden sind unvereinbar. Oder wie sollten die Mineralölkonzerne mit jenen Tankstellenpächtern in einem Boot sitzen, denen sie beinhart die Vertragskonditionen diktieren? Von denen sie sich ausschließlich mit Gerichtsurteilen "im Namen der Republik" verabschieden möchten? Obwohl sie über zahlreiche konzerneigene Tankstellen verfügen und daher "natürliche" Mitglieder des Mineralölhandels sind, sollten sie als verlängerte Arme ihrer Konzerne in der Kammerder Erdölindustrie ihre Heimat finden.

Wer hätte Verständnis dafür, dass die Pharmakonzerne Mitglieder der Apothekerkammer werden? Bloß deshalb, weil beide im Pharmahandel ihr Geld verdienen? Auch dort haben die Herstellerkonzerne ihre Interessen in einem Verein, der Pharmag, gebündelt. Eine machtvolle Interessenvereinigung, der beachtliche Kompetenzen zugefallen sind. Dennoch würde es keinem Gesetzgeber einfallen, dass diese den Apothekern zwecks "Interessenausgleich" dazwischenreden können.

Ähnlich sieht es bei den Versicherungen aus. Der Vertrieb ist im Gremium 29a beheimatet. Dort residieren die Versicherungsmakler und wehren sich gegen das Diktat übermächtiger Finanzkonzerne. Mitglieder sind zwar auch manche Maklerbüros, die direkt oder indirekt im Eigentum der Versicherer stehen, doch eine Sonderstellung kommt ihnen nicht zu. Sie zahlen in dieses Gremium auch keine höheren Beiträge als alle anderen, tatsächlich unabhängigen Makler.

Lange Zeit habe ich geglaubt, dass die Importeure eine besonders zahlungsfähige Kundschaft sind, auf die das Bundesgremium daher nicht verzichten kann. Das erwies sich als Irrtum. Tatsächlich zahlen sie der Kammer umsatz-und gewinnbedingt mehr Beiträge als "normale" Autohändler. Die Umlagenordnung bewirkt jedoch, dass die Landesgremien und das Bundesgremium dabei leerausgehen. Dort liefern die Importeure nicht mehr ab als jeder andere kleine Autohändler an der Ecke nebenan. Die Mitgliedschaft der Importeure ist daher ein Luxus, den sich die Autohändler im Sinne eines "Interessenausgleiches" leisten.