Wieso haben die Händlervertreter den Kampf um die Kfz-GVO verloren?

Oberwallner: Dieser Kampf ist nicht verloren. Er kann gar nicht verloren sein, denn es handelt sich um einen laufenden Prozess. Selbst wenn die von der Kommission erwogeneÜbergangsphase eintritt, haben wir noch drei Jahre Zeit, um gute Argumente für die Erhaltung der mittelständischen Vertriebsstruktur einzubringen.

Nagl: Wir werden alles tun, um die Vertreter des Handels bei ihren Bemühungen zu unterstützen, denn gewisse Punkte wie die freie Standortwahl oder das Recht auf Mehrmarkentätigkeit sind auch für uns sehr wichtig. Andererseits wären die Grundbedürfnisse der Werkstätten auch durch Euro 5 sowie eine Service-GVO gedeckt. Das sind vor allem die qualitative Selektionbei Serviceverträgen sowie der Zugang zu technischen Daten.

Konzentrieren sich die Interessenvertreter zu sehr auf Brüssel?

Nagl: Manche ganz sicher. So wichtig die GVO auch sein mag: Kehren wir zuerst einmal den Mist auf dem eigenen Bauernhof!

Oberwallner: Aber Brüssel ist das Dach für Handel und Service, da werden alle wichtigen Entscheidungen zu paneuropäischen Verträgen getroffen. Da muss man präsent sein. Nichtsdestotrotz wir sind auch auf nationaler Ebene -Stichwort Gewährleistungsumsetzung, Stichwort Verbraucherrichtlinie -massiv dahinter, unseren Rechtsrahmen, der mit wenigen Ausnahmen wie dem Investitionsersatz immer noch auf 1811 zurückgeht, anzupassen.

Ein echter Dauerbrenner sind die Garantieund Gewährleistungsvergütung.

Oberwallner: Wir haben neue Signale von den Importeuren bekommen, wonach der Vollkostenersatz der Standard inÖsterreich sein muss. Da haben wir auch volle Unterstützung von Wirtschaftsminister Dr. Reinhold Mitterlehner, das ist eine schriftlich bestätigte Tatsache.

Stichwort Wrackbörse.

Nagl: Die Wrackbörse ist rechtlich tot.

Aber sie wird nach wie vor benützt!

Nagl: Die ersten höchstgerichtlichen Entscheidungen sind schon da und immer häufiger entschließen sich Versicherungen zu Kompromissen. Außerdem ist die Wrackbörse angesichts von modernen Werkzeugen wie dem Bewertungsprogramm von Dr. Pfeffer sachlich überhaupt nicht mehr nötig.

Ist ein Musterprozess die Lösung?

Oberwallner: Das klingt gut, aber ein Urteil gründet noch lange keine neue Gesetzeslage. Ich bin der Ansicht, dass jeder Betrieb mittels Information und Aufklärung schon jetzt im Interesse des Kunden handeln kann.

Wo sehen Sie rund um die Schadensabwicklung sonst Handelsbedarf?

Nagl: Beispielsweise bei der gerechten Fahrzeugbewertung: Wir müssen um realistische Abwertungen kämpfen, sonst werden viele Reparaturen in Zukunft überhaupt nicht mehr möglich sein!

Wie kommt die Mittelstandsinitiative voran?

Oberwallner: Wir sind in Verhandlungen und es schaut positiv aus. Gewisse Mindestspielregeln für einen fairen Wettbewerb sind in gemeinsamem Interesse. Der entscheidende Punkt sind für uns dabei die vertrags-und wettbewerbsrelevanten Themen aus der bisherigen Kfz-GVO.

DieÖkoprämie war ein Erfolg. Wie lauten heute die Forderungen an die Politik?

Oberwallner: Die Nutzung eines Fahrzeugs ist steuerlich zu veranschlagen, nicht der Erwerb. Dabei muss die Umweltbelastung die Messlatte sein und nicht irgendein an PS orientierter Neidkomplex. Außerdem fordern wir die steuerliche Absetzbarkeit von Reparaturrechnungen, die ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Schattenwirtschaft wäre, und den Vorsteuerabzug für alle betrieblich genutzten Autos. Die Wirtschaft leidet immer noch darunter, dass nur einige handverlesene, große Vans vorsteuerabzugsberechtigt sind.

Was soll gegen die katastrophale Eigenkapitalsituation vieler Betriebe unternommen werden?

Oberwallner: Wir wollen den leichteren Zugang zum Mittelstandsfonds, um mit Eigenmittelersatzdarlehen zur Verbesserung der Kapitalstruktur und damit zur Senkung der Finanzierungskosten beitragen zu können. Bisher sieht die Umsetzung leider so aus, dass der, dem es ohnehin vergleichsweise gut geht, günstig zu zusätzlichem Geld kommt. Das kann es nicht sein.

Die Regierung scheint eher an Belastungen, etwa eine höhere Mineralölsteuer, zu denken.

Oberwallner: Das ist natürlich klar abzulehnen. Nagl: Es kann nicht sein, dass der Autofahrer noch stärker zur Melkkuh der Nation wird.

Herr Nagl, worin sehen Sie nach zwei Jahren als Innungsmeister Ihre größte Errungenschaft?

Nagl: Wir haben ohne irgendwelche Schwierigkeiten die modulare Lehre eingeführt und eine neue Werbelinie erarbeitet. Am wichtigsten ist vielleicht aber, dass wir das Thema § 57a zurück in die Innung geholt haben. Hier wurde zu lange auf Kosten unserer Mitglieder Geld verdient.

Weiters kämpfen die Kfz-Techniker seit Langem für die Rücknahme der Pickerl-Intervalle.

Nagl: Schon ein Rhythmus 2-1-1 wäre doppelt hilfreich. Für die Allgemeinheit bedeutet das mehr Sicherheit und Umweltschutz und uns bringt die Überprüfung von 6 Millionen Autos 6 Millionen zusätzliche Arbeitsstunden pro Jahr.

Die Kammerwahl wirft einmal mehr die Frage auf, wie attraktiv die Interessenvertretungen sind. Gerade junge Gesichter sind selten.

Oberwallner: Das stimmt doch nicht. Wir haben viele junge, engagierte Funktionäre.

Nagl: So falsch ist diese Beobachtung wahrscheinlich nicht. Aber daran arbeiten wir! Initiativen wie unser eigener Mängelkatalog, der bis zum Sommer erscheinen wird, zeigen jedem Betrieb, was er ganz konkret von seiner Innung hat.

Selbst interne Kritiker fordern vom Fahrzeughandel mehr Entschlossenheit, einenöffentlichen "Aufschrei".

Oberwallner: Nehmen wir als Beispiel noch einmal den Gewährleistungsregress: Wir sind jetzt mittendrin, dass die Importeure ihre Vorbehalte gegenüber einer rechtlichen Regelung zurücknehmen und wir den Kostenersatz wie in Deutschland verbindlich verankern können. Das bringt uns wesentlich mehr als irgendein Aufschrei. Ich glaube, dass unser Konsensweg ganz sicher der richtige ist.