Vienna Autoshow, Eurotax-Empfang. Zwei Anlässe zu Jahresanfang, die
den automobilen Optimismus zum zentralen Inhalt haben.
Auch heuer
wieder - Krise hin, Krise her - werden die Neuzulassungen sprießen.
Der Anteil der Fahrzeuge, die neu zugelassen werden, ohne in die
Republik jemals eingeführt worden zu sein, ist dramatisch
angestiegen. Ich glaube, dass die Jubelzahlen - 356.000
Neuzulassungen 2011 -eine direkte Folge der Industriepropaganda sind.
Als wären die rund 300.000 Neuwagen nicht auch eine wunderbare
Verkaufsleistung. Die Hersteller beeinflussen mit kodierter Sprache
die Statistiken in den Ländern nach Belieben, um ihre Aktienwerte zu
beschönigen. Willfährige Publizisten konstruieren dazu ihre Storys.
Das lesen dann branchenfremde Menschen und denken, dass es eine
(automobile) Wirtschaftsflaute eigentlich gar nicht gebe, und wenn
das Gegenteil behauptet werde, dann sei das falsch. Kritiker werden
als Nestbeschmutzer attackiert, die mit ihren grundlosen
Anschuldigungen die Autohersteller diskreditieren wollen.
Das ist möglich, weil es in unserer EU keine Einund
Ausfuhrstatistiken mehr gibt und keine Bestandstatistiken mehr
bereinigt werden. Alles wird miteinander verbunden, die
Wirtschaftskrise, die Banken, die Absatzzahlen. Überall in Europa
gehen die Neuzulassungszahlen zurück, nur in Deutschland und bei unsnicht. Da kommt man ins Schwärmen, solange wir nicht mit den Chefs in
den Handels- und Werkstattbetrieben sprechen. Da sieht die Welt
freilich anders aus. Daher kommt auch die Überzeugung mancher, die
automobile Welt sei in Ordnung. Dieser schleichende Prozess löst
jedoch nur bei Insidern eine akute Angst aus.
Ich wünsche mir Unterstützung, die gegen eine Verzerrung der
Realwirtschaft eintritt. In Österreich gibt es viele engagierte
Menschen. Doch ohne eine schlagkräftige Organisation im Rücken können
wir nichts ändern, da bin ich eher pessimistisch. Ich befürchte, dass
die den Markt verzerrenden Strömungen stark bleiben.
Mit Friedrich Dürrenmatt, dem großen Schweizer Schriftsteller, teile
ich die Meinung, dass wir nicht positiv sein dürfen, sondern ehrlich
bleiben müssen. Ihr
Gerhard Lustig