Seit Jahren können die meisten Autohäuser im Neuwagenhandel kaum mehr
Geld verdienen. Wer ist schuld daran? Die Hersteller schieben die
Schuld auf die Händler, die ihren Kunden mörderische Rabatte
gewähren.
Die Händler schieben die Schuld auf die Hersteller, die sie
mit irrealen Zielvorgaben zu derartigenRabatten zwingen. Beide
spekulieren damit, das im Salesbereich verloren gegangene Geschäft
durch höhere Kfz-Bestandszahlen im Aftersales ausgleichen zu können.
Das ist eine Milchmädchenrechnung, die nicht ganz aufgehen kann. Der
Wunsch nach Mobilität ist zwar ein menschliches Grundbedürfnis, aber
dieses hat Grenzen - etwa in der zur Verfügung stehenden Freizeit.
Auch muss es nicht unbedingt per Automobil befriedigt werden,
wenngleich nach Untersuchungen des Kfz-Gurus Dr.Jürgen Stockmar 84
Prozent des heimischen Personenverkehrs per Pkw abgewickelt werden.
Hemmend wirken Infrastruktur-Engpässe (wer ständig im Stau steckt,
dem geht bald die Lust auf Mobilität verloren) und vor allem die
Kosten: So hat der ARBÖ errechnet, dass die Steuerbelastung für den
Straßenverkehr seit 2000 um 35 Prozent nach oben geschnellt ist. Das
ist fast das Doppelte der "normalen" Teuerung der letztenzehn Jahre.
Die von den Kfz-Produzenten mit ihrer Modellpolitik forcierte
Anschaffung eines Zweit- oder Drittwagens führt zu keiner höheren
Mobilität. Das gesamte Verkehrsaufkommen wird damit kaum beeinflusst.
Die Folge ist lediglich, dass die Kilometerleistung pro Fahrzeug
sinkt; die Summe aller gefahrenen Kilometer bleibt gleich. Das heißt,
dass dank der geringeren jährlichen Laufleistung der Serviceaufwandpro Fahrzeug sinkt. Die Erwartung der Händler, mit höheren
Neuwagen-Stückzahlen das Werkstättengeschäft anzukurbeln, ist somit
genau so trügerisch wie die Hoffnung, mit dem Neuwagenhandel bald
wieder Geld zu verdienen.
Parallel zu dieser Problematik propagieren grüne Ideologen, dass nur
der Wechsel von der Straße zur Schiene die Welt retten kann. Wobei
uns allerdings Stockmar anlässlich der Bundestagung der
Kfz-Teilehändler jüngst vorgerechnet hat, dass eine Verlagerung von
bloß 10 Prozent des Transportvolumens sofort die Kapazitätsgrenzen
sprengen würde.
Die Verteufelung des Autos bewirkt daher keine Umschichtung von der
Straße auf die Schiene, sondern lediglich ein Abzocken der Autofahrer
durch die damit begründete Anhebung der Steuer-und Abgabenquote. Es
erhebt sich somit die Frage, wie Autohäuser angesichts dieser
Situation "ökologisch" Geld verdienen können.
Dafür lieferte Stockmar einen für mich interessanten Denkansatz: 40
Prozent des Energieverbrauches des Kfz-Lebenszyklus stecken in der
Produktion des Autos. Die größte Möglichkeit der Energieeinsparung
liegt daher nicht in einer weiteren Senkung des Spritverbrauches,
auch in keiner Verlagerung derMobilität zur Schiene: Sie liegt
simpel in der Verlängerung des Lebenszyklus des Automobils.
Statt die Energie in die Produktion neuer Autos zu stecken, sollte
diese für die Energie schonende Erhaltung des vorhandenen Fuhrparks
verwendet werden. Die Wertschöpfung lässt sich damit von den global
operierenden Automobilkonzernen zu den lokal operierenden
Kfz-Werkstätten verlagern, vom Nullsummengeschäft des
Neuwagenverkaufs hin zum lukrativen Kfz-Service.
Die Teileproduzenten und der Teilehandel sind gemeinsam mit den
Kfz-Werkstätten durchaus in der Lage, dieses von den Autokonzernen
ungenutzte Energiesparpotenzial zu fördern - etwa mit
"zeitwertgerechten Teilen" für ältere Fahrzeuge. "Die Lebensdauer des
Kfz wird steigen, die partielle Erneuerung wird wichtiger", schreibt
der TU-Professor DDr. Helmut Detter den Autohäusern als
Zukunftsprognose realitätsnah ins Stammbuch. An denen wird es liegen,
diese Prognose ihren Kunden schmackhaft zu machen.