Auf dem Papier war 2011 für die österreichische Autobranche ein
außerordentlich erfolgreiches Jahr. Doch die Statistik habe mit dem
Marktgeschehen wenig zu tun, klagen viele Händler. Sie fürchten, dass
die Spielräume heuer noch enger werden.
Österreich als "Insel der Seligen": Dieser reichlich abgenützte
Ausdruck traf im Vorjahr zumindest auf den Automarkt zu. Denn während
die gesamteuropäischen Pkw-Neuzulassungen um 1,7 Prozent
zurückgingen, wurde in der Alpenrepublik ein Plus um 8,4 Prozent auf
356.145 Fahrzeuge verzeichnet.
Auffällige Details: Der Dieselanteil stieg von 50,9 auf 54,7 Prozent,
alternative Antriebe (Elektro, Hybrid und Erdgas) verbesserten sich
immerhin von 0,5 auf 0,7 Prozent. Exakt 2.397 Ökoautos sind freilich
immer noch ein lächerlich geringer Wert, wenn man bedenkt, welcher
Werbeaufwand beispielsweiserund um Erdgasautos betrieben wurde. Von
der Vorstellung, dass sich die 172 österreichischen Erdgastankstellen
jemals rentieren werden, können sich Mineralöl- und Gasanbieter wohl
endgültig verabschieden.
Konstante Exporte
Von denökologischen zu den ökonomischen Hintergründen: Insgesamt
64.320 Fahrzeuge wurden 2011 weniger als 90 Tage lang zugelassen, im
Jahr davor waren es 57.601. Die reinen Tageszulassungen sind mit
einem Plus von 8,6 Prozent auf 22.104 Stück quasi gleich stark
gewachsen wie der Gesamtmarkt, ihr Anteilblieb mit gut 6 Prozent
annähernd konstant.
Auf die Bestandsentwicklung werden sich die Tageszulassungen kaum
auswirken. "Ein großer Teil davon hat nie österreichische Straßen
berührt, weil diese Fahrzeuge entweder sofort nach der Abmeldung
exportiert wurden oder überhaupt nie nach Österreich gekommen sind",
kritisiert Burkhard Ernst, Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels.
Eine Handhabe hat er dagegen freilich nicht:Alle Vorstöße, eine
sinnvolle (und nicht rein gewichtsbezogene) Exportstatistik zu
erstellen, sind schon 2010 gescheitert.
Verhängnisvolle Absatzziele
Heuer rechnen viele Branchenteilnehmer damit, dass die "künstlichen"
Zulassungen deutlich steigen werden. Der Hintergrund: Wenn der
"echte" Markt zurückgeht, kommen auch jene Importeure unter Druck,
die im Vorjahr kaum von diesen Werkzeugen Gebrauch gemacht haben. Die
Spitzenreiter in der Kurzzulassungsstatistik werden ihre Taktik
ohnehin nicht ändern.
Auch so mancher Händler tätigt Kurzzulassungen, wenn seine
Absatzziele sonst unerreichbar sind. Davor warnt auch die europäische
Branchenvereinigung CECRA. Sie geht nach einer Umfrage unter ihren
nationalen Mitgliedsverbänden davon aus, dass der Neuwagenmarkt in
den 27 EU-Mitgliedsstaaten heuer um 7,2 Prozent schrumpfen wird. "Wir
fordern die Hersteller auf, das bei der gemeinsamen Festlegung der
Absatzziele mit ihren Händlernetzen zu berücksichtigen", sagt
Markenhändlersprecher Jaap Timmer.
"Echte" Geschäfte nötig
InÖsterreich liegen die Prognosen von Importeuren und Händlern recht
nahe beisammen: Importeurssprecher Dr. Gerhard Pils rechnet mit
320.000 bis 330.000 Neuzulassungen, Ernst mit eher mit 310.000 bis
320.000 Stück. Aus Sicht der betroffenen Betriebe wären selbst
280.000 oder 290.000 Neuzulassungenkeine Tragödie - sofern es sich
denn um "echte" Verkäufe an "echte" Kunden handelt, bei denen endlich
wieder "echtes" Geld verdient wird.