A&W: Zuerst bitte einen kurzen Rückblick, wie ist die Karriere von Harald Winkler verlaufen?

Harald Winkler: Nach HTL-Maschinenbau und einer Schlosser-Lehre in Salzburg habe ich bald in den Vertrieb gewechselt und in West-Österreich Holzbearbeitungsmaschinen verkauft. Nach dem privaten Wechsel nach Wien bin ich dann am 7. März 1988 von Würth sozusagen rekrutiert worden, als Außendienst-Mitarbeiter für Wien. Schon im Herbst wurde mir der Aufbau der Abteilung Produkt-Marketing angeboten, 1989 habe ich noch zur Hälfte im Außendienst und zur Hälfte intern als Produktmanager gearbeitet, ab 1990 dann ausschließlich als Produktmanager.

 

Wie ging es weiter?

Winkler: 1993 hat mich Manfred Reichhold zum Regionalverkaufsleiter Ost im Kfz-Bereich befördert und 1999 haben wir den Bereich Kfz – mit 19 Mitarbeitern – in die Einheiten Auto, geleitet von Alexander Nuss, und in Cargo aufgeteilt. Für diesen Vertriebszweig habe ich 2001 die Vertriebsleitung übernommen und mir den Namen „Mr. Cargo“ im Konzern erarbeitet. Dazu gehören Lkw, Baumaschinen, Landmaschinen und Busse. 2005 sind die Themen Würth Diagnose (WOW), Kfz-Werkstattausrüstung und Betriebseinrichtung dazugekommen, die ich in Österreich aufgebaut habe. 2008 habe ich die Prokura erhalten, das habe ich als sehr große Wertschätzung des Unternehmens erfahren. Und ab September 2015 habe ich als Divisionsleiter die Verantwortung für den kompletten automotiven Bereich, also Cargo und Auto inklusive Key Accounts übernommen. Damals haben wir den Direktvertrieb, die lineare Struktur, in eine Matrix-Organisation überführt. Das war sicher ein Meilenstein in der Organisation.

 

Was waren die persönlichen Highlights in dieser langen, erfolgreichen Karriere?

Winkler: Für mich war Manfred Reichhold mein größter Mentor, er hat mich gefördert, und er hat mich selbstständig arbeiten lassen, natürlich mit Maß und Ziel. Und er hat mich zwischenmenschlich stark geprägt, im sozialen Umgang mit Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten. Er hat das vorgelebt. Nachdem Manfred das Unternehmen verlassen hat, habe ich als Divisionsleiter direkt an Geschäftsführer Alfred Wurmbrand berichtet. Alfred hat es ermöglicht, dass ich so weiterarbeiten kann, er hat aber die Anforderungen im Punkt Betriebswirtschaftlichkeit und Planung noch stärker fokussiert (…wer fordert, der fördert). Das war für meine Entwicklung ebenfalls sehr wichtig. Mit meiner Ausbildung zum Master of Business Administration 2015 und 2016 habe ich für mich die akademische Bestätigung erhalten, dass ich vieles richtig gemacht habe. Grundsätzlich gilt: Mit Einsatz und der Bereitschaft, die extra Meile zu gehen, gepaart mit einer gesunden Portion Hausverstand und betriebswirtschaftlicher Kenntnis kann und darf man bei Würth viel bewegen. 

Meilensteine waren – wie erwähnt ‒ die Ernennung zum Prokuristen, der Change-Prozess zur Matrix-Organisation, aber auch die Positionierung der Marke Würth bei der AutoZum im Kfz-Bereich, wo wir Magnet und Treiber waren und sind. Auch hier spricht der Zustrom für unsere Kundennähe.

Wichtige Entwicklungen in meiner Zeit betreffen auch die Partnerschaften. Der grundsätzliche Zugang von Würth ist ja die Entwicklung von eigenen Produkten. Wir können aber nicht überall führend sein, und so haben wir in einigen Bereichen strategische Partnerschaften angestrebt: Dazu gehören WS Wieländer+Schill Karosseriewerkzeuge, Hunter, Tunap und seit Kurzem TwoTronics.

Ich blicke mit Stolz auf die vergangenen 37 Jahre bei Würth zurück und möchte an dieser Stelle Danke sagen: Danke an meine Kunden für ihre Treue und das Vertrauen. Deren Zufriedenheit war stets mein Antrieb. Danke an meine Lieferanten für die zuverlässige Zusammenarbeit und die gemeinsamen Erfolge. Aber auch Danke an die Wettbewerber für einen fairen Wettstreit und die Herausforderungen, die uns alle haben wachsen lassen. Es war eine spannende Zeit voller wertvoller Erfahrungen und unvergesslicher Momente. 

 

Wie hat sich das aktuelle Führungs-Team entwickelt?

Winkler: Man muss rechtzeitig darauf schauen, dass man die richtigen Nachfolger hat, wenn man sie braucht. Das Team, das heute Verantwortung trägt, hat sich schon 2017/2018 herauskristallisiert: Damals hat Bernhard Kreici als Market-Manager begonnen, Florian Andrä habe ich als Bezirksleiter Werkstattausrüstung und Betriebseinrichtung eingesetzt. Wolfgang Rieder hat als Bezirksleiter die Key-Accounts übernommen und leitet den Bereich weiterhin.

Mit Jahreswechsel habe ich die komplette Divisionsleitung für den automotiven Bereich an Bernhard Kreici übergeben und ihn in den vergangenen Monaten quasi beratend begleitet. Florian Andrä ist als Verkaufsleiter des Profitcenters Investitionsgut für die Themen Werkstattausrüstung und Betriebseinrichtung, Fahrzeugeinrichtung und Ladeinfrastruktur verantwortlich, dieses Segment ist unternehmensweit aufgestellt, also branchenübergreifend, Florian berichtet in der neuen Position direkt an den GF Mario Schindlmayer. 

 

Wie dürfen wir uns das Segment in der Betreuung vorstellen, liegt das beim klassischen Würth Außendienst?

Winkler: Nein, Investitionsgut ist ein ganz anderes Thema und unterscheidet sich vom klassischen C-Teile-Management. Der Erstkontakt, die Leadgewinnung erfolgt meist über den Außendienst, aber dann haben wir Spezialisten, Techniker und Planer für den jeweiligen Bereich, von der klassischen Kfz-Werkstatt-Einrichtung mit Diagnose und Kalibrierung bis zur Ladelösung im Betrieb, wenn nötig stellen wir unseren Kunden ein Reifenhotel auf die grüne Wiese.

 

Seit dem Einstieg bei Würth sind jetzt fast 37 Jahre vergangenen. Wie hat sich das Werkstätten-Geschäft in dieser Zeit verändert?

Winkler: Als ich begonnen habe, war das Werkstätten-Geschäft natürlich komplett analog, es war hemdsärmelig und man hat wenig über die strategische Ausrichtung nachgedacht. Damals war Zubehör ein wesentliches Thema, man hat ein Auto gekauft und dann das Zubehör eingebaut, von Radio und Lautsprechern, aber zu einer gewissen Zeit auch Fensterheber, Sonnendächer oder Klimaanlagen. Das waren immer bestimmte Phasen. Eine davon war auch der Einbau des Mobiltelefons mit allen möglichen Zubehörteilen. 

Über viele Jahre war das Auto die goldene Kuh für den Österreicher, und in der Werkstätte konnte man wirklich gut Geld verdienen. Über Produktivität hat man noch nicht viel gesprochen, der Umsatz pro Hebebühne war kein Thema, es waren ohnehin gute Erträge zu erwirtschaften. 

Die zum Teil voll ausgestatteten japanischen Autos, bei denen nur mehr wenig Zubehör benötigt wurde, haben ebenfalls eine große Veränderung im Werkstattgeschäft (After Sales) mit sich gebracht, auf welche die europäische Autoindustrie wie auch wir reagieren mussten. 

Die zweite große Veränderung gab es im elektronischen Bereich, mit Canbus-Systemen. Plötzlich waren Diagnose und Fehlercodes entscheidend. Das waren die Anfänge der Digitalisierung. 

 

Was war die Aufgabe von Würth vor 35 Jahren. Und wie hat sich das verändert?

Winkler: Für uns war die Anforderung damals, schnell und umfassend zu liefern. Es gab viele Produkte und Umsätze, die weggebrochen sind, andere sind wieder dazugekommen. Entscheidend ist damals wie heute, dass wir als Würth-Organisation sehr flexibel auf den Markt reagieren können. Es ist unsere Stärke, uns an den Wandel anzupassen. Und ich darf sagen, dass wir immer sehr früh mit neuen Lösungen dran waren und nach wie vor sind. Wir waren die Ersten, die die Optimierung des C-Teile-Handlings zum Thema gemacht haben. Wir haben schon damals gewusst, dass der Mitarbeiter die Wertschöpfung am Auto bringen muss und nicht seine Zeit mit Suchen und Organisieren in der Werkstätte verbringen darf. Unser Ziel ist es, unsere Kunden so intensiv wie möglich in ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen. Dabei sind wir immer unserem Geschäftsmodell treu geblieben: extrem stark kundenorientiert. Der Kunde steht im Mittelpunkt unseres Handels.

 

Wie gehts weiter in der Werkstätte und im Angebot bei Würth?

Winkler: Jetzt sind wir mitten in der Digitalisierung, die immer weiter fortschreitet, sowohl im Auto wie auch in der Werkstätte. Und wir sind mit den Veränderungen beim Antrieb und den Geschäftsfeldern konfrontiert. Gemeinsam mit Bernhard habe ich schon 2017 die strategische Ausrichtung unseres Angebots neu definiert. Die strategischen Felder, bei denen wir uns stark machen, sind unabhängig vom Antriebsstrang, dazu gehören unter anderem Karosserie, Räder und Reifen, Klima, aber auch die Windschutzscheibe. Daraus haben wir nun nach und nach Geschäftsmodelle für den Kfz-Betrieb entwickelt.

Bernhard Kreici: Die AutoZum im Jänner 2025 wird klar zeigen, wo die Reise hingeht. Dort steht – unter anderem ‒ die Optimierung der Fahrzeugannahme im Fokus, mit Quick Check Drive von Hunter und der Scanner-Lösung von TwoTronic, wo wir mit Anfang des Jahres den Generalvertrieb für Österreich übernommen haben. Damit ermöglichen wir den Betrieben eine schnelle Annahme, die immer gleich und mit immer derselben Qualität erfolgt und eine umfassende Datensammlung und Dokumentation des Fahrzeuges bietet.

 

Kommen wir noch zu Ihrer Laufbahn, Herr Kreici. Wie sind Sie zu Würth gekommen?

Kreici: Nach der HTL-Elektrotechnik habe ich auf der Wirtschaftsuniversität Wien Betriebswirtschaftslehre studiert und – nach zwischenzeitlicher Berufserfahrung im Bankwesen – mit dem Master in Management abgeschlossen. Mit meiner Ausbildung habe ich also wirtschaftliche und technische Aspekte kombiniert, dazu kommt ein großes Interesse am Kfz, sowohl im Zweirad- wie auch im Vierrad-Bereich. 

2017 war bei Würth die Position Marketmanager ausgeschrieben und nach erfolgreicher Bewerbung hat mich Harry Winkler in sein Team geholt. Hier habe ich von Beginn an eng mit Harry zusammengearbeitet und nach und nach Projekte übernommen, Kompetenz und Know-how aufgebaut. Dabei konnte ich das Wissen aus dem Studium auf das Unternehmen und die Branche umlegen.

Bereits mit Beginn des Jahres habe ich die Funktion als Divisionsleiter übernommen, mit Harry als Begleiter und Berater. Uns ist allen sehr daran gelegen, einen sehr geordneten und gut organisierten Übergang zu gestalten, keinen harten Cut. Dabei kann man viel vorbereiten, aber einiges fällt dann in die Übergangsphase, und da ist es wichtig, dass man sich noch austauschen kann. 

 

Was fasziniert Sie an Würth, was macht Würth aus?

Kreici: Würth kennt man, das ist in der Technik und im Handwerk ein Name, Würth ist ein sehr stabiles Unternehmen und eine starke Marke, sie wird auch außen sehr positiv wahrgenommen. Mir war bei der Jobauswahl auch wichtig, eine abwechslungsreiche und vielseitige Aufgabe zu haben, das ist hier genauso, wie ich es mir vorgestellt habe. Als Divisionsleiter bin ich für das Gesamtbild in der Division zuständig, für die strategische Entwicklung ebenso wie für den betriebswirtschaftlichen Erfolg. Aber auch die Bedarfsanalyse, die Produktentwicklung, das Marketing und die Kundenbetreuung zählen zu den Aufgaben. Der Zugang zum Kunden und vor allem die Kundennähe ist eine meiner Hauptaufgaben. Dabei ist Harry ein starker Mentor, der mir großes Vertrauen für meine selbstständige Arbeit entgegengebracht hat und von dem ich viel lernen durfte.

 

Was sind die wichtigsten Veränderungen in der Branche beziehungsweise für Würth?

Kreici: Die Geschäfts- und Ertragsmodelle ändern sich, weil sich der Zugang zum Kunden ändert. Wir müssen die Betriebe aus Omnichannelsicht bestmöglich betreuen. Wir müssen die Produktivität bei unseren Partnern steigern, mit automatisierter Bestellung, digitalisiertem Standardeinkauf sind wir schon sehr weit.

Aber auch bei unseren Kunden ändert sich die Ertragssituation. Hier bieten wir, wie von Harry erwähnt, den Werkstätten Geschäftsmodelle, die unabhängig vom Antriebsstrang sind. So ist etwa der Kundendienstberater noch mehr gefordert Lösungen aktiv zu verkaufen. Auch durch die Agentursysteme der Autohersteller ändert sich das Geschäftsmodell und bringt neue Herausforderungen. Antriebsneutrale Lösungen schließen aber Angebote für die neuen Antriebe nicht aus, und so sind wir etwa im Bereich der Ladeinfrastruktur schon sehr gut aufgestellt.

Auch der Bereich Ausbildung ist ein Riesenthema: Neue Technologien zu beherrschen und mehrere Marken zu betreuen ist eine große Herausforderung, wo wir unterstützen. Wir merken eine Tendenz zu größeren Gruppen bei unseren Kunden, kleinere Unternehmen sind eher rückläufig. Auch das müssen wir berücksichtigen. Denn entscheidend in unserem Tun ist immer die zentrale Sicht auf den Kunden.

Winkler: Man muss in der Kundenbetreuung immer die Struktur des Kunden spiegeln und nicht sein eigenes System aufzwingen. Trotz unserer Größe und der umfassenden Weiterentwicklung schaffen wir es immer wieder, uns auf den Kunden einzustellen und ihn nicht mit einem fertigen System zu konfrontieren.