Das KTI – Kraftfahrzeugtechnische Institut und Karosseriewerkstätte aus dem deutschen Lohfelden beschäftigt sich unter anderem mit der Reparaturfähigkeit von E-Autos. Dieses Thema hat jüngst durch die Hinwendung der europäischen Industrie zur E-Mobilität und dem Marktstart zahlreicher E-Modelle aus China noch einmal deutlich an Fahrt aufgenommen. Neben neuen Anbietern kommen für Karosserie- und Lackierwerkstätten noch andere Herausforderungen dazu: Materialmix der einzelnen Karosseriebauteile, komplexe Lackaufbauten, vernetzte Fahrzeuge, und so weiter. Entscheidend in all diesen Bereichen ist die Qualifizierung der Betriebe, das betrifft sowohl die Qualifikation der Mitarbeiter als auch die betriebliche Ausstattung, konkret Hochvolt-Arbeitsplätze oder das Vorhandensein von Quarantänestellflächen für havarierte E-Fahrzeuge.
Kriterien werden im Wesentlichen erfüllt
Das KTI, das über namhafte Gesellschafter, unter anderem den Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), den Zentralverband Karosserie und Fahrzeugtechnik (ZKF), die Sachverständigenorganisation DEKRA oder auch hierzulande bekannte Player wie DAT oder Audatex, verfügt, beobachtet primär den deutschen Markt, trotzdem sind einige Erkenntnisse auch auf den österreichischen Markt übertragbar, wie KTI-Geschäftsführer Helge Kiebach betont. Die Experten des Instituts haben unter anderem erhoben, dass die Kriterien, die an eine E-Auto-Reparatur gestellt werden, in nahezu allen Betrieben, egal ob markengebunden oder frei, erfüllt werden können. In ganz wenigen Fällen gebe es allerdings noch Verbesserungsbedarf, etwa dass alle Schritte im Reparaturprozess nach Herstellervorgabe erfolgen. „Treten während der Reparatur Fehler auf, dann meist aus Unwissenheit“, erklärt KTI-Projektingenieur Philipp Fuchs. Der deutsche und auch der österreichische Markt für E-Fahrzeuge, stehe – wenn man den Bestand betrachte – noch am Anfang, Angebot und Nachfrage müssten sich erst entsprechend entwickeln, ebenso die Routine in den Reparaturbetrieben. In Deutschland gebe es bereits die Konzepte „Fachbetrieb E-Mobilität“ (ZKF) und „eCar Service“ (ZDK), die nach außen hin Kompetenz rund um elektrisch angetriebene Fahrzeuge zeigen würden. „In puncto Qualifizierung zeigen sich im Wesentlichen keine Unterschiede zwischen Markenbetrieben und freien Werkstätten“, betont Fuchs. Je nach Marke würde einmal mehr und einmal weniger geschult, wichtig sei das Vorhandensein einer hohen Prozesssicherheit im Unternehmen.
Hohe Kompetenz in freien Betrieben
Im Karosserie- und Lackierumfeld zeigt der Umstand, dass es sich beispielsweise bei Tesla Approved Bodyshops in der Regel um freie Betriebe handelt, die hohe Kompetenz der markenungebundenen Werkstätten. Auch darf laut KTI--Experten nicht vergessen werden, dass sich neu auf den Markt kommende, aktuell vor allem chinesische Marken erst festigen müssten, und das nicht nur in Hinsicht auf ihre Markenbekanntheit, sondern in allen Aftersales-Belangen.
Qualität der Reparaturleitfäden entscheidend
Ein zentrales Element bei der Reparatur von E-Fahrzeugen sind die Reparaturleitfäden der Hersteller, die dem KTI zufolge eine hohe Dynamik in der Weiterentwicklung aufweisen. Die Forscher konnten aber auch erheben, dass die Reparaturleitfäden mancher Hersteller zu wenig Informationen beinhalten, womit den Reparaturbetrieben die Arbeit erschwert würde. Allerdings dürfe man hier nicht alle neuen Anbieter „über einen Kamm scheren“, unterstreichen die KTI-Experten. Wenn Marken neu auf den Markt kämen, könnte der Fall auftreten, dass die Herstellervorgaben noch nicht umfassend definiert seien. Mit dieser Situation müssten aber alle Reparaturbetriebe zurechtkommen, geben die KTI-Forscher zu bedenken.
Schaden sauber bewerten
Tritt ein Karosserie- und/oder Lackschaden ein, so rückt der Schadensprozess in den Mittelpunkt. Bereits bei der Fahrzeugannahme sollte eine Erstbewertung erfolgen, ob es sich um einen reinen Karosserieschaden handelt oder Hochvolt-Komponenten betroffen sind. Gegenwärtig entfallen laut KTI-Einschätzung 90 Prozent auf reine Schäden an der Fahrzeug-Außenhaut und hier unterscheidet sich das E-Auto nicht von einem Verbrenner. Der nachgelagerte Prozess kann in der herkömmlichen Art und Weise durchgeführt werden. Ist hingegen eine HV-Komponente betroffen, so braucht es eine tiefgehende Diagnose. Im Annahmeprozess sind also saubere Prozesse und eine Gefährdungsbeurteilung unerlässlich. Dazu zählt auch die Feststellung einer möglichen Quarantäneerforderlichkeit. „Wir sehen, dass Fahrzeuge zurzeit zu häufig und zu lange in Quarantäne genommen werden“, verweist Projektingenieur Fuchs auf die Wahl des richtigen Reparaturwegs.
Wenig Reparaturmöglichkeiten am HV-System
Unabhängig von einem Karosserie- und/oder Lackschaden kann bei E-Fahrzeugen bezogen auf das HV-System in den meisten Fällen lediglich die Batterie, etwa durch den Tausch einzelner Zellmodule, repariert werden. Aber auch hier zeigt sich eine große Bandbreite: Es gibt Hersteller, die gar keine Reparaturen erlauben und jene, die spezielle Reparaturmöglichkeiten anbieten. Hersteller müssten zudem noch sichtbar machen, ob Reparaturen preislich Sinn machen würden.
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