Freie Händler haben noch zu wenig Informationen, wie man technisch komplexe Elektroautos repariert, Markenbetrieben geht es zumindest bei Fremdmarken so“, berichtet Horst Pohl von HP Unternehmensberatung, der sich – unter anderem – mit den Gebrauchtwagen-Prozessen in den Betrieben beschäftigt. Selbst wenn Akkus deutlich länger halten und viel weniger Probleme bereiten, als der Stammtisch behauptet: Als Händler möchte man beim Verkauf eines gebrauchten E-Autos kein (schwer kalkulierbares) Risiko eingehen. Für den freien Händler sowie für das Autohaus beim Fremdmarken-Eintausch ist das E-Auto aber eine Blackbox.
Dabei gibt es Hersteller, die selbst für ihre eigenen Marken den State of Health (SOH), also den Gesundheitszustand des Akkus nicht feststellen können. Dieser SOH ist aber der entscheidende Schlüssel zur erfolgreichen GW-Vermarktung. „Ein Zertifikat ist fast eine Grundvoraussetzung für den Handel, sowohl für den Händler beim Eintausch wie auch für den Konsumenten beim Kauf.“ Lösungen am freien Markt sind mittlerweile verfügbar, von den Kfz-Betrieben aber zu wenig genutzt.
„Ich muss mir als Händler einen Eindruck über den Zustand des Fahrzeuges machen können, ist das nicht möglich, ist es technisch, kaufmännisch und juristisch schwierig“, weiß Pohl. Es braucht einen Test der Batterie, bevor man ein Ankaufsangebot legt.
„Daher lassen die meisten freien Gebrauchtwagenhändler noch die Finger vom E-Auto“, so Pohl. Und auch Markenhändler schauen, dass sie den Eintausch der Fremdmarke eher vermeiden. Aktiv zugekauft wird hier sowieso nicht.
Elektrofahrzeuge sind von der Preisdynamik der vergangenen Jahre noch stärker betroffen als Verbrenner-Kollegen und das mangelnde Akku-Wissen ist natürlich nicht der Hauptgrund für die derzeit schlechte Vermarktung der E-Modelle. Dass aber der freie Markt „auslässt“, spielt eine wesentliche Rolle. Für das Autohaus gilt: Sich damit NICHT zu beschäftigen, ist definitiv der falsche Weg. Denn jetzt geht es erst los. Der E-Auto-Firmen-Boom mit entsprechend leistungsfähigen und reichweitenstarken Fahrzeugen hat vor 3 bis 4 Jahren begonnen. Diese Leasingfahrzeuge kommen nun nach und nach zurück, werden bald einen wesentlichen Teil im Gebrauchtwagenmarkt ausmachen. Die müssen von irgendwem vermarktet werden. „Wenn das Angebot inklusive Batteriezertifikat und Garantie stimmt, ist nicht mehr nur der Preis entscheidend. Dann werden sich die Fahrzeuge auch gut und gewinnbringend verkaufen lassen.“
Beratung aus Erfahrung
Abgesehen von Technik, Elektronik und Akku gibt es noch weitere Anforderungen an den E-GW-Handel. „Offenheit gegenüber Neuem gehört dazu, sowohl die Unternehmer wie auch die Verkäufer müssen sich intensiv mit der neuen Antriebsart auseinandersetzen“, fordert Pohl. Der Verkäufer muss sich engagieren, selbst mit dem Auto fahren und Erfahrungen sammeln. „Beim Gebrauchtwagen muss Beratung aus Erfahrung kommen“, ist Pohl überzeugt. Der Verkäufer muss dem potenziellen Kunden also aus seiner Erfahrung berichten, eventuell Tipps geben: „Ich bin selbst gefahren, habe diese Reichweite und Ladegeschwindigkeit erzielt“, empfiehlt Pohl die Vorgangsweise. Und: „Entsprechende Garantielösungen, die auch die Batterie umfassen, nehmen vielen Skeptikern die Sorge.“
Nicht zuletzt ist die Beschreibung des Fahrzeuges noch stiefmütterlich. Akku-Größen oder Reichweite sind in den Online-Börsen nur selten zu finden. Dabei hat willhaben längst entsprechende Felder eingeführt, die Nutzung ist noch verbesserungsfähig, so wie das gesamte E-GW-Business.
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