KLART€XT: Welchen Stellenwert haben die Erträge aus dem Werkstattbereich in einem Autohaus?

Mag. Wolfgang Wurm: In Österreich waren diese Erträge immer sehr wesentlich für die Händler: Die gesamte VW-Organisation hat sich ja eigentlich aus dem Bereich Service entwickelt, da viele Betriebe früher Schmiede oder Werkstätten waren, bei Škoda hat man anfangs auch Tankstellenbesitzer oder -betreiber angesprochen. Die Kundenbindung läuft über die Werkstätten – und am Sprichwort „Das erste Auto verkauft der Verkäufer, die anderen der Kundendienstbetreuer“ ist schon etwas Wahres dran. Der meiste Ertrag wird im Service erwirtschaftet, auch wenn in Österreich 80 Prozent des Umsatzes aus dem Autoverkauf kommen und 20 Prozent aus der Werkstätte. In anderen Ländern hat sich das gewandelt: In Südeuropa lebt man vom Autoverkauf, etwa in Italien und Spanien. Dort gab es wirtschaftlich schlechte Zeiten, wo die Kunden nicht mehr so oft in die Markenwerkstätte gefahren sind.  

 Ist das bei allen Marken des Konzerns gleich gewichtet? Oder gibt es Unterschiede?

Wurm: Die Erträge aus dem Service sind überall sehr, sehr, sehr wichtig. Vom gesamten Pkw-Bestand von 5,2 Millionen betreuen wir 2,2 Millionen. Das ist ein Schatz, den man hüten muss, wobei es innerhalb der Marken große Unterschiede gibt: VW hat zwar den höchsten Bestand, aber bei Porsche werden die wenigsten Autos verschrottet. Insgesamt ist das ein wichtiges Grundkapital: Was man hat, muss man pflegen, auch weil das Erobern teuer ist. Wichtig ist in Österreich die sehr kleinteilige Struktur: VW hat einmal damit geworben, dass man nur 10 Kilometer bis zum nächsten Servicestützpunkt braucht, das war wie eine Versicherung. Insgesamt haben wir bei unseren Marken mehr als 300 Betriebe: Das ist sehr wichtig, weil die Abdeckung für die Kunden sehr dicht ist. Die Kundenbindung ist vor allem in den kleinen Betrieben sehr eng: Das schätzen die Leute, das macht das Familiäre aus. Aber -natürlich hat eine Werkstätte von heute nichts mehr mit einer Werkstätte vor 20 oder 30 Jahren zu tun.

 Wie hat sich das in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt?

Wurm: Ich bin schon seit 36 Jahren dabei und habe im Kundendienst begonnen: Die allermeisten Betriebe, die ich damals betreut habe, gibt es noch heute, und auch viele Kundendienstberater und Mechaniker sind so lange aktiv. Diese persönliche Beziehung zu den Kunden ist vielleicht auch ein Grund, warum wir als Organisation erfolgreicher sind als andere. Auch bei unseren Importeuren arbeiten die Leute sehr lange, einige waren mehr als 45 Jahre aktiv. Diese Wertschätzung bringen wir den Händlern gegenüber, die ihr Vermögen in den Betrieb investiert haben und bei jeder Investition daran denken müssen, dass sie auch die nächste Generation zurückzahlen kann.

Wie können die Importeure dabei helfen?

Wurm: Škoda hat seinerzeit die Top Card erfunden, die es mittlerweile bei allen Marken gibt. Mit dem Einlagern und Wechseln der Winterreifen hat man zweimal im Jahr Kontakt zu den Kunden, das muss man ausnützen. Außerdem gibt es die Garantieverlängerungen auf 5, 8 oder 10 Jahre durch die Porsche Bank zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Das muss der Kundenberater aber natürlich auch anbieten, um die Kunden länger in der Fachwerkstätte zu halten. 

 Wie hat sich die Rolle der Importeure in den vergangenen Jahren verändert?

Wurm: Früher war unser Außendienst auch Betriebsberater und hatte intensive Analysetools: Heute werden in erster Linie die qualitativen Kriterien und Prozessschritte vom Außendienst überprüft. Das fördert das Unternehmertum wieder stärker. Über die Teilevertriebszentren in Salzburg und Wien liefern wir auch Leihwerkzeuge, die nicht so oft benötigt werden, via Nachtsprung zu den Werkstätten. Das ist eine sinnvolle Möglichkeit, die genauso genützt wird wie die 9 innerbetrieblichen Schulungszentren, die wir gemeinsam mit dem Handel in Österreich gegründet haben.

 Welche Rolle spielen Ersatzteile (auch die Nicht-Originalen) bei den Erträgen?

Wurm: Mit den Quality Parts können wir jene Kunden länger binden, bei denen der Preis eine entscheidende Rolle spielt: Im Segment bis 4 Jahre haben wir in der VW-Organisation den höchsten Betreuungsgrad, auch wenn die Loyalität mit den Jahrzehnten schleichend abgenommen hat. Das wird schwierig, da in den vergangenen 5 Jahren immer um 20 bis 25 Prozent weniger Neuwagen verkauft wurden. Den Bestand muss man länger im Betrieb halten, hier kommen die Quality Parts ins Spiel. Quality Parts heißt immer höchste Qualität zum fairen Preis und einfachste Garantieabwicklung, bei der für die Werkstätte auch die Arbeitszeit vergütet wird. Im Segment 3, also bei Fahrzeugen um die 8 Jahre, war der Druck am höchsten: Seit wir die Zahl der preisgünstigen Teile von anfangs 400 auf fast 15.000 angehoben haben, ist die Loyalität der Kunden leicht angestiegen. Am wichtigsten sind Bremsenteile, während Blechteile wegen der Passgenauigkeit immer Originalteile bleiben werden. Die Quality Parts erleichtern auch das Aufbereiten von Gebrauchtwagen: Und die Werkstätten erhalten einen Margenbonus zu Jahresende. Die Lieferfähigkeit liegt durch die 7 Außenzentren in Österreich auf einem sehr hohen Niveau.