„Die Chinesen kommen“: so oder ähnlich wurde – auch bei uns – schon oft getitelt. Gemeint sind natürlich die chinesischen Autohersteller und sie kommen tatsächlich immer stärker nach Europa, wenn auch in Wellen.
Viele Hersteller sind schon längst am europäischen Markt vertreten, die meisten natürlich in Norwegen, aber auch Schweden, Dänemark und Benelux. Einige sind auch schon in Österreich, Volvo oder Polestar im skandinavischen Kleid, smart bei den Mercedes-Händlern, Leapmotor als Konzern-Marke bei den Stellantis-Partnern oder BYD, MG oder Maxus bei Denzel und dessen Händlern.
Nun kommt der nächste Schwung und der beginnt in zwei Wochen mit XPeng, einer technologisch sehr starken Marke, an der sich VW bereits beteiligt hat. Die Marke ist technisch und offenbar auch vom wirtschaftlichen Background ganz vorne mit dabei. Tolle Fahrzeuge mit Top-Ausstattung, mit der derzeit höchsten Ladegeschwindigkeit und das in den umweltfreundlicheren LFP-Akkus. Seit kurzem ist auch klar, dass die beiden SUV bei Magna in Graz (zusammen-)gebaut werden. Hier spricht vieles für eine Zusammenarbeit.
Darüber hinaus ist es wohltuend mit welcher Überzeugung man hier über die wichtige Rolle des Händlers, minimale Standards und dem Verkaufserfolg als Fokus erzählt. Auch wenn sich das in ein paar Jahren ändern kann, ist man hier in einem positiven Aufwärtstrend, fast Teil einer Start-Up-Dynamik.
Einige Marken sind in den Startlöchern
Und es geht rasant weiter: Chery (mit Omoda und Jaecoo) kommt mit dem israelischen Importeur Colmobil gerade nach Österreich. Farizon und Nio/Firefly starten über Auto Wallis aus Ungarn bei uns und Geely (Konzern mit den Marken Volvo, Polestar, smart (mit MB), Lynk&Co, Lotus,...) wird in nächster Zeit auch mit den Marken Geely und Zeekr in Österreich beginnen. Changan eröffnet quasi im Monats-Rhythmus neue Länder-Niederlassung (teilweise selber, teilweise über Importeure) und wird über kurz oder lang auch eine Lösung in Österreich umsetzen. Einige andere Marken (BAIC, Forthing oder DFSK) sind über Deutschland Importeur Indimo und dessen Österreich-Partner RB Motors bereits hier vertreten. Dazu kommen neue BEV-Marken wie Vinfast aus Vietnam oder Togg aus der Türkei, Österreich-Engagement allerdings noch offen.
Erfahrungen gesammelt
Dabei haben die Newcomer stark dazu gelernt. Zwei Themen sind der Branche durch BYD, dem größten chinesischen Hersteller, klar geworden: es funktioniert für die neuen (weitgehend unbekannten) Marken nur über ein starkes Händlernetz, denn das Vertrauen des Konsumenten besteht zum Händler und nicht zur Marken. Das zeigt der Unterschied zwischen dem Erfolg von BYD in Deutschland und Österreich.
Das ist eine wichtige und sehr positive Erkenntnis und eine erfreuliche Stärkung des etablierten Handels.
BYD hat in Deutschland aber auch gezeigt, wie schnell ein Importeurswechsel bei chinesischen Konzernen erfolgen kann, wenn die Zahlen nicht stimmen. Rasche Strategieänderungen gibt es beispielsweise auch bei Great Wall Motors (GWM), die nach großen Ankündigungen ihr Engagement wieder stark zurückgefahren sind.
Nicht zuletzt kommen auch sehr negative Erfahrungen vor, etwa mit Marken, die sich wie HiPhi (Human Horizons) wieder vom zurück gezogen haben oder durch Konkurs vom Markt verschwunden sind (Fisker, X-Bus, Elaris). Bei Letzteren handelt sich allerdings nicht um China-Brands.
Wer bleibt?
Bleibt die Frage: wer bleibt? Von den weit über 100 chinesischen Hersteller überleben nach unterschiedlichen Einschätzungen zehn Prozent, manche rechnen mit noch weniger. Das heißt freilich nicht, dass alle Marken verschwinden: vielmehr werden sie fusioniert, geschluckt, übernommen. Dabei sind auch Lösungen mit europäischen Konzernen wahrscheinlich. Und was mit Vertriebs-Strukturen passiert, wenn die Marken plötzlich die Besitzer (oder die Kooperationen) wechseln, haben wir schon öfter erlebt, Beispiel Land Rover bei BMW oder Jeep bei Mercedes-Benz, usw...
„Drum prüfe, wer sich zusätzlich bindet“
Das alles ist grundsätzlich nicht unbedingt vertrauenserweckend, vieles ist unsicher und drum prüfe, wer sich zusätzlich bindet. Entscheidend ist also, sich die Position und den Hintergrund der Marke in China genauso so gut anzusehen wie den Importeur. Wie sieht die Ersatzteilversorgung, das Service, die Schulung und die Finanzierung aus.
Die Entscheidung ist extrem schwer. Klar ist allerdings auch: nur mit den bestehenden Marken wird es für die Händler schwierig. Nein, China wird nicht alles erobern. Aber egal ob alle chinesischen Marken gemeinsam in den nächsten Jahren 10 oder 20 Prozent MA erreichen, bei den etablierten Herstellern wird das Potenzial noch weniger. Zu den deutlichen Stückzahl-Einbrüchen mit Corona, die wir nicht mehr komplett aufholen werden, kommen teils massive Margenkürzungen. Dazu kommt ein schrumpfender Fahrzeugpool für die Werkstätte, die durch die Elektromobilität ohnehin unter Druck kommt. Händler, die überleben wollen, müssen reagieren.
Missstimmung bei den etablierten Importeuren
Bei einigen etablierten Importeuren sorgt das Interesse ihrer Partner für die Newcomer – gelinde ausgedrückt – für Missstimmung. Das ist aus einer gewissen Konkurrenz-Situation vielleicht verständlich, andererseits ist es vermutlich gscheiter, den wachsenden Mitbewerber beim Partner als im fremden Netz zu haben. Und wie erwähnt: erfolgreiches Wirtschaften, um nicht zu sagen: überleben, ist nur mit Kompensation der jüngsten Einbrüche und mit weiterem Wachstum möglich. Das geben die meisten etablierten Marken nicht mehr her.
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