„Klartext in Zeiten, in denen man Klartext reden muss", ist das Motto des A&W-Tags in der Wiener Hofburg. Die Herausforderungen sind gewaltig – die Ertragssituation ist angespannt, der Neuwagen-Absatz nach wie vor schleppend, das Geschäft in den Werkstätten hat ein wenig an Fahrt verloren, die Betriebe leiden unter Druck, unter anderem aufgrund hoher Energie- und Personalkosten. Auch der Fachkräftemangel bleibt weiter ein Thema. Gleichzeitig gibt es aber auch seitens des Handels Zuversicht, was den Neuwagen-Absatz in den kommenden 12 Monaten betrifft. "Wichtig ist für uns, unseren Leserinnen und Lesern einen Überblick für die kommenden Herausforderungen zu bieten. Wir investieren in Studien, auch unsere klassischen Medien und neue innovative Print-Produkte spielen eine wichtige Rolle“ wie A&W-Geschäftsführer Stefan Binder in seinem Eröffnungsinterview mit Moderator Oliver Zeisberger erklärte.
Keynote von Peugeot-CEO Alain Favey
„Choices“, also wichtige Richtungsentscheidungen für die Zukunft, stellte Alain Favey, CEO für die Marke Peugeot bei Stellantis, ins Zentrum seines Vortrags. Man könne sich für den einfachen Weg entscheiden und damit die europäische Autoindustrie verlieren, man könne aber auch den steileren Weg wählen, der auch der interessantere sei: Er führe in ein Europa, das weiterhin die besten Ingenieure und Designer und eine erfolgreiche Autoindustrie habe, so Favey. Das jüngste Bekenntnis der EU-Kommission, wieder kleinere, günstigere Fahrzeuge zu unterstützen, begrüße man bei Peugeot, dies könne ein spezifisch europäischer Weg sein. Favey traf im Anschluss österreichische Journalisten und eine Gruppe von österreichischen Peugeot-Händlern zu Round-Table-Gesprächen.
Herausforderungen im Autohandel: "Handel hat Zukunft"
"Die Herausforderungen sind groß, seitdem versuchen wir uns langsam aufzurappeln, Energie und Personalkosten sind hoch, wir brauchen jeden Euro selbst, um in den eigenen Betrieb zu investieren, denn wir müssen auch für die Zukunft planen“, wie Ing. Klaus Edelsbrunner, BGO des Fahrzeughandels, im Rahmen der Podiumsdiskussion „Herausforderungen für den Autohandel“ erklärte. Die Hersteller hätten verstanden, dass es ohne Händlernetz nicht gehe, Hersteller und Händler seien näher zusammengerückt. „Der Handel hat Zukunft, die Zusammenarbeit ist sehr wichtig, das haben die Hersteller auch verstanden.“ Entscheidend sei es, auf den eigenen Betrieb zu schauen, Stärken und Schwächen auszuloten und darauf entsprechend zu reagieren.
„Mit dem Vertrieb von 10 Marken ist wichtig und auch eine große Herausforderung, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Laune zu halten“, berichtet Alexander Moldan, Geschäftsführer Autohaus Pirnbacher aus St. Johann im Pongau. Der Geschäftsführer habe die Aufgabe, Mitarbeiter sowohl im Verkauf als auch in der Werkstatt zu motivieren, auch wenn das manchmal schwierig sei. Christoph Adunka von CarOnSale/Alpha Online betonte in seiner Stellungnahme die Bedeutung des Gebrauchtwagen-Geschäfts im Autohaus. „Dafür müssen Prozesse hinterfragt und optimiert werden“, so Adunka, der dabei auf den AlphaController als GW-Prozess-Software verwies. Bei der wichtigen Säule Gebrauchtwagen sei noch großes Potenzial vorhanden, so Adunka.
Zwei Drittel der Händler positiv gestimmt
Alexander Reissigl, Head of Auto & Motor bei willhaben, gab zu Beginn seines Vortrags einen Einblick in die Zufriedenheit der Händler: Zwei Drittel würden der Zukunft aktuell positiv oder gelassen entgegensehen. Zeit zum Ausruhen gäbe es für die Branche aber nicht. „Erfahrung alleine reicht heute nicht mehr, Daten werden immer entscheidender, so Reissigl. Im Hinblick auf Gebrauchtwagen-Standzeiten werde oft zu spät gegengesteuert, auch die Beantwortung von Kundenanrufen sei verbesserungswürdig. „willhaben bietet eine 43 Prozent höhere Sichtbarkeit für durchschnittlich 3,50 Euro pro Lead, fünf bis zehn Leads sind nötig“, so Reissigl, der auch dazu mahnt, Prozesse zu schaffen und Aufgaben gezielt zu planen.
Den Kunden in den Fokus rücken
In Manier einer Doppel-Conference nahmen sich Michael Strasser von CarGarantie und Automotive Business Coach Florian Kunert der Erfolgsfaktoren für Kundenbindung an. „Ohne Team funktioniert Kundenerlebnis und Kundenbegleitung nicht“, so Kunert. Man müsse zurück zu alten Tugenden und den Kunden in den Fokus rücken. Dass Garantieprodukte dazu entscheidend beitragen können, betonte Strasser: „Sie vermitteln dem Kunden Qualität und Sicherheit und bieten bessere Planbarkeit für das Autohaus.“ Beide waren sich einig, dass das Geschäftsmodell Autohaus eine Zukunft hat. „Man sollte sich als Mobilitätsdienstleister ausrichten“, lautete Kunerts Appell.
Fokus auf E-Mobilität und Künstliche Intelligenz
Castrol sieht China als Schrittmacher der E-Mobilität: „Das ist national erklärtes Ziel, durch Förderprogramme und industriepolitische Strategie“, so Bianca Rösler, Automotive Sales Director DACH. In Europa bremsten „regionale Unterschiede“ und „gesetzliche Regularien“. Mischflotten bleiben laut Rösler langfristig Realität, weshalb Werkstätten „einen erfahrenen Partner“ brauchen – „und das zeichnet Castrol aus“. Das Unternehmen investierte deshalb 15 Millionen Euro in ein Entwicklungszentrum für E-Mobilität, wie Rösler erklärt: "Drei der vier größten EV-Hersteller setzen auf Castrol“. Gerhard Wolf, Geschäftsführer von Castrol Austria, betont: „Die Anforderungen der Autos werden immer spezifischer.“ Castrol bietet deshalb eigene Linien für Verbrenner, Hybride und Elektrofahrzeuge. Digitale Tools wie der kostenlose Ölfinder, Schulungen und Tanktelemetrie sollen Effizienz steigern. Wolf: „In Zukunft wird nicht mehr der Lagermitarbeiter bestellen, sondern Künstliche Intelligenz.“
Ohne Mensch wird es nicht gehen
Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Kundenloyalisierung und Digitalisierung“ waren sich die Diskutanten Philipp Posselt (Veact), René Buzek (Autorola) und Michael Schwaiger (Santander) einig: Der Mensch wird ein wichtiger Faktor bleiben. Vor allem auch, weil noch immer 76 Prozent der Kunden ihren Autokauf auch persönlich im Autohaus machen. „Das ist gut für den Autohandel und zeigt, dass wir die Menschen im Handel weiterhin brauchen“, so Michael Schwaiger. Für Philipp Posselt ist klar: „Die Digitalisierung darf auch kein Selbstzweck sein.“ Und René Buzek ist sich sicher: „Man muss dem Kunden Online genau das gleiche bieten, was ich ihm auch im Autohaus biete.“
Entwicklung bei E-Auto-Käufern
In seinem Vortrag „Elektroautos: Enttäuschte Erwartungen?“ zog Axel Sprenger von USCALE eigens durchgeführte Studien im jährlichen Vergleich heran, um die Entwicklung der Erwartungen von Elektroauto-Käufern abzubilden. Grundsätzlich steigen die Reichweiten und Ladeleistungen zufriedenstellend, doch es bleibt ein Hase-und-Igel-Spiel, noch dazu: „Für jene, die morgen ein Elektroauto fahren wollen, reicht es heute noch nicht.“ Der Händler ist etwa am Ladeerlebnis zwar nicht schuld, kann dem Kunden aber mit ehrlicher sowie informierter Kommunikation vor dem Kauf und einem eigenen Ladeservice ein gutes Gefühl auf den Weg geben.
DAT: Eine Plattform für viele Einsatzgebiete
Was im Schadenaufnahme- und -abwicklungsprozess bereits in der Gegenwart möglich ist, skizzierte Nils Weber, Geschäftsführer von DAT Austria. In der neuen Plattform weDAT werden sämtliche digitale Ansätze aus den Bereichen Fahrzeugdaten, Reparaturdaten und Restwerte abgebildet. Seit 2017 setzt die DAT auf Künstliche Intelligenz, die sich in den vielfältigen Lösungen wiederfindet. „Mit weDAT verbinden wir Werkstätten bzw. Autohäuser, Sachverständige, Versicherungen und auch den Autofahrer selbst auf einer Plattform“, so Weber. Für die DAT sei es auch wichtig, professionelle Tools anzubieten, die auch von weniger Qualifizierten (Stichwort Fachkräftemangel) eingesetzt werden können.