A&W: Für Sie ist der Agenturvertrieb in Österreich nichts Neues, kennen Sie diesen doch schon zuvor aus Ihrer Zeit in Schweden …
Niels Kowollik: Ja, ich habe vor Österreich schon den Mercedes-Vertrieb in insgesamt 6 Ländern geleitet, stets in Europa. In Schweden haben wir den Agenturvertrieb im September 2020 eingeführt. Meine Aufgabe nach über 20 Jahren im Automobil-Einzelhandel war es sicher auch, die Retail-DNA zu fördern, zu pflegen und weiterzuentwickeln – also vor allem auch den Kunden in den Vordergrund zu stellen.
Wie sieht es in Schweden mit Nachlässen aus, die ja in Österreich beim Autokauf immer sehr wichtig waren – und oft auch heute noch sind …
Kowollik: Rabatte und Nachlässe stehen in Schweden nicht so im Vordergrund: Wenn der Preis für ein bestimmtes Auto gepasst hat, war das in der Regel akzeptiert, ob man dafür nun 8 oder 10 Prozent Nachlass bekommen hat. In Österreich ist das noch immer ein wenig anders.
Bedeutet das, dass man in Österreich trotz der einheitlichen Preise im Agenturvertrieb einen Nachlass beim Kauf eines Mercedes-Benz bekommt?
Kowollik: Die Kunden akzeptieren und schätzen es, wenn Sie am Stammtisch erfahren, dass der Nachbar beim Autokauf nicht mehr Rabatt bekommen hat. Aber sie möchten schon etwas sehen. Die Höhe hängt von verschiedenen Faktoren ab, u. a. natürlich vom Wettbewerb, und zum Beispiel bei Leasingraten spielen auch die Restwerte eine Rolle.
Wahrscheinlich hängt die Höhe auch davon ab, wie viele Fahrzeuge man kauft, oder?
Kowollik: Große Flotten wollen natürlich entsprechende Nachlässe. Darüber hinaus gibt es zum Beispiel definierte Konditionen für Freiberufler, von denen wir lokal auch nicht abweichen. Einen Mengenrabatt gibt es ebenso für kleine und mittlere Unternehmen. Und Elektroautos werden strategisch ganz anders gefördert als zum Beispiel Modelle, bei denen die Nachfrage das Angebot weit übersteigt.
Mercedes-Benz hat die „Österreich-Editionen“ auf den Markt gebracht: Wie ist die Nachfrage?
Kowollik: Wir wollten damit ganz klar die Auftragseingänge steigern und haben diese Autos im Jänner eingeführt. Sowohl die Auftragseingänge als auch die gelegten Angebote sind seither auf sehr hohem Niveau. Wir sind fest davon überzeugt, dass das Volumen heuer höher sein wird als 2023. Wobei wir auch mit dem Vorjahr sehr zufrieden waren, weil wir einen guten Modellmix hatten, sodass wir auf eine zufriedenstellende Marge kamen und auch unsere Preise durchgesetzt haben.
In Österreich gibt es das Agenturmodell bei Mercedes-Benz seit rund 2 1/2 Jahren: Wie ist Ihre Bilanz?
Kowollik: Man muss die Einführung gemeinsam mit den vielen anderen dramatischen Einflüssen sehen, die es in dieser Zeit parallel gegeben hat: Corona, Lieferschwierigkeiten, Zinserhöhungen. All das hat ein gewisses Volumen gekostet. Doch wenn ich mit unseren Partnern spreche, sind sie eher dafür als dagegen. Anfangs waren die kleineren Händler im ländlichen Bereich eher gegen dieses Modell, weil sie unternehmerische Freiheiten abgeben mussten. Doch jetzt, mit den hohen Zinsen, sieht es wieder anders aus. Nun müssen wir das Modell anders ansteuern. Aber das passt zu unserer Strategie: Es gibt mehr Vorteile als Nachteile.
Wird das Agenturmodell nun auch auf andere Länder ausgeweitet?
Kowollik: Nach Großbritannien haben wir es seit dem Frühjahr 2023 in Deutschland. Nun folgen auch andere europäische Länder – mit Ausnahme zum Beispiel jener Märkte, wo wir nicht selbst Importeur sind. Allerdings planen wir derzeit keine Einführung in den USA und in China, weil es dort andere handelsrechtliche Bestimmungen gibt und zum Teil extrem große Handelsgruppen ein anderes Geschäftsmodell bedingen. Einige von ihnen verkaufen weit mehr Fahrzeuge als wir in Österreich.
In Österreich hat Mercedes-Benz ein relativ dichtes Partnernetz: Wird das auch in Zukunft so bleiben?
Kowollik: Wir haben derzeit ungefähr 60 Handelspartner. Doch es werden mittel- oder langfristig einige weniger werden: Allerdings werden wir natürlich auch weiterhin die geografischen Themen berücksichtigen. Sonst gibt es in dem einen oder anderen Tal das Risiko, dass der Marktanteil gegen null geht. Natürlich gibt es auch den einen oder anderen Partner, der für sich selbst keine Zukunft sieht, etwa weil er keinen Nachfolger hat. Wir haben mit jedem einzelnen Betrieb einen Vertrag, der beiderseitig zu kündigen ist. Doch es ist kein dramatischer Kahlschlag geplant. Und wenn ein Partner eine -andere Marke dazu nehmen will, können wir das unterstützen – oder auch nicht. Wichtig wird sein, dass es Betriebsgrößen sind, von denen man auch leben kann – auch weil sich das Servicegeschäft verändert.
Damit sprechen Sie die Elektroautos an: Wie zufrieden sind Sie mit dem Absatz?
Kowollik: In Österreich ist die Situation nicht dramatisch anders als in anderen Märkten. Heuer wird der Anteil wohl um 1 oder 2 Prozentpunkte steigen. Bei uns wird es keine grundlegend neuen Modelle geben, wenn man von der elektrischen G-Klasse absieht. Die neue Architektur, die auf der „IAA Mobility“ in München beim Concept Car CLA gezeigt wurde, wird im nächsten Jahr eingeführt.
Welche neuen Modelle wird es heuer geben?
Kowollik: Bei der G-Klasse erwarten wir die Verkaufsfreigabe für die Verbrenner und die elektrische Version mit Ende April. Vor allem am Anfang wird sicher die Nachfrage das Angebot übersteigen. Weitere neue Modelle sind das CLE Cabrio, der AMG GT43, AMG CLE 53 Coupé, GLE 53 Hybrid und der AMG E 53 Hybrid: Er kommt im Sommer und wird zwar kein Volumenbringer; doch er bringt den 6--Zylinder-Reihenmotor, den wir lange vermisst haben, und ermöglicht elektrisches Fahren bis zu 100 Kilometern nach WLTP. Das ist ein vorläufiger Wert. Bei den Vans kommt der eSprinter noch im ersten Halbjahr. Das gilt auch für den Sprinter und den eVito. EQV und V-Klasse sind noch hochwertiger, und der V-Klasse Marco Polo erfährt ein Facelift.
Wie würden Sie das Verhältnis zum Agenten-verband beschreiben, mit dem die Mercedes-Benz--Geschäftsführung ja in den vergangenen Jahren sehr viele Themen zu besprechen hatte?
Kowollik: Wir haben nicht nur ein sehr konstruktives Verhältnis zum Agenturnetz, sondern auch zum Agentenverband: Sie haben ein starkes Mandat, und es herrscht eine sehr positive, wenn auch kritische Atmosphäre. Schließlich haben wir sicher über 90 Prozent gemeinsame Ziele und Interessen, auf die wir uns zum Vorteil unserer Kundschaft konzentrieren wollen.
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