Nicht jeder in der Branche mochte Automessen: Viel Stress, Lärm und Unübersichtlichkeit. Ich hingegen war immer froh über diese Veranstaltungen, traf man doch in Genf, Frankfurt (oder Paris) und natürlich auch in Wien all jene Ansprechpartner, die wir Journalisten das ganze Jahr lang kaum zu sehen bekamen – bis hinein in die höchsten Führungsetagen der Hersteller.
Der Salon, den wir alle ganz besonders mochten, war Genf: Hier war alles, was auf der seinerzeitigen IAA in Frankfurt in allzu großer Opulenz erstrahlte, auf deutlich kleinerem Raum zu finden, gewissermaßen „eingedampft“. Und während manchmal die französischen Hersteller nur mit Widerwillen nach Frankfurt fuhren (und die Deutschen vice versa immer seltener nach Paris), waren sie hier in Genf in geballter Form zu finden – auch die Japaner und Koreaner sowie (zaghaft) erste Chinesen.
Doch dann kam 2020: Die Stände waren schon großteils aufgebaut, als die Messe wegen der beginnenden Corona-Pandemie abgesagt wurde. Alles musste storniert werden. Und hier dürften die Genfer den entscheidenden Fehler gemacht haben: Die Messe verrechnete, wie man hört, den Ausstellern die hohen Standgebühren in voller Länge, die Hoteliers beharrten auf Bezahlung ihrer (ohnehin nicht gerade günstigen) Rechnungen – obwohl niemand kommen konnte.
Das rächt sich nun: Denn die Hersteller, die auf den Automessen in den Jahren nach Corona ohnehin nur noch selten (und meist mit neuen Konzepten wie etwa in München statt Frankfurt) präsent waren, „pfeifen“ heuer auf Genf (wo die letzte Messe 2019 stattfand). In der offiziellen Liste, die die „Geneva International Motor Show“ (GIMS) am Mittwochabend veröffentlichte, finden sich exakt 29 Aussteller.
Große Namen? Ja, die gibt es, aber dafür reichen die Finger einer Hand: Renault, Dacia, BYD, Isuzu und MG. Unter den 29 Firmen sind sogar schon das „Legends Magazine“ oder „Formula 1 Merchandising“ aufgelistet.
Es ist schade um diesen Salon! Hier hat man den guten Namen von einst leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Und das Know-how an Leute mit viel Geld verkauft, nämlich an Katar: Dort ist nach der Premiere im Vorjahr im 4. Quartal 2025 die zweite Auflage der „GIMS Qatar“ geplant.
Und Genf selbst? Dort hofft man, dass das neue Motto „GIMS Reborn“ im Frühjahr 2025 mehr Aussteller (und Besucher) in die Westschweiz locken wird. Ob die Wiedergeburt in einem Jahr gelingen wird? Leise Zweifel sind angebracht…
P.S.: Ein Kollege unseres Verlages wird dennoch schon heuer aus Genf berichten: Denn das Highlight, nämlich die elektrische Version des einstigen Renault R5, wollen wir uns dann doch anschauen. Das ist die wahre Wiedergeburt!
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