Mit 0W-16 und 0W-8 kommen mittlerweile niedrigviskose Öle zum Einsatz, die man sich vor einigen Jahren noch nicht im Alltag vorstellen hätte können. Dabei ist die laufende Verbesserung der Schmierstoffe – in enger Verbindung mit den Anforderungen und den Verbesserungen der Motoren – vermutlich so alt wie die Schmierstoffe selbst. Und doch hat sich in den vergangenen Jahren eine neue, besondere Dynamik eingestellt. Denn es ist noch nicht lange her, als 10W-40 quasi „immer gepasst“ hat, mit 0W-40 und 0W-30 ist es dann langsam komplizierter geworden.
„In den letzten Jahren gab es eine Reihe bedeutender Veränderungen und Trends, die sich auf die Eigenschaften der in Fahrzeugmotoren verwendeten Öle auswirken“, berichtet etwa Jens Wierer von Fuchs: „Eine der wichtigsten Entwicklungen ist das wachsende Interesse an niedrigviskosen Ölen.“ Der Grund liegt auf der Hand: Weniger Widerstand im Motor erhöht die Energieeffizienz (und auch die Motorleistung) und reduziert damit Verbrauch und CO2-Emissionen. Daran arbeitet natürlich jeder Automobilhersteller mit Hochdruck, mit den CO2-Flottenzielen hat auch das innermotorische Einsparungspotenzial noch stark an Bedeutung gewonnen. Die meisten Automobilhersteller entwickeln mit einem Schmierstoff-Hersteller gemeinsam, danach bemühen sich auch die anderen um die Freigaben (oder produzieren Spezifikationen).
Hohes Fehlerpotenzial
Die hohe Vielfalt, die wachsende Zahl niedrigviskoser Schmierstoffe sowie die speziellen Anforderungen der jeweiligen Motoren „bringen ein hohes Fehlerpotenzial. Die Gefahr von gravierenden Schäden an Motor oder beispielsweise Turbolader durch falsches Öl ist erheblich gestiegen“, weiß Simon Krüger von Wolf-Vertriebspartner Schäferbarthold. Dies führt zu einem nicht unerheblichen finanziellen Risiko für die Werkstatt, wenn einfach ‚irgendwas‘ verwendet wird.“
Der österreichische Weg mit „Es wird schon passen“ funktioniert hier leider gar nicht mehr. Bei den hochmodernen Motoren ist es entscheidender denn je, die exakt richtigen Schmierstoffe zu verwenden: „Durch immer spezifischere Produkte und dadurch eingeschränktere Anwendungen – so wie auch bei den Ölen niedriger Viskosität – ist eine korrekte Zuordnung der Öle unumgänglich“, erklärt Ing. Karl Taubek von TotalEnergies.
Gleichzeitig ist es auch ein rechtliches Thema: Bei Falschverwendung ist die Werkstätte in der Haftung. Bei zwei Jahren Gewährleistung mit – neuerdings – einem Jahr Beweislastumkehr sind die ausführenden Betriebe immer öfter für die Wiedergutmachung verantwortlich, sollten sie falsche Produkte verwendet haben.
Sache der Spezialisten
Umgekehrt bringt die weiter gesteigerte Qualität und die so wichtige exakte Zuordnung auch Chancen. „Neue Preispositionen sind damit argumentierbar, und die Ertragslage kann in einer angespannten wirtschaftlichen Gesamtsituation abgesichert werden“, ist etwa Castrol-Vertriebspartner Mag. Andreas Ober-eder überzeugt. Denn die Komplexität und die Probleme bei Falschverwendung sprechen sich bis zum Autofahrer durch. „Die Beratung der Werkstattkunden wird intensiver. Hier werden dann Fragen wie ‚Nutze ich für mein Hybridfahrzeug jetzt ein 0W-8 oder doch lieber ein 5W-30?‘ behandelt“, ergänzt Phil Summe von masteroil.
Das richtige Öl wird also noch mehr zum Thema der Profis. Nils Schöner von Petronas: „Der Trend zu niedrigviskosen Ölen in einem Marktumfeld, in dem heute davon ausgegangen wird, dass die Anzahl der freien Werkstätten bis mindestens 2030 und vermutlich auch darüber hinaus wachsen wird, bietet exzellente Chancen, die eigene Werkstatt neu zu positionieren.“
Intervalle wieder kürzer
Nicht zuletzt werden auch die Intervalle wieder kürzer. „Niedrigviskose Öle neigen dazu, schneller zu fließen und bieten eine bessere Schmierung bei niedrigen Temperaturen. Da diese Schmierstoffe oft eine kürzere Lebensdauer haben, empfehlen die Hersteller kürzere Intervalle für den Austausch“, berichtet Siegfried Kutscha von Motul.
Der richtige Partner
Die Entwicklung zu niedrigviskosen Schmierstoffen kann für die Kfz-Betriebe also auch Chancen und Möglichkeiten bieten. Entscheidend sind Wissen, Kompetenz und natürlich die richtigen Produkte. Dabei helfen die Anbieter hochwertiger Schmierstoffe. Dazu kommt die richtige Logistik und Lagerhaltung: Die Schmierstoffe sollten in der passenden Menge und den passenden Gebindegrößen zur Verfügung stehen. Das kann – etwa bei Markenbetrieben – ein Tank oder das große Fass sein, für selten servicierten Auto-Marken oder Modelle kann es auch ein kleineres Gebinde sein. Auch hier ist die Beratung und Empfehlung des Lieferanten wichtig. „Mit wenigen Produkten viele Anforderungen abzudecken wird schwieriger, ist aber nach wie vor möglich“, so Gerd Bernd Lang von Obereder.