Seit Juli 2022 (Typengenehmigung) bzw. ab 2024 (Neuzulassung) sind zahlreiche Assistenzsysteme gesetzlich vorgeschrieben, darunter der intelligente Geschwindigkeitsassistent, der Notbrems-assistent oder der Notfall-Spurassistent. Spätestens 2024 wird die Verbreitung dieser Systeme explosionsartig zunehmen. Dazu gehört auch eine Vielzahl an Sensoren. „Da weitreichende Sensoren für sicherheitsrelevante Systeme häufig direkt an Stoßfängern oder Windschutzscheiben verbaut sind, ist nach einer Reparatur immer häufiger eine Kalibrierung der FAS-Sensoren erforderlich“, weiß Helge Kiebach, Geschäftsführer des Kraftfahrzeugtechnischen Instituts (KTI).

Wer haftet bei Fehlfunktionen?
Die Kalibrierung dieser Assistenzsysteme, etwa nach einer Reparatur, erfordert von den Werkstätten aber nicht nur technische Kompetenz, sondern bringt auch rechtliche Aspekte: Wer trägt Verantwortung und Schuld, wenn ein System nicht funktioniert oder sogar ein Unfall passiert? „Die Basis ist eine sach- und fachgerechte Reparatur“, weiß Ing. Martin Freitag, der sich als Kfz-Sachverständiger auch vor Gericht mit diesen Themen auseinandersetzt, beispielsweise wenn bei einem Unfall die Werkstätte verantwortlich gemacht wird. „Diese sach- und fachgerechte Reparatur basiert auf den Vorgaben der Automobilhersteller oder gleichwertig“, erklärt Freitag. Entscheidend ist in jedem Fall die Dokumentation. „Die Werkstätte muss auf Basis der neuen Gewährleistung ein Jahr lang beweisen, dass die Kalibrierung durchgeführt wurde und dass sie fachgerecht -durchgeführt wurde“, so Freitag. 

Selber kalibrieren 
„Es ist entscheidend, die Kompetenz im Haus zu haben“, erklärt Florian Andrä, Spezialist für Werkstattausrüstung bei Würth: „Mit der Fremdvergabe an Dritte entwickelt man eine wachsende Abhängigkeit, die man nicht unbedingt haben möchte.“ Darüber hinaus muss man die Verbringung des Fahrzeuges in einen anderen Betrieb mit dem Kunden absprechen. Nicht zuletzt wird das Haftungsthema bei Fremdvergabe noch komplexer, weiß Andrä: „Der Betrieb, der die Rechnung schreibt, haftet.“ In einer juristischen Auseinandersetzung ist dann auch der -Subunternehmer involviert.

Selber kalibrieren
Dabei bringen Kalibrierarbeiten neben der Herausforderung und der Investition auch jede Menge Chancen. „Setzen Sie sich zeitnah und zeitgemäß mit der Kalibrierung auseinander“, rät Florian Andrä. So bleiben Know-how und Kompetenz im Betrieb, Rechtssicherheit und erhöhte Rentabilität sind gegeben. „Kalibrierung ist auf jeden Fall eine Chance, im Aftersales mehr Stunden zu verkaufen“, berichtet Florian Andrä. Die bei manchen Fahrzeugen mögliche dynamische Kalibrierung allein ist nicht ausreichend. Auch sein Kollege Johannes Resch, Key Accounter bei Würth, betont: „Die Radar-- und Kamerakalibrierung kann auch bei steigenden Serviceintervallen und antriebsunabhängig für Auslastung im Betrieb sorgen.“ Sein Tipp: Im Zweifelsfall nach jeder Tätigkeit überprüfen.