A&W: Welche Auswirkungen hat die Corona- Pandemie (inklusive Rohstoffmangel und Logistik-Problemen) auf den Schmierstoff-Markt generell sowie auf Ihr Unternehmen konkret?

Taubek, Total: Das Jahr 2021 war ein doch herausforderndes, auch für den Schmierstoffmarkt. War es zu Beginn des Jahres kaum einschätzbar, wie sich das Geschäft entwickeln würde nach den Lockdown- Erfahrungen aus dem Vorjahr, sind die Verkäufe gut angelaufen. Doch dann kamen die ersten Auswirkungen der Pandemie, und Rohstoffe sowie Additive wurden knapp. Daraus resultierend kam es auch zu dem zu erwartenden Anstieg der Preise. Bei den über lange Zeit relativ stabilen Schmierstoffpreisen standen die ersten Preiserhöhungen an. Niemand wusste genau, wie sich die Preise weiterentwickeln würden, und vor allem, in welchem Zeitraum. Daher waren Entscheidungen zu treffen. Wir von TotalEnergies mussten 2 Preisanpassungsschritte durchführen und angestiegene Rohstoffpreise teilweise weitergeben. Besonders freut uns, dass wir in all den turbulenten Zeiten einen Großteil der Bestellungen unserer Kunden prompt liefern konnten.

Wolf, Castrol: Die Corona-Pandemie hat die gesamte Branche durcheinandergewürfelt. Autofahrer waren verunsichert, ob ein Werkstattbesuch wirklich zwingend notwendig sein muss. Einige Arbeiten wurden verschoben. Die Autohäuser und Hersteller haben sich aber schnell an die neuen Umstände angepasst und umfassende Hygienekonzepte für Autohäuser und Werkstätten entwickelt. Auch wir von Castrol haben die Autohäuser hier unterstützt, z. B. mit Desinfektionsspendern für das Autohaus.

Paukert, Liqui Moly: Für uns hat sich die Welt auf den Kopf gestellt. Während sonst die Nachfrage das Wachstum von Liqui Moly bestimmte, ist es inzwischen die Rohstoffversorgung. Ende Oktober hatten wir bereits den Gesamtumsatz des Jahres 2020 von 611 Millionen Euro erreicht. Und es hätte noch mehr sein können, aberwir kämpfen immer noch gegen Mangel und Verspätungen auf der Beschaffungsseite. Häufig exorbitant gestiegene Preise, ein knapperes Rohstoffangebot und Lieferketten, die immer wieder sehr angespannt sind oder auch ab und an reißen -das kennzeichnet nicht nur unsere Branche. Einige trifft es stärker, andere weniger. Unsere Branche bekommt alle Veränderungen zu spüren, die sich durch oder im Zuge der Pandemie ergeben haben. Hier geht es nicht einfach nur darum, dass sich die Einkaufspreise stark erhöht haben. Manche Rohstoffe sind zeitweise gar nicht mehr erhältlich, selbst wenn man bereit ist, sehr viel Geld auf den Tisch zu legen. Da geht es der Schmierstoffbranche im Allgemeinen und uns im Besonderen nicht anders als der Autoindustrie, die wegen des Mangels an Halbleitern ihre Produktion drosseln oder aussetzen muss. Unterm Strich befindet sich die Schmierstoffbranche noch in einer angenehmeren Lage als andere. Schließlich sind Werkstätten systemrelevant. So war und ist ein Absatzkanal offen. Wir bei Liqui Moly dürfen uns nicht beklagen.

Amschl, Fuchs: Innerhalb vonÖsterreich sind unsere Kundenberater und Anwendungstechniker - wenn unsere Kunden es wünschen -auch persönlich vor Ort. Denn für eine umfangreiche Beratung über konkrete Anwendungsfälle ist eine persönliche Präsenz vor Ort meist unerlässlich. Bezüglich Rohstoffmangel sind auch bei Fuchs einige Produkte betroffen, allerdings konnten wir durch unsere weltweiten Produktionswerke hier den Großteil mit kurzen Engpässen kompensieren. Logistikprobleme waren trotz Corona-Pandemie und Rekordumsätzen nur punktuell vorhanden, unsere Lieferfähigkeit war auch in dieser turbulenten Zeit kein Thema.

Graf, LSA: Die Schmierstoffbranche hat im Jahr 2021 eine bisher nie gekannte Situation hinsichtlich Produktverfügbarkeit und kurzfristigen Preisentwicklungen erlebt. Liefer-und Preiszusagen wurden im besten Fall kurzfristig geändert, teilweise auch komplett storniert. Selbstverständlich war diese Situation auch für LSA als Lieferant sehr herausfordernd, jedoch konnten wir dies durch langfristige Verträge und Vorziehkäufe der wichtigsten Produkte gut abfedern und unsere Kunden ohne nennenswerte Störungen in der bekannten Lieferqualität bedienen. Daher können wir bereits jetzt auf ein sehr erfolgreiches Jahr 2021 hinsichtlich der Entwicklung unserer Mengen zurückblicken, wobei die Margensituation sehr angespannt ist und bleibt.

Schneider, Motorex: Allgemein steigen die Preise rasant. Sei es bei den Basisölen, Additiven, aber auch Energie und Verpackungsmaterialien. Und die Verfügbarkeit hat sich auch nicht gerade zum Positiven entwickelt. Was Motorex betrifft, können wir durch unsere traditionell großzügige Lagerhaltung sowie extrem hohe Flexibilität und Engagement in der Produktion und Logistik bis dato die Kundenaufträge entsprechend erfüllen.

Wendl, Shell: Die Pandemie hat in den meisten Industrien Turbulenzen erzeugt -davon ist auch der Schmierstoff-Markt inklusive Additiv-Zulieferer massiv betroffen. Wir konnten die Probleme am Beschaffungsmarkt zum größten Teil von unseren Werkstattkunden fernhalten, indem wir frühzeitig große Mengen eingelagert haben. Außerdem konnte unser Partner Shell die Lieferfähigkeit durchgehend aufrechterhalten. Unser Ziel bei Haberkorn ist es, für unsere Kunden der verlässlichste Partner zu sein, und das ist unssehr gut gelungen. Wie werden sich Volumen, Preise und Lieferfähigkeit bei Schmierstoffen im kommenden Jahr entwickeln?

Paukert, Liqui Moly: Vom derzeitigen Standpunkt aus betrachtet versprechen die kommenden Monate Kontinuität. Das bedeutet leider nichts Beruhigendes, weil die Preise zur Herstellung unserer Produkte weiter wachsen werden und auch die Transportkosten. Diese Entwicklung zeichnet sich bei den Rohstofflieferanten ebenso ab wie bei unseren Lieferanten für Dosen, Kanister, Fässer und vieles mehr. Und dieKosten steigen schneller, als wir sie selbst anpassen können. Positiv ist der ungebrochene Bedarf an den Produkten unserer Branche. Mag die Nachfrage in manchen Regionen und Märkten sinken, wird der Verbrauch an Motoröl nur bei Autos in den nächsten 20 Jahren auf 22 Millionen Tonnen zunehmen. ImJahr 2018 waren es 15,5 Millionen Tonnen, so das Ergebnis einer Studie der Unternehmensberatung Frost&Sullivan. Darin ist ein Anstieg der Verkaufszahlen um 20 Prozent von elektrisch betriebenen Autos aller Art bereits eingerechnet. Für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben bietet unser Vollsortiment ebenfalls zahlreiche nützliche Produkte, beispielsweise für die Pflege und den Service. In Summe sind wir gut aufgestellt.

Wendl, Shell: Die Nachfrage nach Schmierstoffen wird unserer Meinung nach im Vergleich zu 2021 konstant bleiben. Bei den Preisen ist eine Prognose aktuell nicht seriös zu erstellen, denn der Markt ist extrem volatil und von sehr vielen Unbekannten abhängig. Wir setzen alles daran, die Preise so attraktiv wie möglich zu gestalten. Bei der Lieferfähigkeit sehen wir für Shell Schmierstoffe keine Einschränkungen auf uns zukommen.

Graf, LSA: Wir gehen aus heutiger Sicht davon aus, dass die Probleme hinsichtlich Verfügbarkeit von Schmierstoffen im 3. Quartal 2021 ihren Höhepunkt erreicht haben (gilt nicht für AdBlue, hier befinden wir uns mitten in der Phase). Die Preise haben sich auf sehr hohem Niveau stabilisiert, jedoch erleben wir nach wie vor massive Preissteigerungen bei den Verpackungsmaterialien (wie z. B. Fässer, Kanister, Paletten, Folien etc.). Auch die Kosten für Logistik steigen weiter deutlich. Wie in der Vergangenheit versuchen wir diese Kostensteigerungen bestmöglich für unsere Kunde abzufedern. Verlässliche Lieferfähigkeit ist und war ein zentraler Punkt unserer Tätigkeit. Hierkonnten wir bereits in den vergangenen Jahren unsere Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen und werden auch in Zukunft ein verlässlicher Partner bleiben.

Taubek, Total: Wir rechnen mit Volumina auf einem etwas niedrigeren Niveau im Vergleich zum heurigen Jahr. Die Lieferfähigkeit wird bei uns aus jetziger Sicht weiterhin sehr gut sein. Ob und wie sich die Preise entwickeln werden, ist von vielen Faktoren abhängig und bleibt abzuwarten.

Schneider, Motorex: Die bekannten Engpässe und Preissteigerungen bei den Roh-und Verpackungsmaterialien sowie steigende Energiekosten werden in logischer Konsequenz auch die Schmierstoffpreise beeinflussen. Und die Lieferfähigkeit wird stark von der generellen und ausreichenden Verfügbarkeit der Rohstoffe abhängig sein.

Amschl, Fuchs: Rückblickend auf 2021 haben wir im Lauf des Jahres einen Rückgang der teilweise hohen Mengen erwartet, allerdings ist diese Phase nicht eingetreten. Daher ist es bezüglich Mengen und Preisgestaltung schwierig, eine Vorschau zu tätigen. Die Lieferfähigkeit wird, sollten keine großartigen Rohstoffmängel auftreten, gegeben sein. Allerdings müsste man aktuell wohl über die bekannte Glaskugel verfügen, um sich hier festzulegen.

Wolf, Castrol: Einen Ausblick auf Volumina und Preise zu geben istäußerst schwierig. Sicherlich wird der Bedarf durch einen steigenden Anteil an Elektrofahrzeugen etwas sinken, aber derzeit ist dies noch nicht spürbar, da der Anteil an Fahrzeugen mit konventionellen Verbrennungsmotoren aktuell noch sehr groß ist. Wir sind aber darauf vorbereitet, auch für Fahrzeuge der neuen Generation Produkte anbieten zu können.

Welche Neuheiten im Bereich Produkte, Dienstleistungen und Schulungen dürfen die Betriebe aktuell bzw. in naher Zukunft von Ihrem Unternehmen erwarten?

Wendl, Shell: Wir haben vor Kurzem eine neue Premium-Spülmaschine für Automatikgetriebe auf den Markt gebracht -den ATF Service Jet powered by Shell. Das Gerät ist sehr leicht zu bedienen, erzielt ein hervorragendes Spülergebnis und kommt mit einer geringen Menge Öl aus. Darüber hinaus bieten wir eine Vorstellung direkt beim Kunden, alle notwendigen Adapter und eine perfekte technische Beratung.

Amschl, Fuchs: Unser größtes Highlight 2022 wird unser Gebinde-Relaunch sein, welcher erstmalig global ausgerollt wird. Aktualisiert ist unser ATF Getriebespülgerät. Mit kompletter Betreuung und Schulungskonzept wird gestartet. Etwas gebremst durch die Corona-Pandemie, ist hier die Nachfrage für 2022 bereits enorm. Auch dieses Konzept hat FUCHS Global mit dem eigenem FUCHS Gear plus gestartet. Die speziellen, freigegebenen ATF Schmierstoffe hat FUCHS als führender OEM- Partner ja schon lange in seinem Produktportfolio.

Wolf, Castrol: Wir von Castrol sind ständig dabei, unsere Produkte zu optimieren und neue Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. In 2022 liegt ein großer Fokus auf maßgeschneiderten Produkten für Elektrofahrzeuge, aber auch die Entwicklung von "ultra thin viscosities", wie z. B. einem 0W-16-Öl. Neben unseren direktenProduktneuheiten gibt es aber auch noch weitere Bereiche, in denen wir aktiv sind, so haben wir gerade kürzlich unser Engagement in der englischen Premier League (EPL) bekanntgegeben. Wir möchten hier unser erfolgreiches Sponsoring im Fußball (nach Europameisterschaften und Weltmeisterschaften) weiter fortsetzen. Darüber hinaus ist Castrol selbstverständlich weiterhin auch im Motorsport engagiert, wie z. B. in der Formel 1. All das verschafft der Marke Castrol eine noch stärkere Markenbekanntheit, was auch in den Autohäusern und Werkstätten höhere Verkaufserlöse generieren kann.

Taubek, Total: Wir von TotalEnergies sind stets bemüht, unsere Produkte und Dienstleistungen auf dem neuesten Stand zu halten. Darauf können sich unsere Kunden verlassen, und das wissen sie auch zu schätzen. Im nächsten Jahr werden wir für unsere Kunden wieder einige Innovationen anbieten. Unter anderem wird das neue Verpackungskonzept "Quartzin the Box" vorgestellt. Und auch mit einem neuen Werkstattkonzept für unsere Kunden werden wir auf uns aufmerksam machen.

Paukert, Liqui Moly: Die größten Neuerungen sind organisatorische: Zum Beginn des neuen Jahres wird die Liqui Moly Austria GmbH als Tochtergesellschaft ihre Arbeit aufnehmen. Deren Sitz wird in Dornbirn sein. Neben einer effizienteren und ökologischeren Warenversorgung bringt dies natürlich auch Änderungen in den Prozessen mit sich. Eines, was auf jeden Fall bleibt, ist die zuverlässige Betreuung unserer Kunden durch den ihnen bekannten Gebietsleiter direkt vor Ort -getreu dem Motto: Never change a winning team. Günter Hiermaier, der einer der Geschäftsführer der neuen Tochtergesellschaft sein wird, wird als künftiger alleiniger Geschäftsführer der Liqui Moly GmbH Teile seiner bisherigen Aufgaben übertragen. Dazu gehört die Verantwortung für den Vertrieb in Deutschland und Österreich. Die Gesamtvertriebsleitung wird künftig Günther Wengert wahrnehmen. Als nationaler Verkaufsleiter für die Großflächenkunden mit fast zwei Jahrzehnten Betriebszugehörigkeit hat er die DNA des Unternehmens verinnerlicht. Neue Produkte wird es über das Jahr in allen Bereichen geben. Dazu gehören neue Schmierstoffe ebenso wie Service-und Pflegeartikel und auch solche Artikel, die explizit für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben entwickelt wurden. Unser Schulungsangebot wird weiter digitalisiert und auch gut angenommen. Die vergangenen Jahre haben den Bedarf daran drastisch erhöht. Wo möglich und gewünscht, wird es Präsenzveranstaltungen geben. Schneider, Motorex: Immer weitere Entwicklungen, angepasst an die CO2-Anforderungen. Beispielsweise 0W-16-Öle. Auch planen wir wieder Schulungen für Kunden in den jeweiligen Verkaufsgebieten. Und wir hoffen, dass diese physisch stattfinden können.