Das AZT hat Schäden von Fahrzeugen mit elektrischem Ladeanschluss und nennenswerter elektrischer Reichweite im Zeitraum 2018 bis 2020 unter die Lupe genommen. Auf dem 9. Allianz Autotag wurden die Ergebnisse präsentiert.
"Elektroautos unterscheiden sichäußerlich kaum noch von Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben. Aber sie sind aufgrund der Batterie schwerer und meist auch steifer. Die Batterie muss gegen Beschädigung beim Unfall bestmöglich geschützt werden. Deshalb sind Elektroautos unter dem Blech anders aufgebaut als Fahrzeuge mit konventionellen Antrieben", so Carsten Reinkemeyer, Leiter Sicherheitsforschung im AZT.
Wichtigste Erkenntnisse der Studie sind, dass sich Elektroautos im Unfallgeschehen kaum von herkömmlichen Fahrzeugen unterscheiden, doch Normen und Hersteller-Reparaturvorgaben treiben die Kosten in die Höhe. So muss die Batterie nach einer Airbag-Auslösung entsorgt werden. Ein Hochvolt-Kabel ist nach einem Marder-Biss zu ersetzen, der notwendige Kabelsatz kostet bis zu 7.000 Euro. Expertenwie Reinkemeyer fordern modulare Reparaturmöglichkeiten, denn dadurch sind erhebliche Kostenreduktionen möglich. Werden z. B. Schutzummantelungen eingesetzt, die getauscht werden können, sinken die Reparaturkosten um bis zu 97 Prozent. Auch das Kraftfahrzeugtechnische Institut (KTI) setzt sich bereits seit Längerem für die zukünftige Schlüsselrolle der Batteriereparatur ein. Die Voraussetzung ist, dass die Hersteller Unterflurschäden oder kleinere äußere Schäden am Batteriegehäuse reparierbar machen.

Spezialausbildung und höherer Werkstattaufwand
Werkstätten, die Elektroautos reparieren, haben einen höheren Schulungsaufwand, brauchen Spezialwerkzeug, eigene Hochvolt-Arbeitsplätze und qualifiziertes Personal. Ein besonderer Fall sind zertifizierte Tesla Approved Body Shops mit sehr hohen Standards, die über zertifizierte Mitarbeiter und eigeneWerkstattausrüstung verfügen. Aus diesem Mehraufwand resultiert ein höherer Tesla-Stundensatz. "Der Kostenunterschied ist ähnlich wie bei VW und Porsche", so Ing. Gert Puck, Geschäftsführer von Karosserie Puck in Kärnten, Tesla Body Shop und freie Karosseriewerkstatt. Die Sicherheitsstandardsfür Arbeiten an E-Autos sind für alle Reparaturwerkstätten gleich. "Es gelten für alle die gleichen Richtlinien", sagt Mst. Franz Ofer, Leiter des Kompetenz-Centers Lack und Karosserie der Bundesinnung der Fahrzeugtechnik, Mitglied im Lack-und Karosseriebeirat. "Für die Betriebsinhaber ist eswichtig, sich mit der Elektro- Mobilität auseinanderzusetzen und ihre Mitarbeiter zu schulen, um sicher zu arbeiten."

Folgekosten verteuern die Reparatur
Laut AZT entstehen teure Folgekosten nach Unfällen und Bränden durch zusätzliche Aufwendungen. Im Unterschied zur Unfallreparatur von Fahrzeugen mit konventionellen Antrieben enthält der Akku eines elektrobetriebenen Fahrzeuges bei einer nicht mehr funktionsfähigen Anlage noch immer viel Energie. Nach einer Bergung werden dadurch zusätzliche Kosten durch die notwendige Brandvorsorge fällig. Die AZT-Experten fordern einheitliche Standards für eine Vorgehensweise bei verunfallten brennenden Autos. Auch bei den Versicherungen rauchen zur Zeit die Köpfe, da es zu wenig Erfahrungen in den Bereichen Abstransport, Batteriebergung, Lagerung der Unfallfahrzeuge und Verhalten bei Bränden gibt. "Die Versicherungswirtschaft denkt intensiv über das Thema Elektroauto-Schadensabwicklung nach", sagt Edmund Frühwirt von carplus. Zur Zeit werden die Entscheidungen in Einzelfällen getroffen. "Die Entwicklung der Unfallschäden und Reparaturen von Elektroautos wird zur Zeit von allen Marktteilnehmern beobachtet", so Mst. Manfred Kubik, BIM-Stv. der Bundesinnung der Fahrzeugtechnik, Vorsitzender der Berufsgruppe Karosseriebautechniker, Karosserielackierer und Wagner. Da geht es z. B. um den Transport der schwer beschädigten Elektroautos. "Wenn der Verdacht besteht, dass die Batterie beschädigt ist, wird es problematisch. Für die Karosseure ist in 9 von 10 Fällen egal, welcher Antrieb drinnen steckt."
Die AZT-Studie hat unter anderem ergeben, dass Elektrofahrzeuge in der Verteilung der Schadenarten den Benzinern - und Plug-in-Hybride den Diesel-Pkwsähnlich sind. Dies führt AZT auf die unterschiedlichen Nutzungen der beiden Fahrzeugarten zurück. Rein elektrische Antriebe werden wie Benziner bislang hauptsächlich im städtischen Umfeld benutzt. Die Plug-in-Hybride werden häufig in größeren und langstreckentauglichen Modellen eingesetzt und sind daher im Schadengeschehen den Dieselfahrzeugen ähnlicher. Überraschendes Ergebnis der AZT-Untersuchung war die Erkenntnis, dass bei Elektrofahrzeugen keine erhöhte Brandgefahr nachgewiesen wurde. In Deutschland werden jährlich rund 15.000 Pkw- Brände gemeldet, davon sind Elektrofahrzeugenur zu weit unter einem Prozent betroffen. "In unserer Untersuchung sehen wir weiterhin keine höhere Brandwahrscheinlichkeit bei Elektrofahrzeugen im Vergleich zu konventionellen Benzinern oder Dieselfahrzeugen", sagt Reinkemeyer.