Man kann es gar nicht mehr hören, und dennoch ist es wahr und wichtig: Die Digitalisierung hat durch Corona einen Turbo erfahren. Im Handel ist das klar, aber was bedeutet das für den Servicebereich, was heißt Digitalisierung im Werkstättenablauf?

Im Bereich der Fahrzeugreparatur und Diagnose genauso wie im Ersatzteilbereich ist die Elektronik ja längst Realität, aber wie sieht es im Kundenkontakt aus? Hier wird in Österreichs Betrieben noch sehr analog gearbeitet: Das Service ist fällig, der Kunde ruft an, und der Termin wird eingetragen. Alles Weitere erfolgt meistens erst dann, wenn der Kunde das Fahrzeug bringt.

Digitalisierung geht anders
In der neuen, bereits existenten Welt plant der Kunde seine Woche samt Werkstattaufenthalt am Sonntagabend auf der Couch, er schickt einen Wunschtermin oder kann in modernen Systemen gleich direkt in die Werkstattplanung zugreifen, die nötigen Arbeiten schreibt er in Ruhe dazu. Jetzt fällt ihm noch ein, dass vor Kurzem die elektrische Heckklappe gesponnen hat, vorne rechts ein Geräusch auftritt und dass er gerne neue Wischerblätter hätte. Was verschleißseitig am Fahrzeug zu tun ist, weiß der Betrieb nach Kenntnis von Auto, Fahrer und Kilometerstand meist ohnehin. (Und bald wird es das Auto auch berichten.)

"Damit liegt die Erstverantwortung über den Auftrag einmal beim Kunden", berichtet Manuel Weitmann, Alfa-Romeo-und Jeep-Händler in Amstetten und Gewinner des A&W DIGITAL AWARD in der Kategorie Digitales Autohaus-und Werkstatt-Management. Danach hat der Kundendienstberater Zeit, den Termin zu bestätigen oder eine Alternative vorzuschlagen, einen Kostenvoranschlag zu erarbeiten und den Auftrag inklusive Ersatzteilen vorzubereiten.

Das alles erfolgt natürlich digital und ist im System hinterlegt. Wenn der Kunde vorher noch einmal anruft oder wenn er zum Termin kommt, können alle Mitarbeiter auf den Auftrag zugreifen und wissen Bescheid. "Davon weiß ich nichts, das war sicher der Kollege", gilt dann nicht mehr. "Die volle Transparenz ist entscheidend", weiß Weitmann. Diese Transparenz ist einer der größten Vorteile der Digitalisierung.

"Für uns bedeutet Digitalisierung: die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt zum richtigen Mitarbeiter", hat Thomas Wagner, Serviceleiter bei Orth Automobile in Beselich (D), im Rahmen einer Veranstaltung erzählt.

Online-Terminvereinbarung
Eines der zentralen Elemente der Digitalisierung des Werkstatt-Managements ist die Online-Terminvereinbarung, die von immer mehr Kunden gewünscht und noch immer von vielen Werkstattbetreibern kritisch gesehen wird. Abgesehen von organisatorischen Herausforderungen haben viele Unternehmer und Kundendienstberater Sorge, dass der Werkstattprozess durch die Digitalisierung anonym und unpersönlich wird. "Die Kunden wollen digitalen Service, diesen Wunsch muss die Branche erfüllen", hat Dipl.-Ing. Jens Brech von Toyota Deutschland schon vor Längerem gesagt: "Entscheidend ist dabei, mit dem Kunden in Kontakt zu bleiben, damit die Serviceabwicklung nicht anonym wird."

Dr. Thomas Aubel, bis vor Kurzem Geschäftsführer beim Werkstatt-Ausrüster Maha, ist überzeugt: "Der Serviceerfolg wird weiterhin über den direkten persönlichen Kontakt generiert, also Face-to-Face." Das Ziel muss sein, alles, was beim Werkstattservice hinter den Kulissen abläuft, zu automatisieren, den Kundenkontakt zu individualisieren. Ist die Digitalisierung in Wahrheit das Hilfsmittel, um letztlich mehr Zeit für den Kunden zu haben?

"Das ist das oberste Ziel", sagt Manuel Weitmann und denkt dabei nicht nur an den wichtigen freundlichen Austausch. "Wenn der komplette Auftrag für die erforderlichen Tätigkeiten schon vorab online vereinbart ist, hat der Kundendienstberater bei der Fahrzeugübergabe die Zeit und die Ruhe, mit dem Kunden über Zusatzaufträge zu reden", so Weitmann. Soll eine Komplettaufbereitung gemacht werden, sollen die Steinschläge ausgebessert oder eine Klimaanlagendesinfektion durchgeführt werden? Kunde und Berater sind entspannt, außerdem wird bei Weitmann alles sofort am Tablet dokumentiert.

Für Auftraggeber und Auftragnehmer bringt das volle Transparenz, Sicherheit und Vertrauen. "Steinschläge ausbessern steht dann am digitalen Auftrag, wenn der Kunde Auto und Autohaus verlässt", erklärt Weitmann. Nicht zuletzt: "Durch die gute Planung wird der ganze Arbeitsprozess auch in der Werkstätte ruhiger."

Treten im Zuge der Reparatur doch notwendige Zusatzarbeiten auf, wird der Kunde ebenfalls digital kontaktiert. So wird ein Foto oder ein Video vom Ölaustritt am Stoßdämpfer geschickt, und der Kunde gibt digital sein OK; ein großer Vorteil gegenüber der Info am Telefon, bei der der visuelle Beweis fehlt. Die Herausforderung ist dabei die Vielfalt der Kunden und deren Systeme: E-Mail, SMS, WhatsApp: der Kfz-Betrieb muss wissen, wo der Kundegerne und schnell erreichbar ist. Manuel Weitmann ist überzeugt: die Digitalisierung macht das Unternehmerleben einfacher: "Und es fasziniert mich, wenn ich es mir leichter machen kann", so der engagierte Unternehmer, der damit auch Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit sowie den Erfolg steigert.

Was kostet Digitalisierung?
Neben der Vereinfachung und den möglichen Zusatzgeschäften berichtet Weitmann auch von einer umfassenden Effizienzsteigerung, da der Auftrag einmal digital angelegt wird und nicht mehr mit Papier herumgetragen und eingegeben werden muss. "Der Aufwand der unproduktiven Mitarbeiter sinkt, die produktiven Mitarbeiter haben – ohne Mehraufwand – mehr Anteil an der Arbeitsleistung." Und rechtfertigen auch eine höhere Bezahlung: ein wichtiger Punkt in Zeiten des Arbeitskräftemangels. Auch Jens Brech ist überzeugt, dass sich die Digitalisierung rechnet: "Das Autohaus profitiert von der Online-Service-Buchung mit durchschnittlich 15 Minuten Zeitersparnis.