A&W: Wie hat sich die Motorenentwicklung in den vergangenen Jahren entwickelt?
Univ.-Prof. Dr. Bernhard Geringer: Die Verbrauchseinsparung ist in den letzten 10 Jahren im Zusammenhang mit den CO2-Vorgaben bei der Motorenentwicklung immer ein großes Thema. Ein Weg war über Verbrennungsmotor und Getriebe und das damit verbundene Downsizing, also einen kleineren Grundmotor mit hoher Aufladung, was zu deutlichen Verbesserungen führte. Dabei stößt die Entwicklung an ihre Grenzen, wenn der Motor im Hubraum so klein wird, dass er im unteren Drehzahlbereich nicht mehr gut anspricht. Deshalb wurden diese Motoren oft um Doppelaufladung und elektrische Aufladung ergänzt, die viel Drehmoment im unteren Bereich bringen. Das hat man erfolgreich gemacht und ist technisch bereits auf einem weit entwickelten Stand. Da wirkt auch der Messzyklus,der in Europa relevante NEFZ-Zyklus, mit. Er ist ein sogenannter Niedriglastzyklus, also dort, wo wenig beschleunigt wird, viele Leerläufe hat, was bedeutet, dass der Motor in diesen Niedriglastbereichen gut sein soll. Dabei ist das Downsizing ein gutes Mittel, weil man den Motor in höhere Lastbereiche bringt und er damit überproportional gut wird. Mit dem neuen Messzyklus WLTP hat sich das geändert. Dabei hat man von Haus aus ein höheres Lastprofil und auch nicht so viele Stillstände, das bedeutet, dass der Motor auch in einem höheren - also nicht nur im unteren und mittleren - Einsatzbereich gut sein muss, damit ist das extreme Downsizing nicht mehr so erfolgreich.
Bringen Hybrid-Lösungen andere Anforderungen oder andere Lösungen im Motorenbau?
Geringer: Gerade beim Hybrid-Antrieb hat sich das Atkinson-Prinzip als zweckmäßig erwiesen. Um die vorgegebenen CO2-Ziele zu erreichen, wird die Elektrifizierung der Fahrzeuge in Form von Mild Hybrid, Hybrid und Plug-in-Hybrid in kommenden Jahren stark zunehmen. Elektromotoren in Pkws werden also zum Einsatz kommen, damit muss der Verbrennungsmotor in Zukunft nicht mehr soausgelegt werden, dass er in jedem Betriebspunkt gut funktioniert. Das betrifft etwa die gute Hochbeschleunigung bei niedrigen Drehzahlen oder im untersten Bereich. Das heißt, man erweitert den Bereich des besten Wirkungsgrades des Verbrennungsmotors (oft als Sweet Spot genannt) und blendet dafür ungünstige Bereiche (Leerlauf, Niedrigstlast) komplett aus indem der Verbrenner abgeschaltet wird und nur der E-Motor antreibt. Einfach gesagt: Der Verbrennungsmotor wird simplifiziert und der Elektromotor dort genutzt, wo er gut ist. Wenn eine Hybridisierung vorhanden ist, kann der Verbrennungsmotor dieser angepasst werden. Dabei zeigt sich, dass Atkinson ein günstiger Zyklus ist: ein eher hubraumgrößerer Verbrenner und aus Kostengründen auch oft ohne Aufladung. Grundsätzlich lasse sich der Trend weg vom extremen Downsizing hin zum vereinfachten Verbrenner erkennen. Es zeigt sich eineTendenz, dass die vereinfachte Aufladung weiter ein Thema sein wird, was in Summe die Verbrauchswerte verbessert.
Wie ändern sich die Anforderungen an Motor- und Getriebe-Schmierstoffe durch die erforderlichen CO2-Reduktionen und die neuen Technologien?
Geringer: Was die Schmierstoffe betrifft, ist es grundsätzlich davon unabhängig, ob ein Fahrzeug hybridisiert ist oder nicht. Am wichtigsten ist auch hier das Thema Verbrauchseinsparung. Ein großes Thema ist dabei die Reibung: Diese Maßnahme bringt zwar in Prozent das Wenigste, stellt aber gleichzeitig die günstigste Maßnahme dar und ist daher auch nach wie vor von Bedeutung. Leichtlauföle, also Niedrigviskoseöle, sind gerade bei Verbrennern, die in Hybridfahrzeugen eingesetzt werden, sinnvoll, da bei häufigen Kalt-Warm-Zyklen ein hochviskoses Öl schlechter rauskommt, weil es sich häufiger im kälteren Bereich bewegt. Das heißt, die Anforderungen an die Schmierstoffe sind niedrigviskose Leichtlauföle, wobei wenig Viskosität Gift für den Verschleiß bedeutet und sich noch dazu oft Mischreibung - also das Abstellen und Hochfahren - dazugesellt.
Neben der Ölverbesserung durch Additivierung ist auch die hochwertige Beschichtung wie etwa von Zylinderlaufbahnen, Hauptgleitlagern oder spezielle Honungen für Kolben ein Thema. Im Bereich Laufflächenform und auch Materialwahl ist in diesem Zusammenhang einiges im Laufen, es gibt da meiner Meinung nach bereits große Erfolge. Insgesamt ist es im Zusammenhang mit der Verbrauchseinsparung aber ein Bündel von Maßnahmen, die natürlich unterschiedliche Kosten verursachen.