Die Ankündigung des Bundeskanzlers, EU-Richtlinien streichen zu wollen, könnte in Anlehnung an das Sprichwort "kehre zuerst vor der eigenen Tür" auf die heimische Uralt-Gesetzgebung ausgeweitet werden. Im Kfz-Bereich dürfen wir sehr dankbar sein, dass die EU eine einheitliche Linie vorgibt.

Die im März veröffentlichte StVO befasst sich hauptsächlich mit dem Radverkehr und ermöglicht in bestimmten Fällen und versuchsweise das Rechtsabbiegen bei Rot. Der Radverkehr wird bei Beendigung eines Radfahrstreifens in das Reißverschlusssystem einbezogen. Eine höchst fragwürdige Festlegung, da die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Kfz und Fahrrädern doch beachtlich sind. Kurioserweise haben Radfahrer, die einen nicht durch eine Radfahrerüberfahrt fortgesetzten Radweg verlassen, aber dem Fließverkehr den Vorrang zu geben. Bei der teilweise mangelnden Disziplin und Unwissenheit der Radfahrer kann das zu kritischen Situationen führen. Das Benützen von Radfahranlagen mit Anhängern ist nur bis zu einer Breite von 100 cm erlaubt.

Was dieser Novelle völlig fehlt, sind die in Deutschland stark in Debatte befindlichen kleinen E-Fahrzeuge (z. B. E-Roller), die es teilweise auf erhebliches Tempo bringen und auch immer mehr auf unseren Straßen auftreten, ohne auch nur Ansätze einer Sicherheitsausrüstung zu haben. Auch der Lieblingsidee des bisherigen Verkehrsministers wird genüge getan und die Möglichkeit eröffnet, versuchsweise an Kreuzungen das Rechtsabbiegen bei Rot für Fahrzeuge bis 7,5 t zuzulassen. Warum dies nicht die für die Verkehrssicherheit zuständige Landesverwaltung bestimmen soll, kann nur damit erklärt werden, dass seitens der Länder eine geringere Bereitschaft zu solchen nicht unkritischen Lösungen besteht. Abgesehen davon darf bezweifelt werden, ob im BMVIT die personelle Kapazität dafür vorhanden ist. Für uns als Lenker ist interessant, wann wir das tun dürfen. Erstens muss neben dem Rotlicht eine Tafelmit einem grünen Pfeil (kein Lichtzeichen) angebracht sein, zweitens muss vorher stehen geblieben sein und drittens darf keine Gefährdung von Fußgängern und Fahrzeugen der freigegebenen Richtung entstehen. Den schwarzen Peter haben also wie immer wir.

Die momentan noch in Begutachtung befindlichen Novellen zum KFG starten den Versuch, endlich nur die Bestimmungen der jeweiligen EU-Richtlinien und UN-Regelungen als verbindlich zu erklären. Fraglich dürfte nur sein, wie der Endverbraucher zu den Texten kommen kann. Wer einmal probiert hat, zu einer Letztfassung einer UN-Regelung mit allen amendments und versions, meist nur in Englisch verfügbar und abgesehen von Inkrafttretensdaten, zu kommen, sieht diesen Ansatz als unbrauchbar an. Ohne entsprechende Unterlagen auf der Homepage des BMVIT geht so etwas nicht. Siehe oben - schwarzer Peter.

Eine aus meiner Sicht als Gerichts-SV sehr problematische Bestimmung ermöglicht es der Landwirtschaft, überbreite Fahrzeugkombinationen nicht nur bei guter Sicht, sondern auch bei Dämmerung und Dunkelheit und auf schmalen Straßen (5 m und 3,30 m Fahrzeugbreite) einzusetzen. Es gibt tödliche Verkehrsunfälle, wo auch mangels der vorgeschriebenen Ausrüstung Fahrzeuge dieser Art falsch eingeschätzt und zur Falle werden. Abgesehen davon erzeugen Traktoren durch hoch montierte Scheinwerfer Blendungsgefahren wie bei keiner anderen Fahrzeugart. Die Landwirtschaft war immer schon das Liebkind der Gesetzgebung.

Hinsichtlich der Begutachtungsfristen werden nun auch Motorräder der Kategorie L, die ja weit weniger Kilometerleistung als die mehrspurigen Verwandten haben, in die 3-2-1 Regel aufgenommen. Bei bestimmten Containertransporten, Auto-und Tiertransporten werden Höhen bis 4,20 m erlaubt, bei kranbaren Sattelanhängern gibt es Gewichtserhöhungen. Das Verbot bewegter Werbung auf Kraftfahrzeugen wird auf unbeleuchtete Bilder erweitert. Die KDV befasst sich darüber hinaus mit Fahrprüfungen. Alles in allem also keine großartigen Änderungen.