Denn Dipl.-Ing. (ETH) Martin Schmid Schmidsfelden hatte es sich in den Kopf gesetzt, diese 1962 von Norbert Forstinger gegründete Autozubehörkette wieder auf Vordermann zu bringen. Doch Anfang 2018 hat ihn das Glück verlassen - das Unternehmen ist erneut in die Insolvenz geschlittert.
Beim Landesgericht Sankt Pölten wurde unter 18S18/18i ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt. 1.100 Gläubiger hatten Forderungen in der Höhe von 36,5 Millionen Euro geltend gemacht, von denen letztlich 24,5 Mio. Euro anerkannt wurden. Schmid Schmidsfeldens Ziel war eine "Weiterführung ohne Altlasten". 18 Filialen sollten geschlossen werden, 750 der 820 Mitarbeiter ihren Job behalten. Das B2B-Geschäft wurde liquidiert. Zahlreiche Mietverträge wurden neu verhandelt. "Ich kämpfe seit drei Jahren Tag und Nacht für das Unternehmen", rüstete er sich vor einem Jahr für die Sanierungstagsatzung. Die ihm zeigen würde, wie viele der 364 Gläubiger an eine Zukunft des stationären Teilehandels glauben. Mit diesen Maßnahmen sollte aus seiner Sicht in den nächsten zwei Jahren eine Quote von 20 Prozent zu erwirtschaften sein. Sechs Prozent bei Annahme des Sanierungsplans, je 7 Prozent in den beidenFolgejahren. Am 8. Mai 2018 gaben sich die Gläubiger mit dieser "Restrukturierung" zufrieden. "Viele Lieferanten sind bereit, Forstinger auf dem eingeschlagenen Sanierungsweg zu begleiten. Damit kann Forstinger seinen Kunden weiterhin ein umfangreiches Sortiment bieten und alle damit verbundenen Serviceleistungen wahrnehmen", teilte dazu das Unternehmen mit. Ende Mai 2018 wurde das gerichtliche Sanierungsverfahren beendet.
"Die jetzigen Eigentümer sind die Retter der Gesellschaft", beurteilte der kurzfristig als Aufsichtsrat fungierende Kurt Weyd Ende 2016 das bisherige Engagement des neuen Eigentümers. "Meine Familie hat dafür einen zweistelligen Millionenbetrag investiert", betonte angesichts der neuerlichen Insolvenz 2018 ein frustrierter Schmid Schmidsfelden. Dem in einer auch "AUTO & Wirtschaft" übermittelten anonymen Anzeige an die Staatsanwaltschaft vorgeworfen wurde, durch seine Geschäftsführung selbst diese Pleite verursacht zu haben.
Schlechte Mietverträge
So etwa durch überhöhte Mieten, die seine ICS Industrie Management Consulting GmbH für die Nutzung der Firmenzentrale und des Zentrallagers in Traismauer kassiert. "Als ich die Firma operativ übernommen habe, hätte sie gar kein Lager mehr zur Verfügung gehabt", kontert der Manager. Denn 2015 war der alte - jährlich 1,4 Millionen Euro verschlingende - Mietvertrag in Wien bereits gekündigt. Deshalb steckte der neue Forstinger-Eigentümer aus eigenen Mitteln 3,2 Millionen Euro in die Adaptierung des neuen Firmensitzes. "Welcher Vermieter hätte so etwas sonst gemacht?" Daher sieht er auch bei einem tatsächlichen Ende von Forstinger kein Problem, "das Lager bei dem derzeit vereinbarten Quadratmeterpreis jederzeit an einen Logistiker zu vermieten".
Insgesamt waren es die vielen ungünstigen Verträge, die Schmid Schmidsfelden von seinen Vorgängern übernommen hatte, die ihn bei seinen Sanierungsbemühungen zu schaffen machten. "Als ich die Firma übernommen habe, zahlten wir 13 Millionen Miete. Jetzt liegen wir einschließlich des eigenen Lagers bei 8,5 Millionen." Allein diese Verhandlungen führten zu einer Ergebnisverbesserung von 4,5 Millionen. "Überdies wurde früher schlecht eingekauft." Es dauerte daher einige Zeit, seine Lieferanten von der Notwendigkeit neuer Konditionen zu überzeugen.
Insgesamt schien schon der frühere Sanierungskurs bisher durchaus erfolgversprechend. In der im September 2017 veröffentlichten Bilanz 2015/16 wurde bei einem Umsatz von 109,5 Millionen Euro der Jahresverlust (2,6 Millionen Euro) von 4 Prozent auf 2,3 Prozent eingebremst. "Die Trendumkehr haben wir bereits gut hinbekommen", verkündete er Anfang 2018 wieder steigende Umsätze. Ein Trend, der in den Wintermonaten 2018 ein jähes Ende fand.
In der nun laufenden Sanierungsphase steht das Unternehmen vor dem Problem vorsichtig gewordener Lieferanten. Die der Sanierung nur zugestimmt haben, um die Verluste der Vergangenheit künftig mit lukrativen Aufträgen ausgleichen zu können. Dem stehen jedoch Schmid Schmidsfeldens Forderungen nach besseren Einkaufskonditionen gegenüber. Schließlich will er aus dem laufenden Geschäft die beiden Ausgleichsraten 2019 und 2020 erwirtschaften. Womit die Lieferanten den von ihnen abgesegneten Zwangsausgleich letztlich selbst finanzieren.
Ärger mit den Lieferanten
Kein Verständnis hatten dafür Günter Klein und seine Autoteile Vertriebsgesellschaft. Er hatte dem Sanierungsplan nur aufgrund der Zusicherung zugestimmt, dass er zu den bisherigen Konditionen im Geschäft bleiben wird. Doch plötzlich wurde er zu drastischen Nachbesserungen der vereinbarten Einkaufspreise aufgefordert. Gleichzeitig stellte er fest, dass Forstinger bei seinen Lieferanten um Direktbelieferungen anklopfte. Klein sollte nur noch als Lückenbüßer für Schlechtdreher und Bestellartikel dienen, worauf er es im Februar vorzog, die Geschäftsbeziehung ganz zu kappen. Für Einkaufsvorstand Günter Handler wurde damit klar: Der Ausfall eines Lieferanten ist verkraftbar, aber man sollte nicht alle Geschäftspartner verärgern. Vor allem, wenn man in puncto Liquidität von den Zahlungszielen dieser Lieferanten abhängig ist und wenn Mitte Mai die nächste Rate des Sanierungsplanes fällig wird. Seit dem Bruch mit Klein wurden daher keine weiteren Konditionsnachbesserungen eingefordert. Schließlich soll dieser Zahltag möglichst reibungslos über die Bühne gehen.
Grossniggs Erbe
2001 ist es erstmals Dr. Erhard Grossnigg geglückt, mit einem Ausgleich und frischem Kapital Forstinger vor einem drohenden Ende zu retten. 2003 schaffte das Unternehmen mit 113 Filialen und 900 Mitarbeitern bereits den Turnaround und erwirtschaftete mit 120 Umsatzmillionen den beachtlichen Ertrag von 6,8 Millionen Euro (vor Steuern und Zinsen). Dann ging es mit neuen Eigentümern wieder bergab. Die Bridgepoint Capital Ltd. hatte weder Geld noch eine Ahnung vom Geschäft. Sie dachte, den Kredit für den Forstinger-Kauf gleich aus laufenden Erträgen ihrer Neuerwerbung bezahlen zu können. Doch Forstinger konnte diese Belastung nicht stemmen. 2009 musste Forstingers Muttergesellschaft FHS mit 43 Millionen Euro Passiva Konkurs anmelden. Es kamen neue Retter. Mit ihnen auch die Bank Austria. Die wollte aufgrund steigender Verluste 2013 ihre Beteiligung wieder loswerden. An Finanzjongleure, denen es mit einiger Bilanzkosmetik gelang, offene Kredite aus Bilanzen verschwinden zu lassen und so Schmid Schmidsfelden den Kauf von Forstinger schmackhaft zu machen. Um wie viel - das wollte er bisher niemandem verraten.