Da standen sie im großen Saal des RuhrCongress in Bochum: Hinten Pioniere wie BMW i3 oder i8, dazwischen Modelle mit herkömmlichem Benzinmotor und ganz vorn künftige E-Autos, allen voran der Mercedes EQC. Er ist das erste elektrisch betriebene SUV der Stuttgarter und wird im Sommer dieses Jahres in Österreich starten. Die Freude über die neuen E-Autos war Daimler-Chef Dr. Dieter Zetsche bei seinem Auftritt in Bochum deutlich anzusehen.
Insgesamt sollen 10 Modelle bis 2022 auf den Markt gebracht werden. "Mit diesen Fahrzeugen werden wir 70 Prozent unseres Portfolios abdecken." Dafür fließen laut Zetsche 10 Milliarden Euro bis 2022 in Entwicklung und Produktion von E-Autos.
Noch massiver ist die Offensive des Volkswagen-Konzerns: Um das Ziel einer emissionsfreien Flotte bis zum Jahr 2050 zu erreichen, werde man um das Jahr 2040 aus der Produktion von Autos mit reinen Verbrennungsmotoren aussteigen, sagte Dr. Stefan Sommer, der für Komponenten und Beschaffung verantwortliche Vorstand. "Das heißt aber auch, dass die Entwicklung der letzten konventionellen Fahrzeugplattform nicht mehr so weit weg ist." In einem ersten Schritt will der VW-Konzern mit Investitionen von 30 Milliarden Euro etwa 50 Modelle als Elektroautos auf den Markt bringen; davon sollen in den kommenden Jahren rund 15 Millionen Stück gebaut werden.
Wer produziert die vielen Batterien?
Natürlich sei eine evolutionäre Entwicklung der Batteriezellen notwendig, sagte Sommer: Der VW-Konzern werde die Kapazität von insgesamt 10 Batteriefabriken bis 2025 benötigen. Mit der Marktreife von Feststoffzellen, die die derzeitigen Batterien ersetzen könnten, rechnet Sommer bis Ende der 2020er-/Anfang der 2030er-Jahre. Eine Preisgleichheit von E-Autos mit derzeitigen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren werde trotz der Skaleneffekte kaum realistisch sein: "Aber man sollte bedenken, dass durch die Zweitverwertung der Batterie der Wiederverkaufswert des Fahrzeugs steigt." Doch wer produziert die Batterien? Das ist die Frage, die Prof. Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen stellte. Der Veranstalter des CAR Symposiums sieht die Ankündigung des deutschen Wirtschaftsministers Peter Altmaier, mit Steuergeldern von einer Milliarde Euro eine europäische Fertigung von Lithium-Ionen-Batteriezellen zu fördern, kritisch: Es werde sehr schwierig, gegen die großen Hersteller aus Japan (Panasonic), Südkorea (Samsung, SK Innovation und LG Chem) sowie China (BYD und CATL) zu bestehen. "Alle sechs kennen das Lithium-Ionen-Geschäft in-und auswendig." In Europa habe Bosch bereits abgewunken, sagte Dudenhöffer, auch Conti werde wohl folgen. Es wäre besser, wenn man in Europa in die Forschung investiere und mit der Chemieindustrie überlegenes Kathoden-und Anodenmaterial herstelle. "Man sollte nicht den Gullivers der Welt in kapitalintensiven, hochautomatisierten Prozessen hinterherlaufen." Außerdem sei ohnehin ein Großteil der Aufträge bereits vergeben; der Vorsprung der hoch automatisierten Werke in Asien sei unaufholbar.
Drei Unternehmen, die genau in diesem Bereich investieren, waren in Bochum präsent: Zum einen Kaliber Oy aus Finnland: In der Mine in Syvajärvi will man die Vorkommen an Lithium nutzen und Ende 2021 mit der Förderung und Produktion starten: Laut CEO Dr. Pertti Lamberg ist eine Produktion von jährlich 11.000 Tonnen LCE (Lithiumcarbonat-Äquivalent) geplant. Das könnte für ca. 200.000 Batterien von E-Autos reichen. Aufgrund der effizienten Produktion und der kurzen Wege werde man preislich mit den Produzenten aus Südamerika mithalten können; genannt werden 4.400 Euro pro Tonne.
Ein weiteres nordeuropäisches Unternehmen will die "grünste Batteriezellen-Fertigung der Welt" auf die Beine stellen: Bei Northvolt AB in Schweden stellt der ehemalige hochrangige Tesla-Angestellte Paolo Cerruti mit 200 Experten aus 35 Ländern "die nächste Generation einer Lithium-Ionen-Fabrik" auf die Beine. Errichtet wird diese in Skelleftea (Nordschweden): Dort gebe es gute Rohmaterialien, so Cerruti. Die Forschungsaktivitäten des Unternehmens laufen in Västeras, 100 Kilometer westlich von Stockholm. "Wir fokussieren auch auf Effizienz: Die Produkte, die derzeit am Markt sind, sind zu teuer." Laut Cerrutimüsse sich Europa nicht vor den asiatischen Batterieherstellern fürchten: "Doch wir müssen die Technologie in Europa beherrschen."
Zusammensetzung der Batterien verändern
Damit schlug Cerruti in die gleiche Kerbe wie Dr. Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender von BASF SE in Ludwigshafen: Er will die Produktion von Kathodenmaterial in Europa massiv verstärken. "Wenn man bedenkt, dass in einem Elektroauto bis zu 100 Kilo an Kathodenmaterial stecken, sieht man das Potenzial. Eine Batterie ist Chemie pur!"
Aus diesem Grund werde BASF an weiteren Verbesserungen arbeiten: Ziel sei es, die Ladezeiten zu reduzieren: "Der Schlüssel dazu wird das Material der Kathoden sein." Hier gebe es zwei Ansätze: die Zusammensetzung des Materials und die Partikelgröße. Derzeit bestehe eine Kathode aus Nickel, Kobalt, Mangan und Aluminium: "Man muss die Zusammensetzung fein austarieren. Hier ist es eine Herausforderung, Kobalt durch Mangan zu ersetzen." Allerdings, so Brudermüller, dürfe sich Europa nicht von Asien abhängig machen und müsse in eine lokale Batteriefertigung investieren. "Das heißt, dass auch die Materialien aus Europa kommen müssen." Es bleibt spannend, in der Tat!